Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
in tiefen Schlaf sank.
»Sollen wir das zulassen?«, fragte Rolana, als sie mit Cay zu der Kammer ging, in der die Gefangene lag. »Ich fürchte, er wird sie foltern und dann töten.«
Cay zuckte mit den Schultern. »Sie hat mehr als den Tod verdient. Es ist teuflisch, einen Menschen in so eine Lage zu bringen. Was sie Ferule angetan hat, war auch Folter. Ich finde, das sollen sie untereinander ausmachen. Uns geht das nichts mehr an.«
Rolana sah unglücklich drein. »Du hast sicher recht, wenn du sagst, dass sie ein böses Wesen ist und dass sie unmenschlich an Ferule gehandelt hat, und trotzdem kann ich keinen Menschen an jemanden ausliefern, der ihn quälen will.«
Cay blieb vor der geschlossenen Tür stehen und musterte Rolana mit einem seltsamen Blick in den blauen Augen.
»Was ist? Warum siehst du mich so an?«, fragte sie unsicher.
»Du bist die Kerzenflamme in der Dunkelheit und das einzige wärmende Feuer in der Winterkälte. Deshalb liebe ich dich so sehr. Und dennoch bist du zu weich und zu gut für diese Welt.« Rolanas Wangen waren rot angelaufen und sie wandte sich ab.
»Was willst du? Soll ich sie schnell und schmerzlos töten? Du kannst nicht wollen, dass ich sie freilasse!«
»Nein, freilassen dürfen wir sie nicht. Wer weiß, was für einen Schaden sie noch anrichten würde«, sagte Rolana und öffnete die Tür. Erschrocken blieb sie stehen. Cay drängte sich an ihr vorbei und eilte zu der Gestalt, die zusammengekrümmt auf dem Boden lag. Er stieß ihr leicht mit der Stiefelspitze in die Seite.
»So wie es aussieht, hat sich das Problem von selbst gelöst.«
Rolana überwand ihre Abscheu und kniete sich neben die Alte. Ihre Lippen waren schwärzlich verfärbt, das faltige Gesicht in einem letzten Aufschrei der Pein verzogen. Die Hände waren zu Fäusten geballt, die Reste der Fingernägel hatten sich in die Handflächen gekrallt.
»Sie hat es geschafft, sich selbst zu vergiften.« Cay bog ihr eine der Hände auf. »Meinst du, es war noch so viel Gift unter ihren Fingernägeln?«
Rolana erhob sich. »Ich weiß nicht, oder sie hatte eine andere Quelle an sich, die wir nicht bemerkt haben. Welch starkes Gift! Mir schaudert, wie leicht einer von uns bei dem Versuch, sie zu überwältigen, hätte sterben können!«
Cay wandte sich von der Toten ab. »Du hättest uns gerettet«, sagte er voller Zuversicht. »Es gibt nichts, was Soma dir abschlagen würde.«
Mit leichtem Schritt eilte er die Treppe hinunter, um den anderen vom Tod der Alten zu berichten. Rolana folgte ihm langsam nach.
»Wenn ich nur deine Zuversicht hätte«, murmelte sie traurig, »deine sprühende Lebenskraft und dein sonniges Gemüt. Die Götter haben dich gesegnet, Cay.«
11
Saranga und Vertos
Wie geht es dir heute?« Saranga trat, ohne anzuklopfen, in das Zimmer und zog die Vorhänge zurück. Sonnenlicht durchflutete den Raum und erhellte das breite Bett und den Mann, der dort unter einem dicken Federbett ruhte. Nun fuhr er auf und beschattete sich die Augen vor der Sonne.
»Willst du mich umbringen?«, schimpfte er gereizt. »Zieh die Vorhänge wieder zu. Das Licht ist unerträglich!«
Saranga durchquerte in ihren Reitstiefeln das Gemach und zog die Vorhänge so weit zu, dass das Bett wieder im Schatten lag.
»Dir scheint es besser zu gehen«, sagte sie ungerührt. »Du kannst schon wieder schimpfen und dich aufregen. Ich nehme das als gutes Zeichen.«
»Hm«, kam es nur vom Bett. Der Magier ließ sich in die Kissen zurücksinken.
»Möchtest du etwas essen? Vielleicht geht es heute.« Ihre Stimme war wie immer ohne Mitleid. Saranga war Kämpferin, noch dazu eine sehr gute. Sie wusste, dass Schwäche gegenüber Feinden und gegenüber Freunden gefährlicher war als die Klingen der Gegner, gegen die sie focht. Dennoch war es nicht ihre Art, einen Gefährten im Stich zu lassen, wenn es keinen dringenden Grund dazu gab. In den vergangenen Wochen allerdings hatte sie immer wieder erwogen, alleine weiterzureisen und Vertos hier zurückzulassen. Seine seltsame Krankheit dauerte schon zu lange an, und kein Priester oder normaler Heiltrank konnte ihm helfen.
Es hatte ein paar Tage später begonnen, nachdem sie in die Bibliothek von Wan Yleeres eingebrochen waren, um sich die Bücher und Schriftrollen zurückzuholen, die Querno ihnen gestohlen und an den Magier verkauft hatte. Zuerst dachte Saranga, Vertos hätte sich bei ihrem Bad im Meer eine Erkältung zugezogen, als er zu fiebern begann und sich nicht mehr aus
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