Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
anrufen? Hm.
Jetzt sofort und auch in den nächsten Tagen sicher nicht. Aber die Option zu
haben, ihn auf irgendeine Art ausfindig zu machen und zu erreichen, das wäre
sehr beruhigend. Sie stellte das Glas zurück in die Küche und ging sich zu
Einbauschrank, der als Aufbewahrungsort für alles diente, dass „aufgeräumt“
gehörte. Ganz nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ oder so ähnlich. Was
mit großer Wahrscheinlichkeit hieß, dass die Tasche mit dem Elfenkostüm unter
vielen anderen Dingen wie Alltagskleider und Bastelmaterial befand. Und darin
hoffnungsvollerweise die Telefonnummer des wunderbaren Matts. Die Erinnerung an
den Abend war zumindest wunderbar. Sie beschloss, wenigstens für diese
Kleinigkeit dankbar zu sein. Das hätte bei ihrem Männerpech im letzten Jahr
weiß der Himmel auch anders sein können. Sie versuchte im Dunkeln die Tasche zu
ertasten. Leider ohne Erfolg. Also drehte sie sich um und streckte sich, um die
Nachttischlampe anzuschalten. Einen Vorteil hatte ihre kleine Wohnung: die Wege
waren unglaublich kurz. Sie schmunzelte. Als sie sich wieder aufrichtete, wäre
sie fast mit Maxi zusammengestoßen.
„Puh,
hast du mich jetzt erschreckt! Was machst du denn hier?“
„Sollte
das nicht eher ich dich fragen?“ Hochgezogene Drachenaugenbrauen. „Es ist drei
Uhr morgens und du räumst deinen Kleiderschrank leer? Ich hätte dich nicht als
jemanden eingeschätzt, der aufräumt, um sich zu entspannen.“
„He,
ich räume sehr wohl auf. Ich habe nur mein eigenes System.“ Empört wandte sich
Miri wieder dem Schrank zu.
„Ja,
das sehe ich. Und nach was suchen wir genau?“
Miri
beschloss, das wir zu ignorieren. Im Sinne von „zwei Paar Augen sehen
mehr als eins“ erklärte sie Maxi in möglichst wenigen Worten, wonach sie
suchte. Leider half auch das zusätzliche Augenpaar nichts. Sie fanden zwar die
Tasche unter einem angebrochenen Sack mit Blumenerde. Wie dieser dahin gekommen
war oder was er im Schrank machte, wusste Miri nicht mehr. Es interessierte sie
momentan auch nicht. Immerhin hatte sie die Tasche gefunden. Aber wie es
schien, hatte sie sich zu früh gefreut. Der Zettel war und blieb verschwunden,
auch nachdem sie die Tasche sowie die sich noch immer darin befindlichen
Kleidungsstücke von innen nach außen gedreht hatte. Nur ein einzelnes,
getrocknetes Blütenblatt einer Rose war ihr entgegen geschwebt. Wenigstens
wusste sie so, dass sie das Ganze nicht nur geträumt hatte. Das mit der
Nachricht und der Rose meinte sie natürlich. Für den Rest hatte sie jetzt einen
Beweis ganz anderer Art. Sie machte sich sogar die Mühe, das ganze Tablar leer
zu räumen, für den Fall, dass der Zettel sich verselbständigt haben sollte.
Vergeblich. Keine Spur von der Nachricht.
„Was
mache ich denn jetzt?“, flüsterte sie mit kaum hörbarer Stimme.
„Jetzt
machst du erst mal gar nichts. Der Zettel oder besser noch der Mann wird sich
sicherlich finden. Nur halt nicht gleich sofort. Komm, leg dich ins Bett, ich
helfe dir beim Einschlafen.“
Widerstandslos
ließ sich Miri zum Bett führen. Sie war völlig erschöpft von den Erlebnissen
des Tages. Nur noch verschwommen nahm sie wahr, dass sich Maxi zu ihr auf das
Bett setzte. Mit der Melodie des Bajuschki Bajus im Kopf fiel sie endlich in
einen unruhigen Schlaf.
Kapitel 4
24. November
2012
Am nächsten
Morgen war Miri wieder einmal zu spät dran. Sie war eine geborene Nachteule,
die regelmäßig ihren Wecker verschlief. Dank Maxi und Chili hatte sich das
Verschlafen auf eine halbe Stunde beschränkt. Nicht, dass die beiden
tatsächlich Teamwork betrieben hätten. Davon waren sie noch weit entfernt.
Maxi, die vom Klingeln des Weckers in ihrem Schlaf gestört und in der Folge
aufgeschreckt war, hatte rücksichtsvoll bei Chili nachgefragt, ob der Wecker
ein ernstzunehmendes Signal sei. Sie wusste ja, wie lange Miri wach gelegen war
und hätte ihr den zusätzlichen Schlaf gegönnt. Chili, der sich angewöhnt hatte,
wie seine Besitzerin das unangenehme Geräusch einfach in den aktuellen Traum
einzubauen, war darüber logischerweise wenig erfreut. Aber nachdem er schon mal
wach war, hatte er auch Hunger und machte sich daran, sein Frauchen zu wecken.
Zu diesem Zweck strich er ihr über den Kopf, miaute ihr in voller Lautstärke in
die Ohren und trampelte mit rhythmischen Pfotentritten auf ihrer Decke herum.
Miri versuchte noch ein paar Minuten, ihn zu ignorieren, aber schließlich war
sie wach und warf blinzelnd einen
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