Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
worden waren. Etwas seltsam muteten die aufgereihten Plastikstühle
an, welche die fehlenden Kirchenbänke ersetzten. Sie überlegte, ob die
Kirchbänke schon immer gefehlt hatten oder was der Grund für ihren Verlust
gewesen war. Auf der einen Seite brannten mehrere Kerzen neben einander. Sie
wanderte zu den Opferkerzen. Aus ihrer Hosentasche kramte sie einige Münzen.
Gegen einen kleinen Geldbetrag konnte man eine eigene Kerze für sein eigenes
Gebet erstehen. Sie suchte sich eine aus und zündete sie mit den
bereitliegenden Zündhölzern an. Als sie brannte, schaute sie einen Moment in
das flackernde Licht der Flamme.
„Ich
bitte um ein glückliches Leben – für das Drachenkind und mich. Wer auch immer
zuständig ist, mach, dass meine Entscheidung richtig war“, bat sie flüsternd.
Sie
fand den Gedanken, dass schon viele Leute vor ihr hier ihre Gebete abgeschickt
hatten, seltsam tröstlich. Behutsam stellte sie ihre brennende Kerze zwischen
die anderen. Die Kirche war nicht sehr groß. schon bald stand sie wieder
draußen an der frischen Luft. Sie warf einen Blick auf die Zeitangabe ihres
Telefons und stellte fest, dass ihr immer noch zehn Minuten Zeit blieben, bis
sie sich wieder auf den Weg zur Postauto-Haltestelle machen musste. Sie
beschloss die Umgebung der Kirche ein wenig zu erkunden und trat aus der
Kirche. Der Wind hatte wieder etwas aufgefrischt und zerzauste ihre Haare. Sie
blieb einen Moment stehen und genoss die frische Luft nach dem Weihrauchduft in
der Kirche. Es roch nach feuchter Erde, altem Heu und Holzrauch. Sie richtete
den Blick wieder auf ihre nächste Umgebung. Zu ihrer Freude entdeckte sie
draußen einen Kreuzweg. Langsam folgte sie dem Pfad, der die Kirche umrundete
und freute sich an den kunstvollen Heiligenbildern, die bei jeder Station zu
entdecken waren. Sie fühlte sich dabei immer wie eine Hobbyarchäologin auf den
Spuren von Menschen in verschiedenen Jahrhunderten. Sie musste über sich selber
grinsen. Lara Croft und Indiana Jones lassen grüßen, dachte sie amüsiert.
Wieder am Ausgangspunkt angekommen ließ sie ihren Blick über die Umgebung
schweifen. Weiter unten im Dorf näherte sich langsam das Postauto. Jetzt aber
los, nicht, dass sie das noch verpasste.
Kapitel 12
10. – 16.
Dezember 2012
Die nächsten
Tage verliefen ruhig, wenn man von Miris emsiger Betriebsamkeit im
Bastelbereich absah. Einerseits wollte sie möglichst viele Stücke für Kajas
Onlineshop fertig haben, andererseits musste sie auch noch die Geschenke für
ihre Freundinnen fertig machen. Schließlich stand Weihnachten schon bald vor
der Tür. Maxi, die am Sonntagabend schon zu Hause auf sie gewartet hatte,
musste sich gezwungenermaßen mit Zahlen auseinandersetzen. Nachdem Miri
beschlossen hatte, ihrer Selbständigkeit eine reelle Chance einzuräumen, hieß
es volle Kraft voraus und das beinhaltete auch die Aufstellung eines möglichst
realistischen Budgets. Einerseits für die benötigten Materialien, was Miri vor
die völlig neue Herausforderung stellte, ihre Kunstwerke zumindest bis zu einem
gewissen Grad zu planen. Bis jetzt war sie mehr oder weniger einfach ihren
plötzlichen künstlerischen Anwandlungen gefolgt und hatte spontan entschieden,
etwas zu machen oder auch nicht. Vereinzelt hatte sie auch Kundenaufträge
erledigt. Aber das war bisher tatsächlich erst ein paar Mal vorgekommen. Das
musste sich dringend ändern. Bis jetzt war es Miri allerdings schleierhaft, wie
sie ihre zukünftigen Kunden akquirieren sollte.
„Du
wirst schon sehen, das spricht sich herum“, beruhigte ihre Drachenfreundin sie
dann jedes Mal.
„Ich
hoffe, das stimmt“, antwortete Miri jeweils zweifelnd.
Natürlich
hatte sie recht, dachte Maxi indigniert. Notfalls würde sie die Menschen im
Umkreis von 50 km in ihren Träumen heimsuchen und ihnen das dringende Bedürfnis
nach Filzdrachen und dergleichen suggerieren.
Als
sie das ihrem Schützling vorgeschlagen hatte, war diese allerdings nicht sehr
erfreut gewesen. „Du kannst doch nicht einfach Menschen manipulieren!“
Maxi
hatte die Aussage bewusst missverstanden und ernsthaft gesagt: „Doch klar, kein
Problem. Du hättest im Handumdrehen genügend Kunden.“
Doch
Miri wollte nichts davon hören. „Nichts da. Ich schaffe das auch alleine. Ohne
Alpträume für meine Kunden. Das wäre ja ein Paradebeispiel für unlauteren
Wettbewerb!“
„Jetzt
komm mal wieder runter von deinem hohen Ross. Werbung ist doch auch nichts
anderes.“
„Doch.
Bei normaler
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