Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
lieber Freund. Nichts wäre mir lieber.«
Er legte seine Hand unter ihr Kinn und küsste zärtlich ihre Lippen. »Dann ist es abgemacht. Ich werde mit deinem Piraten sprechen und alles vorbereiten.«
*
Es gab viel zu tun, ehe sie in See stechen konnten. Lamina entließ Tom sogleich aus dem Kerker und schickte ihn zu Cordon, um mit ihm zu besprechen, was sie für die lange Seereise alles benötigten. Den Steuermann sandten sie zum Schiff, damit er die Männer darauf vorbereitete, dass es in ein paar Tagen auf lange Fahrt ginge. Dann suchte Lamina die Westhöfler in ihrer Turmzelle auf.
»Sagt ihr mir, wie es mit euch weitergehen soll«, forderte sie die drei auf.
Fallow senkte den Kopf. »Wir wissen, dass wir unser Recht zu leben verwirkt haben. Doch wenn Ihr gnädig seid, dann lasst mich die Schuld allein auf mich nehmen und für uns alle büßen. Mein Weib hat sich nichts zuschulden kommen lassen und niemals ein schlechtes Wort gegen Euch gesagt, und mein Sohn ist noch so jung. Bitte gebt ihm eine Chance auf ein ehrliches Leben.«
Lamina schnitt ihm das Wort mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. »Und was ist mit dir, Fallow? Bist du nicht bereit, noch einmal mit einem ehrlichen Leben zu beginnen?«
Er starrte sie verwirrt an. »Ich verstehe Euch nicht.«
»Nein?« Sie seufzte. »Was nützt es mir, die Todesstrafe gegen dich zu verhängen und mir so eine Witwe und einen Halbwaisen zu schaffen, die mir zürnen und Rache schwören? Ich müsste euch schon alle drei hinrichten lassen.«
Nanja wurde blass und umklammerte die Hand ihres Sohnes.
»Es wäre Euer Recht«, sagte Fallow gepresst, ohne ihr in die Augen zu sehen.
»Ja, du Narr, das wäre es. Auf der anderen Seite habe ich Männer verloren, die ersetzt werden müssen. Daher frage ich dich: Willst du von nun an ein ehrliches Leben führen und mir von ganzem Herzen Treue und Gefolgschaft schwören?« Ihr Blick wanderte zu Mutter und Sohn. »Und auch ihr, Nanja und Rol? Dann sei euch eure Strafe erlassen. Ich erwarte dafür aber, dass ihr hart für Theron arbeitet und die Burg und ihre Bewohner mit eurem Leben verteidigt.«
Sie brauchten einige Augenblicke, bis sie verstanden, was die Gräfin eben gesagt hatte. Nanja traten Tränen in die Augen, Fallow sank auf die Knie.
»Ihr habt durch Eure Güte drei Gefolgsleute gewonnen, die Euch niemals im Stich lassen werden«, schwor er.
»Das hoffe ich«, sagte Lamina ernst und ließ auch Nanja und Rol schwören. Dann entließ sie die drei aus dem Turm und schickte sie zu Cordon, damit er ihnen ihre Aufgaben auf der Burg zuteilte.
Schwieriger war es mit den Geschwistern Clam und Rita und den beiden Söhnen ihres Bruders. Die Jungen hätte Lamina auf Theron behalten, doch Rita hatte sie so sehr mit ihrem Gift infiziert, dass der Gräfin bereits aus den Kinderaugen Hass entgegensprang. Clam war nicht so schlimm wie sein älterer Bruder, der mit Avia in den Wellen den Tod gefunden hatte, doch er war auch kein Mann, den sie auf der Burg haben wollte. Und seine mürrische Schwester noch weniger. Auch wollte die Gräfin sie weder länger einsperren noch für ihre Taten hinrichten lassen. Die treibenden Kräfte des Betrugs waren tot. Vielleicht würden sie ohne den Einfluss der Alten und Garlo ein normales Leben führen. Lamina fiel keine andere Lösung ein, als die vier aus der Grafschaft zu verbannen. Sie gab ihnen drei einfache Arbeitspferde, Proviant und ein paar Münzen mit und wünschte ihnen Glück, als sie sie aus der Burg bringen ließ. Clam neigte dankend den Kopf, doch Rita spuckte ihr vor die Füße.
»Vergesst es nie, sie hat euren Vater auf dem Gewissen«, zischte sie den Jungen ins Ohr, als sie die Pferde über die Zugbrücke führte. Lamina schüttelte den Kopf.
»Vielleicht ist es ein Fehler, sie ziehen zu lassen«, vertraute sie Seradir an, der an ihre Seite getreten war. »Doch was hätte ich sonst tun sollen? Ich konnte nicht schon wieder Todesurteile aussprechen.«
»Nein, es war richtig. Allein schon wegen der Jungen. Und nun?«
Die Gräfin seufzte tief. »Nun wende ich mich dem schwierigsten meiner Probleme zu, meinem Vater!«
Cewell Mojewsky hatte die Rückeroberung der Burg im Weinrausch verschlafen. In diesem Zustand hatten sie ihn in der Bibliothek vorgefunden. Auch als Seradir ihn wachrüttelte, war er noch zu betrunken, um zu begreifen, was vorgefallen war. Er beschimpfte den Elben, als er ihn erkannte, und verfluchte seine Tochter, die ihn aus ihrer Grafschaft verbannt hatte.
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