Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Adrian zu bedeuten,
er solle mit seiner Geschichte fortfahren.
Er
knirschte mit den Zähnen, tat aber wie geheißen. „Ich war lange Zeit sehr
vorsichtig. Aber leider nicht lang genug. Als mein Vater es herausfand, hat er
mich rausgeworfen.“ Sein Blick verlor sich in der Ferne.
„Du
musstest die Familie verlassen?“
„Ja. Ich
wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es das letzte Mal sein sollte, das
ich sie sah. Vor allem meine Schwestern habe ich im Laufe der Jahre oft
vermisst.“ Er wischte sich eine irisierende Träne von der durchschimmernden
Wange. Die Emotionen laugten ihn offenbar aus und ließen ihn weniger
substanziell erscheinen als sonst. „Zu diesem Zeitpunkt war es mir eigentlich
egal. Ich war jung und abenteuerlustig und mit meinem Geschick, Menschen zu
betrügen, war es leicht, unterwegs zu sein. Es hat mir nie an einem warmen Bett
oder einem vollen Magen gemangelt.“
„Da hast
du sicher diverse Herzen gebrochen auf deiner Reise.“
Reuevoll
nickte er. „Ich dachte mir nichts dabei. Für mich war alles ein Riesenspaß.“
Miri
runzelte die Stirn, während sie über die Geschichte nachdachte. „Wie kommt es
denn, dass du hier im Norden der Schweiz gelandet bist? Das ist ja doch eine
ziemliche Strecke. Vor allem, wenn man bedenkt, zu welcher Zeit das war. Der
Gotthardtunnel wurde erst gute hundert Jahre später eröffnet, wenn ich mich
richtig erinnere.“
Adrian
nickte. Das stimmt schon. Meist war ich zu Fuß oder mit der Kutsche unterwegs.
Außer Fortuna war mir gnädig gestimmt und ich hatte ein Pferd zur Verfügung.“
„Auch
geklaut? Wundert mich, dass sie dich nicht aufgeknüpft haben. Pferdediebstahl
wurde nicht sehr gerne gesehen.“
„Pferde
habe ich nie geklaut! So dumm war ich nicht. Pferde ließen sich recht einfach
bei Glücksspielen gewinnen.“
Miri war
fasziniert. „Welche Spiele denn?“
„Meist
Karten- und Würfelspiele.“
„Zweifellos
mit gezinkten Karten und präparierten Würfeln. Pah.“ Maxi sträubte empört die
Schuppen, die ihrem Rückgrat entlang liefen auf.
Irritiert
schaute Miri zu ihr hinüber. „Sag mal, wieso ärgert dich das eigentlich so?“
Das Verhalten der Drachin stand in keinem Verhältnis zu den paar Dingen, die
der Geist geklaut hatte.
„Das tut
nichts zu Sache!“
„Dann
halte dich zurück. Ich möchte Adrians Geschichte hören und das gerne heute
noch. Ich bin nämlich müde und will ins Bett.“
Maxi
wollte etwas erwidern, aber ihr Schützling brachte sie mit einem strengen Blick
zu schweigen. Erwartungsvoll wandte Miri sich dann wieder Adrian zu. Dieser
konnte es nicht lassen, der Drachin einen triumphierenden Blick zuzuwerfen,
aber Miri ließ ihren strengen Blick wieder zum Einsatz kommen, diesmal an den
Geist gerichtet. Sie kam sich gerade vor wie im Kindergarten. Kaum zu glauben,
dass beide mehrere hundert Jahre älter waren als sie. Beinahe hätte sie die
Fortsetzung der Geschichte verpasst, so amüsiert war sie über diese
Feststellung. Sie rief sich selbst zur Ordnung und hörte zu.
„Dadurch,
dass ich kein festes Ziel hatte und schon gar keinen Zeitplan, war das Reisen
nicht sehr beschwerlich. Meist ließ ich mich einfach treiben. Ich wusste ja,
Fortuna war mir hold. Aus meiner Sicht gab es keinen Grund, weshalb sich das je
ändern sollte.“
„Aber
irgendwann änderte sich das“, vermutete Miri, gefesselt von der lebhaften
Erzählung.
„Erst
einmal noch nicht, was meine jugendliche Arroganz nur förderte. Ich kam also
weit herum und schaffte es irgendwann über die Alpen. Ich genoss das Reisen,
die Leute…“
„…das
Klauen.“
„Das
auch. Ich hatte viele Freunde, habe mich sehr gut amüsiert und wenn sie gemerkt
haben, dass ihnen was fehlt, war ich jeweils schon weitergezogen. Es schadete
auch nicht, dass Napoleon ganz Europa in Aufregung versetzte. Die Leute hatten
anderes zu tun, als sich um einen kleinen Gauner wie mich zu kümmern.
Irgendwann kam ich in Schaffhausen an. Dort änderte sich alles.“
Miri
hing an seinen Lippen. Als er nicht weiter erzählte, drängte sie ihn: „Und
dann? Was geschah dann?“
Einen
Moment erschien es, als wollte er nicht weiter erzählen. Dann presste er
entschlossen seine blutleeren Lippen zusammen und fuhr fort. „Ich verliebte
mich. In Schaffhausen auf dem Markt sah ich sie zum ersten Mal. Lotti. Sie war
jung und sehr hübsch, mit ihren dunklen Zöpfen, den blauen leuchtenden Augen
und ihren roten Backen.“
Miri
verstand nicht. „Das war doch gut, sich
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