Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
schlägst du vor?«, ereiferte sich Cay. »Sollen wir hier sitzen und abwarten, bis wir Rolanas Tod betrauern können?«
»Ich glaube, sie kann es schaffen – allein!«
»Was?« Die anderen starrten den Magier fassungslos an. »Wie kommst du auf diese Idee?«
»Ich weiß nicht, ob ihr es gespürt habt, aber Rolana hat sich verändert, seit sie das Drachenamulett trägt.«
»Das ist mir nicht entgangen«, sagte Cay bitter.
Lahryn sah ihn verständnisvoll an. »Nein, das meine ich nicht. Sie ist uns entrückt. Eine immer stärker werdende Aura hüllt sie ein. Sie steht den Göttern näher, als wir denken. Vielleicht ist sie dazu bestimmt, die Figur zu finden und aus ihrem Versteck zu holen.«
»Und wenn nicht?«, wollte Ibis wissen. »Wie kannst du dir da so sicher sein?«
Lahryn seufzte. »Ich bin mir nicht sicher. Ich fürchte nur, dass wir mit unserem Eingreifen alles zerstören.«
»Dann lasst uns wenigstens zur Schlucht vorgehen und nachsehen, was sich dort tut«, schlug die Elbe vor und machte sich sofort auf den Weg. Die Freunde folgten ihr. Es herrschte ein unbehagliches Schweigen. Sie spürten alle, dass die Entscheidung nahe war. Zum Guten oder zum Schlechten.
23
Die Herrin der Drachen
Covalin blinzelte. Die Sonne hatte sich noch nicht über den Horizont erhoben, doch der Himmel flammte bereits in purpurnen Farbtönen. Der weiße Drache hob die Schnauze und schnupperte. Etwas war heute anders. Er wusste, dies würde kein normaler Tag werden. Etwas würde geschehen. Und so wunderte er sich auch nicht, als er den Flügelschlag des goldenen Drachen vernahm, der nun auf dem Felsplateau landete und seine Flügel faltete. Neben ihm wirkte Covalin noch immer klein, obwohl er in den vergangenen Monaten stetig gewachsen war. Der alte Drache schwieg, bis sich die Sonne erhob und ihre Schuppen erstrahlen ließ: die einen wie flüssiges Gold, die anderen weiß wie Perlmutt.
Werden wir heute aufbrechen?, fragte Covalin nach einer Weile.
Der alte Drache brummte. Du hast es also auch gespürt. Ja, das Ende ist nah, und wir werden dorthin reisen, wo sich das Schicksal entscheidet – zum Guten oder zum Schlechten, für uns Drachen und für die Welten.
Werde ich Rolana wiedersehen? Covalin schlug aufgeregt mit den Flügeln.
Der Alte nickte. Ja, Rolana und ihre Gefährten, die ihr treu zur Seite stehen – aber auch Astorin!
Der kleine, weiße Drache fauchte und ließ einen Flammenstoß entweichen. Der soll ihr nicht zu nahe kommen! Ich werde ihn verbrennen!
Hüte dich vor dem Magier, Covalin! Bleib dicht an meiner Seite und halte dich an das, was ich dir sage! Und nun komm. Wir haben einen weiten Flug vor uns.
Covalin brummte nur und erhob sich hinter ihm in die Lüfte.
Entweder bemerkte der alte Drache nicht, dass Covalin ihm das Versprechen nicht gab, oder er wusste bereits, dass der kleine Drache sich nicht daran halten würde.
*
Rolana stand am Rand der Schlucht. Sie sah zurück zu dem höheren der beiden Vulkane, wo die Freunde ihr Versteck bezogen hatten, doch von hier aus konnte sie das Felsband mit der Höhle nicht sehen. Sie hatte das Gefühl, sie müsse ihren Freunden noch einen Abschiedsgruß zurufen, ehe sie die Brücke betrat. Und Cay...
Nein, an ihn durfte sie nun nicht denken. Sie hatte sich schon vor vielen Tagen entschieden. Jetzt war es für Zweifel zu spät. Nun musste sie sich in Somas Hände geben, denn nur eine Gottheit konnte sie führen. Rolana umschloss das Drachenamulett mit der Hand und begann zu beten. Sie spürte den warmen Strom, der prickelnd durch ihren Körper fuhr. Beherzt verließ sie den sicheren Steingrund und trat auf die Brücke. Noch würde nichts geschehen, erst in der Mitte, wenn kein noch so großer Sprung sie mehr retten konnte, würde es sich entscheiden. Sie wusste das, und dennoch ging sie ruhig weiter. Es war ihr, als würde sie mit jedem Schritt leichter werden, und vielleicht trug Soma sie tatsächlich auf seinen Schwingen über den Abgrund. Sie versuchte, nicht an Pierre zu denken, der hier in den Tod gestürzt war. Den Blick auf den Torbogen im Fels gerichtet, ging sie weiter, bis sie wieder festen Boden unter ihren Sohlen spürte. Rolana atmete tief durch. Was würde sie noch erwarten? Würde das Feuer sie verzehren? Sie begann, ihre Gebete laut zu sprechen, und versuchte, mit all ihren Gedanken bei Soma zu sein. Es durfte keinen Platz für Ängste und Zweifel in ihr geben. Sie schritt durch den Bogen, ohne dass etwas geschah.
Die Felsen zu beiden
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