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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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hatte keine Lust, dem Lappen stets und ständig Rechenschaft ablegen zu müssen - noch dazu, bevor überhaupt etwas geschehen war. Ohnehin war Aslak nicht für Schiffe geboren, Alf aber hatte in diesem Sommer eine Menge dazugelernt. Den König würde es freuen zu hören, daß er dabei war, sich den Platz in seiner Sippe zu erkämpfen, den er einnehmen wollte.
    Deswegen hatte er auch ein mildes Lächeln für den jungen Mann übrig, als dieser übersprudelnd vor Tatendrang die Steine wegzuschleudern begann, die den Sand als Bett für die Nacht zu unbequem machten. Die anderen Mannschaftsmitglieder waren etwas ruhiger beim Steinelesen, vor allem Aslak und Hrolf, die sich ein wenig abseits von den anderen zusammengefunden hatten.
    Aslak witterte prüfend in Richtung auf die Häuser. Brandgeruch lag noch in der Luft, aber keine Gefahr. »Ich glaube nicht, daß die Visbyer etwas unternehmen werden«, sagte er nachdenklich.
    »Kaum.« Hrolf war sehr einsilbig, seitdem Alf vor allen ausgesprochen hatte, was er selbst erst in den letzten Wochen bemerkt hatte.
    »Bards Tod ist gerächt. Er kann zufrieden sein, und wir werden eine ruhige Nacht haben.«
    Hrolf nickte, obwohl Aslak dies kaum mehr sehen konnte. Aslak schob seinen Schild, den Handspeer und den Sax ans Kopfende seines Lagers, wie er es gewohnt war. Dann setzte er sich in die Kuhle, die er mit etwas dürrem Gras ausgepolstert hatte. »Macht dir der Schiffsuntergang so zu schaffen?« fragte er. »Der Verlust war doch gering . Der Gewinn im nächsten Jahr wiegt ihn bei weitem auf.«
    Hrolf warf sich neben Aslak auf den Sand. »Ja, er macht mir zu schaffen«, flüsterte er in Aslaks Ohr, »aber nicht wegen der Beute, sondern weil der >Graue Wolf< versenkt wurde.« Aslak preßte die Lippen zusammen und hob die Augenbrauen, bis sie sich mit seinem schwarzen Haar trafen. Zuweilen war Hrolf vorschnell mit Schlüssen, aber ein Lügner oder Aufschneider war er nicht. Er sah ihn nachdrücklich nicken. »Wenn das stimmt, hat Hjalti doch recht gehabt. Sogar Alf«, stellte er nach einer Weile fest. Hrolf schüttelte bitter den Kopf. »Ich hoffe, daß Alf nie mit irgend etwas recht haben wird. Nein, die armseligen Visbyer wissen nicht, warum wir wieder hier sind, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Es muß einer von unserem Boot gewesen sein!«
    »Von unserer Mannschaft?« fragte Aslak und war so erstaunt, daß er Hrolfs grimmiges Kopfschütteln übersah. »Vom Boot, sagte ich.«
    »Der Bootsbauer? Nein!« Aslak lachte ungläubig auf. »Unmöglich.«
    Hrolf war anderer Meinung, und ihm lag daran, Aslak zu überzeugen. »Wer sollte es sonst gewesen sein? Unsere Männer nicht. Die haben geschworen. Und wer würde auch so dumm sein - bei einem Boot, in dem er dringend nach Hause will. Ausgeschlossen!«
    Aslak mußte plötzlich daran denken, wie er noch vor wenigen Stunden versucht hatte, Hjalti zu überzeugen. Der hatte mit fast den gleichen Worten abgelehnt zu glauben, daß die Männer sich geändert hätten. Vielleicht bildete auch er sich nur ein, sie beurteilen zu können? Und Folke kannte er genaugenommen überhaupt nicht. Er seufzte tief und zauste sich seinen dünnen Bart. »Woher weißt du es eigentlich?«
    »Ich habe Folke beobachtet, als er sich anzog. Aus seinem Wams fielen Holzlocken - solche, die beim Bohren entstehen. Er muß das Schiff angebohrt haben, anders ist es gar nicht zu erklären, daß wir plötzlich soviel Wasser zogen.«
    »Aber er ist doch Bootsbauer«, wandte Aslak ein. »Ich würde mich höchstens wundern, wenn ihm Rentiermist aus den Taschen rieselte.«
    »Mehrere Tage nachdem er von zu Hause fort ist, trägt er doch keinen Holzabfall mehr in der Kleidung! Das glaubst du doch selber nicht«, fiel Hrolf heftig ein, und dann gab er seinen letzten Beweis preis, der ihn am allermeisten erbitterte: »Ich habe sogar gesehen, wie er einen Bohrer aus dem Wams zog und ihn zum übrigen Werkzeug legte. Dabei gab es doch überhaupt keinen Anlaß, Werkzeuge zu verwenden. Damals dachte ich mir nichts dabei«, fügte er leise hinzu. »Jetzt weiß ich, wozu er ihn benutzte.«
    Aslak schwieg enttäuscht. Daß Folke auch in seiner Gegenwart nach Werkzeugen gesucht oder vorgegeben hatte zu suchen, erwähnte er nun gar nicht mehr. Letzten Endes war Folkes Verrat nämlich nur eine Bestätigung dessen, was ihn in letzter Zeit oft bekümmert hatte: nichts war, wie es schien. Leise begann er zu reden, er kam vom Hundertsten ins Tausendste, und seine Sorgen hatten nicht mehr

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