Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
herben Kräutern und Honig. Sie fühlte seinen Atem in ihrem Nacken. Lamina lehnte sich nach hinten, bis seine Brust ihr Halt gab. Er legte die Arme um ihre Taille. »Sie vertrauen mir und haben sich ganz in meine Hände gegeben, und ich verlasse sie und fahre aufs Meer hinaus, ohne zu wissen, ob ich jemals wiederkehre. Vielleicht sollte ich die Grafschaft doch lieber in die Hände des Herzogs legen – all den Menschen zuliebe, die mir so teuer sind.«
Seradir überlegte lange, ehe er antwortete. »Du hast in allen Bereichen eine gute Saat gelegt, die wachsen und gedeihen wird. Die Menschen sind nicht nur über den Winter gekommen, es sind sogar Vorräte übrig geblieben. Sie werden eine ganze Weile gut leben und das weiterführen können, was du ihnen gesagt hast. Cordon und Thomas werden sich um ihr Wohlergehen und ihre Sicherheit kümmern. Sie und all die anderen Menschen auf Theron werden mit Freude auf deine Rückkehr warten.«
»Wie lange?«, fragte die Gräfin leise. »Was, wenn ich nicht zurückkehre?«
»Dann sollten sie sich an den Herzog wenden. Lass Cordon ein Schreiben aufsetzen, und wenn du bis zum nächsten Frühlingsfest nicht zurück bist, soll er dem Herzog Nachricht geben.«
Lamina nickte. »Und was ist mit meinem Sohn?«, fragte sie bedrückt.
»Du kannst ihn nicht mitnehmen«, rief Seradir erschrocken. »So eine Reise wäre sein Tod.«
»Und doch, wie kann ich ihn hier zurücklassen? Was passiert mit ihm, wenn ich scheitere? Er steht zwischen Rudolf und der Burg! Er wäre immer eine Gefahr für meinen Vetter – und mein Vater wird ihn töten lassen, wenn sich eine Möglichkeit ergibt.« Sie wandte sich um und sah den Elb mit schreckgeweiteten Augen an. Seradir drückte sie an seine Brust.
»Reite morgen wie geplant los. Ihr werdet mit den Packtieren nur langsam vorankommen. Ich werde euch einholen, bevor ihr das Schiff erreicht.«
»Was hast du vor?«
»Ich werde für die Sicherheit deines Sohnes sorgen!«
»Und du lässt mich allein mit Tom reiten?«
Seradir lächelte. »Ein paar deiner Männer werden dich bis zur Küste begleiten, und wenn du Tom vertraust, bleibt mir nichts anderes übrig, als es auch zu tun.«
Sie schlang die Arme um seinen Hals. »Beeile dich, mein Liebster, ich werde nicht ohne dich in See stechen.«
»Das hoffe ich!«
17
Der schwarze Drache
Die Elbe zog Rolana hinter sich durch den Türspalt. Obwohl es in dem Raum dunkel war, sahen die beiden Frauen die Figur sofort. Sie stand auf einem niedrigen Steinsockel, der von einem schimmernden, magischen Feld umgeben war. Die Elbe trat naher. Das Feld begann so laut zu summen, dass sie es sogar über den Lärm von draußen hinweg noch hören konnten. Die Härchen auf ihren Armen richteten sich auf.
Ibis fluchte. »Wenn wir dem Drachen auch nur einen Schritt zu nahe kommen, dann kann man nachher nur noch unsere Asche zusammenfegen. Ohne Lahryn kommen wir hier nicht weiter.«
Nun erklang draußen eine gebieterische Stimme, die zweifellos dem Hausherrn gehörte. Seltsamerweise schien er die Eindringlinge noch im Garten zu vermuten. Polternde Schritte näherten sich von oben, passierten die Galerie und entfernten sich in die Halle hinunter. Es würde sicher nicht lange dauern, bis er seinen Fehler bemerkte.
»Die Zeit läuft uns davon, und wir werden vermutlich keine zweite Gelegenheit bekommen, so nah an den Drachen heranzukommen«, sagte Rolana, die plötzlich wieder ganz ruhig war. Ihre Nervosität war verschwunden. Sie wusste, was sie zu tun hatte.
»Was hast du vor?«
Die Priesterin umklammerte das Amulett an ihrem Hals und begann einen Beschwörungsgesang, der nur bei den höchsten Festen zu Somas Ehren angestimmt wurde. Entschlossen trat sie auf das Feld zu.
»Nein!«, rief die Elbe. »Das ist Wahnsinn! Du wirst verbrennen.« Doch sie wagte nicht, die Priesterin zu berühren.
Rolana trat mit kleinen Schritten näher. Ihr Haar löste sich aus seinem Band und flatterte wie von einem stürmischen Wind erfasst. Ihre Kleider begannen zu schimmern und zu dampfen. Sie ging weiter, die Hände weit vorgereckt. Ihre Fingerspitzen berührten die kleine silberne Figur, dann umschloss ihre Hand den Drachen. Ibis stand nur da und wagte nicht einmal zu atmen. Genauso langsam, wie sie sich genähert hatte, trat Rolana den Rückzug an. Als sie das Feld verlassen hatte, ihr Gewand aufhörte zu dampfen und ihr Haar wieder normal über den Rücken fiel, packte Ibis sie an der Hand.
»Ich weiß nicht, wie das möglich war,
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