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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Turney
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den Zugang zum Strand zu erleichtern und sicherer zu machen. Es war gut möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass einst Schmuggler den verborgenen Zugang zum Meer benutzt hatten. Warum war uns als Kindern nie dieser Gedanke gekommen?, fragte ich mich. Vor allem mir, die ich so besessen von Piraten- und Strandräubergeschichten gewesen war.
    Ich kletterte durch die Felsöffnung, lauschte auf das klatschende Geräusch der Wellen, die gegen die Felswand schlugen, und stützte mich mit Ellbogen und Knien ab, bis ich den höhlenartigen Durchgang erreichte, der zum Strand führte. Die klamme Dunkelheit, der nasse Sand, der Geruch nach Seetang und das Echo des Meeres in dem Felsschacht gaben mir das Gefühl, nach Hause zu kommen. All das war genau wie in meiner Erinnerung.
    Nach uns hatten offensichtlich andere Kinder den Strand entdeckt und für sich beansprucht. Leere Getränkedosen lagen in den verkohlten Resten eines Strandfeuers, und alte Handtücher waren achtlos zwischen die Büsche am Fuß der Klippen gestopft worden. Und doch war alles noch so, wie es gewesen war; die Vogelspuren im Sand, die Wellen, die die Kieselsteine durcheinanderwirbelten, der Wind und das Licht und der Geschmack nach Ozean. Ich blickte zu den Felsen hinauf, von denen Jago und Ellen ins Wasser gesprungen waren. Wenn ich die Augen zusammenkniff, konnte ich sie beinahe erkennen, meine Kindheitsfreunde, die einander herausforderten. Dieses Bild ließ mich lächeln. Es war gut, dass ich hierher zurückgekommen war, dachte ich. Von diesem Ort hatte ich nichts zu befürchten. Schließlich hatte ich gute Erinnerungen an diesen Strand.
    Der Klippenwand folgend, ging ich bis zu der Stelle, wo sich ein tiefer Riss im Felsen auftat und sich eine kleine Höhle gebildet hatte, die wir als Versteck benutzt hatten. Ich griff hinein und tastete mit den Fingern die Höhlung ab, bis ich auf eine Muschelschale und das uralte Plastikfeuerzeug stieß, mit dem Jago unsere Strandfeuer entzündet hatte. Meine Strandglassammlung hingegen war nicht mehr da. Jemand musste unser Versteck entdeckt und mein Strandglas mitgenommen haben. Gut so, dachte ich. Vielleicht hatte der Finder es ins Meer zurückgeworfen. Es war ein Zeichen dafür, dass das Leben weiterging. Die Orte bleiben, aber Kinder werden erwachsen und ziehen weiter, und andere Kinder treten an ihre Stelle.
    Ich zog Stiefel und Socken aus und watete ins Wasser, sollten die Beine meiner Jeans ruhig nass werden. Unter den Füßen spürte ich den körnigen Sand, das Wasser war eiskalt. Ich wusste, dass ich nur ein paar Minuten ausharren müsste, dann würde das Brennen nachlassen. Ich blickte auf meine Füße hinab. Das Wasser darum herum war rötlich gefärbt, rötliche Schlieren trieben darin, die mit jeder neuen Welle davongetragen wurden. Ich hob einen Fuß hoch, untersuchte ihn, dann den anderen, aber nirgendwo war eine Wunde zu erkennen. Als ich abermals ins Wasser schaute, war die rötliche Färbung verschwunden.
    Es war nur ein flüchtiger Augenblick, aber er genügte, um mir ein mulmiges Gefühl zu bereiten. Mein Herz klopfte schneller. Eine Wolke schob sich vor die Sonne, und ich hob den Blick, und in diesem Moment zog die Wolke weiter, sodass die Sonne mich blendete. Es fühlte sich an, als durchbohrte ein Strahl meinen Kopf. Ich machte einen Schritt vorwärts, stolperte und fing mich wieder. Meine Augen waren noch immer geblendet, dennoch nahm ich eine Bewegung oben auf der Klippe wahr. Jemand stand dort, auf dem Klippenrand. Ich blinzelte. Ein dunkler Fleck in der Mitte meiner Netzhaut trübte meine Sicht. Ich sah weg und wieder hin, und an der menschlichen Silhouette erkannte ich, dass es eine Frau war. Völlig reglos stand sie dort oben auf dem Klippenrand und sah zu mir herunter.
    Es war sie, ich war mir völlig sicher.
    Wer sonst hätte es sein sollen?
    Es war Ellen.

ZWEIUNDZWANZIG

    I m Januar, vier Wochen nach Mrs   Brechts Beerdigung, kam der Regen. Er trommelte gegen die Scheiben der bodentiefen Fenster, die auf die Terrasse im hinteren Teil von Thornfield House hinausgingen. Es regnete so heftig, dass die schwarze Blumenerde, die Adam Tremlett in mühevoller Arbeit in die Töpfe auf der Terrasse gefüllt hatte, auf die hellen Platten spritzte. Die Regentropfen tanzten im Zwielicht auf dem Teich, und auf dem frisch angesäten Rasen breiteten sich gräuliche Pfützen aus.
    Ich saß im hinteren Wohnzimmer und wartete darauf, dass Ellen mit dem Klavierüben fertig war. Als ich am Vormittag

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