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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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musste, waren ihm in den Blick gebrannt.
    Sie stiegen eine Treppe hinab und erreichten eine Grotte mit vielen kleinen Seen und Wasserbottichen, die Rinnsale von der Decke auffingen. Alasar öffnete seinen Schwertgürtel und ließ ihn vor einem großen Bottich zu Boden gleiten. Mit beiden Händen schöpfte er Wasser und wusch sich Gesicht und Nacken.
    Andere Krieger waren direkt in einen See hineingelaufen und sanken erschöpft ins seichte Wasser. Eine Weile beobachtete Magaura die Männer. Tivam hatte sich vor einen Wassereimer gekniet und wischte sich langsam und gedankenverloren das getrocknete Blut vom Arm. Rahjel saß auf einem Felsbrocken und erwiderte Magauras Blick.
    »Wie viele Drachen habt ihr mitgebracht?«, fragte sie Alasar.
    Er stützte sich auf den Bottich. »Dreißig oder ein paar mehr.«
    »Dreißig«, wiederholte Magaura mit leiser, bebender Stimme. »Für jeden Drachen haben wir mindestens ein Höhlenkind verloren.«
    Alasar drehte sich zu ihr um. Wasser rann ihm vom Kinn den Hals hinab. »Ich habe Krieger verloren. Der Tausch ist bitter, aber gerecht.«
    Magaura biss die Zähne zusammen. »War es ein Hinterhalt? Haben die Haradonen euch überrascht?«
    »Es war eine offene Schlacht. Wir wussten, wie viele Gegner uns erwarteten.«
    Magaura starrte auf ihre Füße. »Also habt ihr gewusst, dass mehrere mit dem Leben bezahlen würden.« Schweigend wischte Alasar sich das Gesicht am Ärmel ab und strich sich die Haare zurück.
    »Es gefällt mir nicht«, sagte sie leise.
    Sein Blick fiel auf das Schmuckstück an Magauras Handgelenk.
    »Der Armreif vom Drachenfänger scheint dir aber sehr gut zu gefallen. Wenn ich mich hier verstecken würde wie du, wo hätte ich dann wohl die schönen Geschenke für dich her? Hm?«
    »Alasar?« Tivam trat zu ihnen. Magaura besah ihn von oben bis unten. Er wirkte um Jahre älter. Alle Kindlichkeit war aus seinem blassen Gesicht gewichen.
    »Wollen wir zum Haradonen gehen? Wenn er sich jetzt nicht um die verletzten Drachen kümmert, verlieren wir vielleicht welche.«
    »Gute Idee, Tivam«, sagte Alasar, doch er sah dabei Magaura an.
    »Geh vorher zu deiner Mutter, damit sie sich keine Sorgen macht.«
    Tivam nickte und ging.
    Alasar nahm sein Schwert und seinen Umhang und machte sich auf den Weg zu den Kochräumen, wo bereits das Essen für die heimgekehrten Krieger vorbereitet wurde.
    Magaura lief neben ihm her. »Wir haben so viel riskiert, so viel geopfert für diese verfluchten Drachen, und alles -«
    Alasar blieb stehen und drehte sich zu ihr um. »Alles, was wir getan haben, war für unseren Kampf! Alles, was wir in zehn Jahren ertragen und geschaffen haben, war für das hier!«
    »Uns fehlt es doch an nichts, wieso willst du …«
    Alasar verzog das Gesicht und ging weiter. »Hör auf. Du klingst schon wie Rahjel.«
    »Es stimmt doch. Was du da planst, ist … ist Irrsinn. Wieso willst du dich in die Welt der Erwachsenen einmischen, unsere Heimat ist hier.«
    »Was du sagst, ist Verrat«, erwiderte Alasar nüchtern. »Und falls du diese dummen Gedanken nicht schnell loswirst, kannst du meinetwegen alleine in den Höhlen bleiben, wenn die Zeit von uns anderen gekommen ist.« Magaura blieb gekränkt stehen. Alasar blickte zu ihr zurück, als er ihre Schritte nicht mehr hinter sich hörte. Sie dort stehen zu sehen, mit beleidigter, verschlossener Miene, verärgerte ihn. Er spürte, wie sich seine Wut zu etwas Festem, Schwerem ballte.
    »Geh spielen oder kümmer dich um die Verletzten. Mach irgendwas, aber geh mir nicht auf den Geist.«
     
    Rahjel schauderte. Er wollte nicht hinsehen, doch er konnte die Augen auch nicht von den Drachen abwenden: Manche lagen wie leblos in den Karren und im Schein der Fackeln glänzten dunkle Krusten in ihrem Fell. Andere Drachen stießen dumpfe, schwere Zorneslaute aus und stießen immer wieder mit den Hörnern gegen die Gitterstäbe. Und ein paar standen einfach nur da, mit lichtlosen Augen, als wäre das Leben in ihnen erloschen. Rahjel blickte zur anderen Seite. Wie viele Drachen es doch waren! Bei ihrem zweiten Beutezug hatten sie dreißig Tiere erobert, insgesamt besaßen sie schon fast sechzig. Das war eine unglaubliche Zahl. Aber Alasar hatte noch größere Ziele.
    Die Höhlenkinder hatten schon versucht, sich den Tieren zu nähern und ihre Wunden zu verarzten, doch bis jetzt war es keinem von ihnen gelungen. Es wusste ja niemand, wie man mit einem Drachen umzugehen hatte. Allein der Drachenfänger konnte ihnen

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