Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Aber nun würden andere Zeiten kommen, dafür habe er gesorgt! Er lachte gehässig.
Seradir ließ ihn zu den anderen in den Bergfried bringen und wies die Wächter an, ihn allein in eine Kammer zu schließen. Seitdem hatte er Cewell nicht mehr gesehen, und auch Lamina hatte sich bis zu diesem Augenblick davor gedrückt, ihren Vater aufzusuchen. Nun musste sie sich dieser Aufgabe stellen. Als sie den Hof überquerte, wusste sie noch immer nicht, wie sie ihm begegnen sollte. Seradir blieb an ihrer Seite.
»Soll ich mit reinkommen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das muss ich allein schaffen. Was soll ich nur mit ihm machen? Ich habe sein Leben verschont und ihn von hier verbannt, und nun ist er wieder da und hat den Herzog aufgehetzt, mir und meinem Sohn alles zu nehmen. Er hat jedes Recht zu leben verwirkt, und doch weiß ich nicht, ob ich es schaffe, ihn zum Tode zu verurteilen und zuzusehen, wie man ihm den Kopf abschlägt.«
Sie stiegen nebeneinander die vier Treppen bis zur obersten Turmkammer hinauf. Lamina blieb auf dem Absatz stehen und sah sich verwundert um. Die schwere Eisentür war geschlossen, doch es war niemand zu sehen.
»Hast du keinen Wächter vor seiner Tür postiert?«
»Aber natürlich«, widersprach der Elb verwirrt. »Und ich habe auch mit Thomas darüber gesprochen, dass die Kammer nicht unbewacht bleiben darf.«
Da mit dem Wächter auch der Schlüsselbund fehlte, mussten sie erst den Hauptmann suchen.
»Ich kann mir das nicht erklären«, sagte Thomas immer wieder und lief vor ihnen die Stufen des Bergfrieds hinauf. »Im Moment müsste der junge Sebastian Wache halten.«
Oben angekommen wartete der Hauptmann auf Lamina und den Elben, ehe er den Schlüssel ins Schloss steckte. Laminas Hand suchte die von Seradir. Sie fürchtete sich davor, was sie hinter der Tür finden würde. Die Eisentür schwang mit einem Quietschen auf. Zuerst dachten sie, der Raum wäre leer, bis sie die zusammengekauerte Gestalt in der Ecke hinter der Tür entdeckten. Es war Sebastian. Er war zu einem Knäul zusammengeschnürt. Ein Knebel steckte in seinem Mund. Cewell musste ihn überrascht und niedergeschlagen haben, denn aus einer Wunde an seiner Schläfe rann noch immer Blut. Von Cewell Mojewsky allerdings fehlte jede Spur. Der vor Schreck geweitete Blick des jungen Mannes wanderte zwischen seinem Hauptmann und der Gräfin hin und her.
»Los, befreit ihn von seinen Fesseln«, rief Lamina aus. Thomas zog sein Messer und durchschnitt die Stricke. Stammelnd begann der Wächter zu beichten, wie er sich von Mojewsky hatte überlisten lassen. Seradir lief hinunter in den Hof, um die Burg absuchen zu lassen, doch schon bald wurde klar, dass Cewell die Flucht über den Graben gelungen war.
Lamina trat ans Fenster. Sie lauschte Sebastians Bericht nur mit einem Ohr. Ihr Vater war fort. Vielleicht war es gut so, oder war sie nur zu feige, das zu tun, was getan werden musste? War sie als Landesherrin zu schwach? Sollte sie doch noch das Angebot ihres Vetters annehmen und den Herzog von Ingerstein heiraten?
»Er hat das kleine Boot genommen und ist über den Graben gerudert. Ich kann dir nicht sagen, warum das keiner der Wächter bemerkt hat. Sollen wir ein paar Männer auf seine Spur setzen, um ihn wieder einzufangen?«
Lamina drehte sich um und sah in Seradirs violette Augen. »Würdest du mir dazu raten, mein Freund?«
Der Elb schüttelte den Kopf. »Nein, das würde nur noch mehr Leid über dich bringen. Lass ihn ziehen und hoffe, dass er zum letzten Mal versucht hat, dir zu schaden.«
Sie standen allein in dem steinernen Turmgemach hoch über dem Burghof. Thomas hatte den jungen Wächter mit zu Vlaros genommen, damit der Magier die tiefe Wunde an der Schläfe mit einem Heiltrank behandeln konnte. Lamina sah wieder aus dem kleinen Fenster. Unten ging Griphilda vorbei. Die Zwillinge tobten um sie herum, dass ihre Röcke flogen. Dann kam Veronique die Haupttreppe herunter. Sie trug Gerald in seinem Körbchen in die Sonne. Steph folgte ihr mit ernster Miene. Das Mädchen schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, über den kleinen Gerald zu wachen, und Veronique hatte nichts dagegen, dass sie ihr auf Schritt und Tritt folgte. Nun musste man ihr nur noch angewöhnen, mit Gerald im Kinderzimmer zu schlafen.
Lamina spürte, wie Seradir hinter sie trat. Sie konnte ihn riechen. Es war ein ganz anderer Duft als der, den menschliche Männer verströmten. Er roch nie nach Schweiß oder Bier. Eher ein wenig nach
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