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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Türen für sie, brachte sie zum Nachdenken und erweiterte ihren Horizont. Zac besaß eine Intelligenz und ein Wissen, die nicht auf schulischer Bildung beruhten, sondern der Weisheit einer weltweiten Kultur entstammten, die Jahrhunderte weit zurückreichte. Allmählich wurde die Freundschaft mit Zac das wichtigste in Odettes Leben.
     
    Es war der Neujahrsabend. In der Redaktion des
Clarion
hatten Bierflaschen und klebrige Gläser feuchte Ringe auf Manuskriptpapier, Zeitungen und Notizen hinterlassen, die auf den Schreibtischen lagen. Aschenbecher liefen über, ein paar halb aufgegessene Käsebrötchen lagen auf verknickten Papiertellern. Die Redaktionsfeier war vorüber. Alle waren zu anderen Silversterpartys aufgebrochen.
    Fitz saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl, die Füße auf dem Schreibtisch, ein schäumendes Bierglas in der einen, eine Zigarette in der anderen Hand. Odette stopfte Papierteller und verknautschte Servietten vom Redaktionsschreibtisch in den Papierkorb.
    »Lass das, Odette. Geh los und mach dich fertig, du willst bestimmt noch auf eine Party.«
    »Ist schon gut, Mr. Fitz. Ich hab sowieso nichts vor.«
    »Nichts vor? An Silvester? Wartest wohl darauf, dass sich noch was ergibt, was?«
    Sie schlenderte hinüber und lehnte sich an den Türrahmen. »Ehrlich gesagt, ich kann Silvester nicht leiden. Letztes Jahr bin ich zu einer Party gegangen, und alle saßen nur rum, haben sich betrunken und auf Mitternacht gewartet. Die Fröhlichkeit wirkte so aufgesetzt … so als ob man nie mehr Spaß haben würde, wenn man an Silvester keinen hat.«
    »Ja. Das geht mir genauso. Wo ist dein Freund?«
    »Nicht in der Stadt. Ich weiß nicht, wo er ist … und er ist auch nicht in dem Sinne mein Freund.«
    »Tja, das ist vermutlich auch gut so. Männer können der Karriere im Weg stehen. Lass dich bloß nicht dazu hinreißen, den erstbesten Jungen aus der Stadt zu heiraten, der dir schöne Augen macht, Odette. Das ist nicht das Ende des Regenbogens. Die Ehe ist kein Fluchtziel.«
    »Oh, da besteht keine Gefahr, Mr. Fitz!«, lachte Odette. »Ich kann es kaum erwarten, von hier wegzukommen. Ich weiß nur nicht, wie ich das anstellen soll.«
    »Wie war dein Leben in Sydney? Ich nehme an, dass du deiner Tante hier nicht sehr nahe stehst?«
    »Nein, eigentlich nicht. Ich hatte sie vorher kaum gekannt. Sie ist die Schwester meines Vaters. Meine einzige Verwandte, also hatte ich nicht viel zu sagen, nachdem meine Eltern gestorben waren.«
    Der Chefredakteur hielt einen Pappbecher hoch. »Bier?«
    »Ja, danke.«
    Er bedeutete ihr, sich auf den Stuhl ihm gegenüber zu setzen, und reichte ihr den überschwappenden Becher, ohne die Füße vom Schreibtisch zu nehmen. »Also hast du keine Wurzeln dort in der Stadt, keinen Ort, der dir etwas bedeutet?«
    Odette nahm einen Schluck von ihrem Bier. Zanana kam ihr in den Sinn. »Ich würde gern nach Sydney zurückgehen … Dort gibt es einen Ort … dieses Haus … das war etwas Besonderes. Ich würde es gerne wiedersehen.«
    »Was für ein Haus? Wer hat dort gewohnt?«
    »Eine große, leer stehende Villa, genannt Zanana. Ich weiß nicht viel darüber oder über die Leute, die dort gelebt haben. Ich würde gern ein paar Recherchen über die Geschichte des Hauses anstellen. Ich bin mal mit dem Sohn des Verwalters hineingegangen. An ihn kann ich mich lebhaft erinnern. Es war ein märchenhaftes Erlebnis. Ich frage mich, was aus ihm wohl geworden ist. Ja, das war ein besonderer Ort für mich«, sinnierte sie.
    »Klingt nach einer guten Geschichte.«
    »Nicht für die Zeitung. Eher für einen Roman – eine romantische, geheimnisvolle Geschichte.«
    »Du willst Romane schreiben? Ich dachte, ich würde dich zur Reporterin ausbilden.«
    »Ich hab schon immer Geschichten geschrieben. Hab eine Schublade voll mit halb fertigen Werken.«
    »Willkommen im Club, Mädel. Kratz einen Journalisten an, und du findest einen frustrierten Schriftsteller unter der Oberfläche. Wir wollen alle den großen australischen Roman schreiben.«
    »Nein, ich möchte eine wirklich gute Reporterin werden. Ich halte das für viel … wichtiger. Ich meine, man kann die Menschen erreichen, kann ihnen sagen, was wirklich vorgeht. Man kann die Menschen informieren, Missstände aufdecken und, na ja … ein bisschen Lob aussprechen, wenn es angebracht ist.« Verlegen nahm Odette einen großen Schluck aus ihrem Becher.
    »Hoch gesteckte Ideale. Nicht immer leicht zu erfüllen in der Zeitungswelt, meine

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