Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
überfordert mit der ganzen Situation. Was weiß ich schon von Kindern.
Ich gehöre nicht einmal zu dieser Gruppe von Frauen, die bereits seit ihrer
Jugend wissen, dass sie irgendwann mal Kinder wollen. Das war für mich nie ein
Thema. Vielleicht irgendwann einmal, in ferner Zukunft. Himmel noch mal, ich
hatte noch nie eine Partnerschaft, die auch nur ansatzweise stabil genug
gewesen wäre, um darüber nachzudenken. Und so alt bin ich nun auch wieder
nicht, als dass ich mir das bereits hätte überlegen müssen.“
Sierra
räusperte sich. „Ähm, auch auf die Gefahr hin, dich wieder vor den Kopf zu
stoßen: Potentielle Schwangerschaften sind schon ein Thema, mit dem sich Frau
auseinandersetzen sollte, wenn sie Sex hat. Außer sie beschränkt sich auf
Frauen. Oder verhütet doppelt und dreifach. Was du nicht wirklich gemacht hast,
so wie ich dich verstanden habe. Dasselbe gilt natürlich für den Partner. Nur
ist der im Moment fein raus.“
Dieser
unbekannte Zwilling ihres Bruders. Rasch brachte sie die Stimme in ihrem
Hinterkopf zum Verstummen. Das war sicher nur ein Zufall.
„Ist
doch jetzt auch egal“, mischte sich Kaja ein. „Sollten wir uns nicht lieber
praktischen Dingen zuwenden als Moralpredigten zu halten?“
„Durchaus.
Ich finde nur, man sollte die Dinge beim Namen nennen. Deshalb auch meine
nächste Frage. Willst du es behalten?“
Gestresst
raufte sich Miri die Haare. „Ich weiß es einfach nicht. Wie soll ich das denn
schaffen? Ich habe einen schlecht bezahlten Job, eine Wohnung, die zu klein
ist, keine nennenswerte Familie, die aushelfen könnte, ganz zu schweigen von
der riesigen Verantwortung. Ich wüsste ja nicht wo anfangen.“
„He,
he“, beruhigte Kaja sie. „Wir sind doch auch noch da.“
Auch
Sierra beeilte sich Miri zu versichern: „Das wollte ich auch sagen. Wir sind
doch jetzt deine Familie. Wenn du Hilfe brauchst, egal wie du dich entscheiden
wirst, wir sind doch für dich da.“
Überwältigt
von der Unterstützung der beiden und vermutlich auch von diesen verflixten
Hormonen, die wer weiß was in ihrem Körper anstellten, blinzelte Miri angestrengt
die Tränen weg. „Das ist lieb von euch. Ich weiß das wirklich zu schätzen.
Tatsache ist, ihr wohnt beide hier in der Nähe von einander und habt mehr als
genug Arbeit.“
„Dann
zieh doch auch hierher. Du kannst sogar bei mir wohnen“, schlug Kaja spontan
vor.
„Hier
wohnen? Das wäre toll! Aber leider geht das nicht. Ich habe meinen Job in
Zürich.“
„Es
fahren stündlich Züge von Schaffhausen nach Zürich“, versuchte Kaja sie
umzustimmen.
„Schon
möglich. Aber erst müsste ich jeden Tag von diesem Berg runter, das Kind in der
Krippe abgeben, dann auf den Zug und am Abend wieder dasselbe umgekehrt. Und
bei meinem Onkel, dem Sklaventreiber, muss ich oft schon um sieben Uhr
anfangen. Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen.
Hast du dir im Übrigen überlegt, was es bedeuten würde, eine WG inklusive
Kleinkind zu gründen? Dann bin ich nicht die Einzige, die sich mit schlaflosen
Nächten auseinandersetzen muss.“
„Hm“,
stimmte Kaja ihr zu, nicht gänzlich überzeugt.
„Was
sagen denn dein Onkel und deine Tante dazu?“
„Ihr
seid die ersten, denen ich es erzählt habe. Meinem Onkel erzähle ich es erst,
wenn ich mir sicher bin, dass ich das Kind behalte. Es lohnt sich nicht, den
Mann vorher schon aufzuregen.“
„Meinst
du denn, er regt sich auf?“, wollte Sierra wissen.
„Darauf
kannst du Gift nehmen. Zumal meine jetzige Situation alles andere als
gewöhnlich ist. Er ist ein religiöser Fanatiker.“
„Shit.“
„Exakt!“,
stimmte ihr Miri zu. „Vorehelicher Sex ist eine Todsünde. Nicht mal in der Lage
zu sein, einen Kindsvater zu benennen, geschweige denn zu präsentieren, ist
eher ungünstig. Um es vorsichtig auszudrücken.“
„Und
deine Tante? Von ihr sprichst du fast nie“, wunderte sich Kaja.
„Meine
Tante existiert nur im Schatten ihres Mannes. Sie sagt nicht viel und wenn,
dann schließt sie sich seiner Meinung an. Das war schon immer so. Auch als ich
bei ihnen aufgewachsen bin. Ich denke nicht, dass von ihr Unterstützung zu
erwarten ist.“
„Wie
viel Zeit bleibt dir denn noch, dich zu entscheiden? Ich kenne mich da nicht so
aus.“ Wieder warf Sierra einen verstohlenen Blick auf die Uhr.
Miri
seufzte. Ich mich auch nicht. Ich habe mal kurz Google befragt. Soweit ich das
verstanden habe, bleiben mir wohl noch ein paar Wochen. Das Beste
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