Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
Vom Netzwerk:
unsere Haut heller als die der anderen Myrdhaner - wir sind sogar heller als manche Haradonen.«
    Rahjel verschränkte die Arme. »Ich weiß nicht.«
    Alasar beobachtete ihn verärgert. Dass ausgerechnet Rahjel, sein engster Gefährte seit Kindertagen, zu denen gehörte, die seine Pläne mit Skepsis verfolgten, schnitt ihm ins Herz. Er wusste genau, dass Rahjel ihm nur ihrer Freundschaft wegen zur Seite stand. Rahjel hätte ebenso gut an die Oberfläche ziehen und wieder Felder bestellen können wie ihre Väter und Großväter zuvor; er würde zufrieden Steuern an die haradonischen Besatzer zahlen und als einfacher Bauer vor sich hin leben, nur um in irgendeinem Krieg von irgendwelchen Soldaten abgeschlachtet zu werden. So klug und verständnisvoll er auch sein mochte - Rahjel träumte nicht von großen Dingen. Er unterstützte Alasar in seinem Streben nach einer besseren Welt mit demselben sanften, gleichgültigen Lächeln, mit dem er ihm auch beim Bau eines Hühnerstalls geholfen hätte.
    »Wir müssen alles versuchen«, beharrte Alasar.
    Rahjel blickte auf, weil es wie eine Drohung geklungen hatte. Er erhob sich leicht aus seiner bequemen Haltung.
    »Die Zukunft der Höhlenkinder hängt davon ab, wie gut wir auf einen Krieg vorbereitet sind. Kein Opfer kann für unseren Sieg groß genug sein. Wir müssen alles geben. Und zwar jetzt. Bestimmt gehen schon Gerüchte über uns um; den Überfall auf die Drachenkolonne wird man dem myrdhanischen Heer zuschreiben, aber wie lange? Unser Versteck fliegt langsam auf, wie der Laubhaufen eines verdammten Igels im verdammten Sturm!«
    »Du hast recht.« Rahjel räusperte sich. »Und wann … willst du wieder losziehen?«
    »In zwei Tagen. Wir versuchen unser Glück wieder an der Waldstraße, die nach Logond führt, diesmal ein paar Meilen weiter westlich, näher an der Stadt. So kurz vor dem Ende ihrer langen Reise sind die Drachenfänger erschöpft und erwarten keine Überfälle mehr. Vielleicht haben wir ja Glück, und unter den Drachenfängern ist einer, der geeigneter ist als dieser störrische Kerl.«
    »Ich dachte, du hältst viel von ihm«, warf Rahjel ein.
    »Ich würde viel von ihm halten, wenn er endlich was täte!«, schnaubte Alasar. Doch er wusste im Grunde, dass sie den richtigen Fänger mitgenommen hatten. Er hatte beobachtet, wie der Junge im Kampf mit den Drachen umgegangen war, wie er ihnen sogar zugerufen hatte - die wilden Tiere waren ihm gefolgt und nachgestürmt wie zahme Pferde. An dem Können des Haradonen zweifelte Alasar nicht - er zweifelte nur an seinem Willen. Es war immer der Willen der Menschen, den man für sich gewinnen oder brechen musste.
    »Zwei Tage sind kurz …«, murmelte Rahjel. »Willst du ihm nicht ein wenig mehr Zeit geben? Ich habe einen Vorschlag: In zwei Tagen brechen wir auf und besorgen neue Drachen. Dann kommen wir frühestens eine Woche später zurück und warten ab, wie der Haradone sich entschieden hat. Wenn er uns dann noch immer nicht helfen will, dann - erst dann holen wir uns einen neuen Drachenfänger aus Logond. Und ich begleite dich. Bis in die Stadt und ihre Kerker, wenn es sein muss.«
    Alasar lächelte ein wenig. »Du schaffst es immer wieder, dass ich vor lauter Geduld die größten Abenteuer versäume. Magaura wird dir bestimmt dankbar sein.«
    Revyns Kopf wurde in kaltes Wasser getaucht. Er hustete, japste nach Luft und versuchte, sich hochzuziehen. Dann wurde ihm erst bewusst, dass er in einer Wanne saß. Voller Wasser.
    Gierig warf er sich Hände voll davon in den Mund, schluckte, keuchte und trank noch mehr. Lange Zeit tat er nichts anderes, als existiere die Welt jenseits der Holzwanne nicht. Er trank, bis ihm übel wurde. Mit einem würgenden Husten erbrach er einen Schwall Wasser. In seinem Kopf drehte sich alles und er fühlte sich, als sei er in einem vertrauten, elenden Traum gelandet.
    Nun, da er sich mit beiden Armen an den Rand der Wanne klammerte, entdeckte er Alasar. Ein wölfischer Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Interessiert und zugleich verächtlich beobachtete er Revyn.
    »Wie geht es dir? Ich dachte, du würdest dich gerne waschen. Willst du aus dem Wasser? Du zitterst ja schon. - Gebt ihm trockene Kleider«, befahl er den beiden jungen Männern, die Revyn in die Wanne getragen hatten.
    Sie hoben Revyn hoch. Er widersetzte sich nicht. Als er vor Alasar stand, bibbernd und triefend vor Nässe, nahm der Führer der Höhlenkinder den Fellumhang ab und zog das Wams aus. Einer der beiden Männer

Weitere Kostenlose Bücher