Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
zu verlieben, oder?“
„Wie man
es nimmt. Ich war sicher nicht geeignetes Ehemann-Material. Ich hatte keinen
Job vorzuweisen, praktisch keinen Besitz und solange ich mich beruflich nicht
umorientierte, musste ich gezwungenermaßen immer weiter ziehen, damit niemand
Verdacht schöpfte. Nicht unbedingt das Leben, das man seiner Liebsten bieten
möchte. Zu diesem Zeitpunkt kamen mir das erste Mal Zweifel an meinem
Lebensstil.“
„Hört,
hört.“
Adrian
ignorierte den spöttischen Einwurf. „Jung wie ich war, schob ich die störenden
Gedanken einfach beiseite und begann, Lottie den Hof zu machen.“ In Gedanken
verloren lächelte er versonnen. „Zu meinem Glück schien sie meine Gefühle zu
erwidern und bald verbrachten wir so viel Zeit wie möglich zusammen. Oft holte
ich sie ab, wenn sie frei hatte oder besuchte sie nach getaner Arbeit hier
oben.“
„Warte
mal. Hier oben? Sie hatte hier oben gearbeitet? Du meinst, sie ist mit Sierra
verwandt?“
Adrian
hob die Hände. „Stopp. Nicht so schnell. Ich glaube nicht, dass Sierras Familie
diesen Hof schon so lange hatte. Lottie hat hier gearbeitet. Sie gehörte nicht
zur Familie. Ursprünglich kam sie von wo anders.“ Er runzelte die Stirn. „Ich
weiß gar nicht, woher genau. Es interessierte mich damals wohl nicht. Ich
genoss einfach die Zeit mit ihr und dachte weder über gestern noch morgen
nach.“
„Sehr
Zen, diese Haltung“, murmelte Miri und dachte bei sich, dass sich die Männer in
den letzten paar hundert Jahren nicht wesentlich verändert hatten.
„Was
meinst du?“ Adrian verstand nur Bahnhof.
„Nichts,
vergiss es. Und dann? Bist du ein aufrechter Bürger geworden, oder wie?“
Er
druckste herum. „Hm. Längerfristig wäre das der Plan gewesen. Vielleicht. Je
nachdem.“
Maxi
schnaubte verächtlich. „Und kurzfristig?“
„Ihre
Situation hier war keine glückliche. Der Hofbesitzer war ein alter Tyrann, ein
richtiger Choleriker. Dem ist öfters die Hand ausgerutscht, wenn etwas nicht
nach seinem Kopf ging. Vor allem bei den Frauen. Bei den Männern war er
vorsichtiger. Da hat er sich gezielt die schwächeren ausgesucht. Einmal hat es
Lottie erwischt.“ Selbst jetzt noch, über zweihundert Jahre später, wurde er
wütend, wenn er daran dachte. „Er hat ihr fast den Backenknochen gebrochen. Die
ganze Seite des Gesichts war geschwollen.“
Unbewusst
fasste sich Miri an ihr Gesicht. Sie fühlte mit Lottie mit, zweihundert Jahre
hin oder her. Sie hatte Glück gehabt. Ihr Gesicht war schon fast wieder heile.
Nur eine leichte Gelbschattierung zeugte noch von der Attacke ihres Onkels.
„Da
wusste ich, dass wir wegziehen sollten. Ich wollte ihr die Welt zeigen.
Frankreich. Italien. Die Sonne. Das Essen. Das Meer. Das ging natürlich nicht
ohne die entsprechenden finanziellen Mittel, denn ich wollte meinem Schatz ja
etwas bieten. Nachdem ihr Meister sie so schändlich behandelt hatte, wusste ich
auch, wo ich das nötige Kleingeld herkriegen würde.“ Ein bitteres Grinsen
verzog sein Gesicht. Er lehnte den Kopf an die Wand und schloss erschöpft die Augen.
„Ich war jung. Arrogant. Und dumm.“
„Was ist
schief gelaufen?“
Er
öffnete die Augen wieder. „Das ist mein Problem. Ich weiß es nicht.“
Verdutzt
fragte Miri nach. „Du weißt es nicht? Warst du nicht dabei?“
Übergangslos
begann er wieder zu erzählen. „Endlich konnte ich Lottie überzeugen, mit mir
weg zu gehen. Sie war im Grunde keine Abenteurerin. Reisen und fremde Länder
machten ihr ein wenig Angst. Aber nach dem letzten Vorfall hatte sie noch mehr
Angst davor, hier zu bleiben. Ich organisierte unsere Abreise und klaute alles
wertvolle, das nicht niet- und nagelfest war. Natürlich erst kurz vor unserem
Weggang. Ich wollte weit weg sein, wenn es irgendjemandem auffällt.“
Adrians
Geschichte zog Miri völlig in ihren Bann. Selbst Maxi hatte schon seit mindestens
fünf Minuten keine abfällige Bemerkung mehr gemacht.
„Es war
ein Sonntag. Normalerweise hatte sie am Sonntag nach dem Kirchgang den halben
Tag frei, weshalb wir unsere Flucht auf diesen Tag legten. Doch ausgerechnet
diesen Sonntag nicht. Sie musste nach der Kirche noch eine Besorgung außerhalb
von Schaffhausen machen. Lottie wollte unsere Abreise um eine Woche
verschieben. Ich nicht. Ich hatte Angst, dass sie es sich wieder anders
überlegt.“ Er seufzte tief. „Ich konnte sie überreden. Wir vereinbarten, uns
bei der großen Eiche zu treffen. Gleich nach ihrer Rückkehr am
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