Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Hände links und rechts vom
Türrahmen ab und holte tief Luft. „Onkel Paul? Bist du noch hier?“
Er
gab keine Antwort. Sie konnte jedoch hören, wie sich seine schlurfenden
Schritte näherten. Sie lauschte den Geräuschen hinter der Tür. Er schimpfte
immer noch ohne Punkt und Komma vor sich hin. Es mache sie rasend vor Wut. Sie
war zum frühestmöglichen Zeitpunkt von zu Hause ausgezogen und hatte sich
geschworen, dass sie sich niemals mehr so behandeln lassen wollte. Die Schikane
während der Arbeit war schlimm genug gewesen.
„Lass
mich hier raus. Auf der Stelle!“, schrie sie. „Oder ich hetze dir die Polizei
auf den Hals!“ Das war das erste Mal, dass sie sich getraute, in so klaren
Worten mit ihrem Onkel zu sprechen. Aber jetzt ginge es nicht mehr nur um ihr
eigenes Wohlbefinden.
Allerdings
hatten ihre Worte nicht den gewünschten Effekt. Auf der anderen Seite der Wand
war ein schrilles Lachen zu hören. „Mach doch! Ha, du wirst schon sehen!“
„Nein, du wirst schon sehen. Wie willst du dich da rausreden? Ich habe eine
bluttriefende Wunde am Kopf – das ist tätlicher Angriff!“
„Niemand
glaubt einer verlogenen Hexe wie dir!“ Er machte eine effektvolle Pause. „Und
viel Erfolg beim Alarmieren der Polizei. Das wird selbst dir schwer fallen, so
ganz ohne Telefon und Hexenbesen.“
„Meine
Freundin weiß, dass ich hier bin. Sei dir nur nicht zu sicher, dass die Polizei
nicht kommt“, gab sie wutentbrannt zurück. Doch ihr Onkel schien gar nicht mehr
zuzuhören. Er war ganz in seine Litanei vertieft und schlurfte wieder davon.
Miri ließ sich entmutigt wieder auf den Teppich sinken.
Kaja
freute sich darauf, Miri wieder zu sehen. Es schien, als hätte ihre
Drachenschwester einige schwierige Entscheidungen getroffen. Sie war gespannt,
wie sich das alles entwickeln würde. Voller Vorfreude trat Kaja in den
Hauseingang des Mehrfamilienhauses, in dem Miri zur Zeit noch wohnte, und
klingelte. Eine ganze Weile passierte gar nichts. Sie wollte bereits nochmals
klingeln, da knackte es laut und der Türsummer ging. Rasch drückte sie die
Eingangstür auf. Sie stand schon fast im Treppenhaus, als plötzlich ein Zischen
ertönte. Sie drehte sich nochmals um und sah gerade noch, wie die Klingelanlage
Funken sprühte und Rauch herausquoll. Hoppla. War Miri schlecht drauf? Obwohl,
elektrische Geräte ins Nirwana zu schicken war ja eher ihre eigene Spezialität.
Aber sie war sich ziemlich sicher, dass sie diesmal unschuldig war. Sie eilte
die Stufen hinauf. Oben angekommen, klopfte sie einmal. Komisch. Normalerweise
ließ Miri die Tür doch offen? Unvermittelt wurde die Tür aufgerissen. Maxi
stand da und war offensichtlich sehr erstaunt, sie zu sehen.
„Du?“,
fragte sie denn auch verblüfft. „Ich dachte, Miri sei mit dir unterwegs.“
Abgelenkt schaute sie auf die Klingelanlage neben der Tür. „Ich habe dieses
Ding hier zum ersten Mal bedient. Aber ich glaube, es verträgt sich nicht mit
Drachenenergie“, schloss sie betrübt.
Das
erklärte die Funken und den Rauch. „Das könnte stimmen“, stimmte sie ihr zu.
„Ist Miri denn nicht hier? Wir hatten vereinbart, uns um die Mittagszeit hier
zu treffen. Habt ihr den Morgen nicht zusammen verbracht?“
Auf
Maxis Gesicht zeigte sich leichtes Unbehagen. „Nein. Sie wollte noch etwas
erledigen und ich war fliegen.“ Sie schloss die Augen. Als sie sie wieder
öffnete, lag ein besorgter und auch etwas schuldbewusster Ausdruck in ihnen.
„Beim Fliegen vergesse ich mich manchmal völlig und bekomme gar nichts rund um
mich herum mit.“
„Und
das ist ein Problem weil...?“, forderte Kaja sie auf, weiter zu sprechen.
„Weil
sie vorhatte, ihre Verwandten zu besuchen. Ich persönlich fand das eine
schlechte Idee.“
Jetzt
war auch Kaja alarmiert. „Und davon ist sie noch nicht zurück?“
„Offensichtlich
nicht, wenn sie nicht mit dir zusammen ist.“
„Worauf
wartest du noch? Schau nach, wie es ihr geht!“
„Versuche
ich doch!“, gab Maxi beleidigt zurück. „Sie blockt mich gerade total aus. Das
ist schlecht. Sehr schlecht. Das macht sie eigentlich nie.“
„Also
los, dann lass uns da hin fahren. Weißt du, wo das ist?“ Sie machte kehrt und
sprang die Treppe hinunter. Maxi musste sich richtig beeilen, um nicht
abgehängt zu werden.
„Zu
Fuß oder fliegend schon. Mit dem Auto eher nicht. Ich denke, man darf nicht
überall lang fahren. Es gibt doch all diese Regeln.“ Sie kratzte sich mit einer
ihrer langen Krallen hinter dem Ohr
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