Das Drachentor
scheut wohl keine Opfer, was?«
»Das Leben kostet immer Opfer.«
Wieder musterte der König ihn. Dann wandte er sich den Männern am Tisch zu und wies auf Alasar. »Da - da seht ihn euch an! Kommt wie ein Racheengel vom Himmel geflogen!« Sein Blick glitt zu Alasar zurück. »Männer wie dich sollte es öfter geben, jawohl! Aber dreihundertzwanzig Drachen reichen trotzdem nicht aus, um Haradon zu besiegen.«
»Daran zweifle ich nicht. Fünf Kilometer weiter östlich sind dreißig Wagenladungen voll Salz versteckt. Ich denke, wir könnten Söldner anwerben - elfische Söldner von den Inseln. Was wir brauchen, sind einfach nur mehr Männer, egal wie sie kämpfen. Wir brauchen genug Männer, um uns einen Weg aus Isdad zu bahnen, und wenn wir die Haradonen unter Leichen begraben müssen.«
Verblüfft starrten die Männer Alasar an.
Langsam stemmte König Morgwyn beide Fäuste auf den Tisch. »Ich frage mich, was du dir von alldem erhoffst, mein Freund. Was verlangst du für deine großzügige Hilfe? Oder reicht dir die Ehre, deinem Vaterland zu dienen?« Lächelnd sah der König ihn an.
»Ich will für Euch kämpfen und notfalls sterben wie ein Sohn, mein König. Ich will, dass Ihr mich zu Eurem Thronfolger macht.«
Die Wolken lichteten sich über Isdad. Am nächtlichen Himmel gingen Sterne auf, kalt und fern. Längst war Ruhe über den Dächern der Stadt eingekehrt und der König von Myrdhan hatte den Höhlenkindern und ihren kostbaren Drachen Unterkunft in seiner Festung gewährt.
In der Thronhalle wurden die Fackeln für die Nacht angezündet. Dann befahl der König den Dienern und Wachen, den Saal zu verlassen. Mit sorgenvoller Miene stützte er sich auf die Tafel, an der seine neun engsten Berater und Generäle versammelt waren, und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Und? Was haltet ihr von dem Burschen?«
»Nun«, begann ein glatzköpfiger Berater, »ich kann nicht sagen, wer er ist und woher er kommt. Aber er scheint wie ein Wunder, das wir, wohlgemerkt, bitter nötig hatten. Es ist fast zu märchenhaft, um wahr zu sein.«
»Märchenhaft, mein guter Bukleos?«, grollte der König. »Märchenhaft findest du, dass dieser Alasar den Thron beansprucht? Hast du vergessen, dass mein Neffe Myrikan König werden soll! Soll ich einfach eine fremde Bauernbrut vor die königliche Familie stellen?« Die Berater schwiegen betroffen.
»Aber Myrikan ist im Exil auf der Insel Karilla«, gab ein General zu bedenken. »Und dieser Alasar ist hier. Er bringt uns Salz und eine Drachengarde, die es mit der Drachengarde von Logond aufnehmen könnte. Wenn Ihr, mein König, ihn nicht zum Nachfolger erwählt - und diese Entscheidung befürworte ich absolut -, müssen wir uns dennoch seine Unterstützung sichern. Mit dreihundert Drachen haben wir eine Chance, den Belagerungsring der Haradonen zu durchbrechen und Verbündete zu sammeln. Seht, welche Verheerung er innerhalb eines Tages unter den Haradonen anrichten konnte! In weniger als zwei Wochen sind wir bereit für einen Angriff auf die Grenzen!« Nachdenklich schob König Morgwyn die Unterlippe vor. Sein General hatte recht - sie brauchten Alasars Drachen und nichts führte um eine Schlacht gegen Haradon herum. Alle Friedensangebote waren längst abgelehnt worden.
»Dieser verdammte König Helrodir von Haradon«, murmelte Morgwyn. »Er will uns vernichten! Er will unser Land, unsere Stadt! Lieber vererbe ich meinen Thron einem Mistkäfer, bevor ich Helrodir siegen sehe.« Er schob die Unterlippe vor. »Dieser Alasar … irgendwas stimmt nicht mit dem Burschen. Habt ihr das gehört, er sprach davon, elfische Söldner von den Inseln anzuwerben. Er weiß nicht, dass die Elfen von den Inseln längst ausgerottet sind! Wie lange ist das her, dass es dort Elfen gab? Sieben, acht Jahre? Wie kann man das nicht wissen? Und wie seine Krieger die Haradonen angegriffen haben, völlig planlos, als wollten sie dem Tod in die Arme rennen … Habt ihr die Krieger gesehen? Halbe Kinder, Mädchen! Dieser Alasar hat keine Ahnung von militärischer Taktik und von politischer Diplomatie offenbar auch nicht.« Er drehte sich um und blickte zur Thronempore. Die Lichter der Fackeln spiegelten sich auf den glatten Steinstufen und den vergoldeten Armlehnen des Throns.
»Der Thron meiner Ahnen. Die größten Männer Myrdhans saßen auf diesem Thron …« Er strich sich über den beleibten Bauch und stieg die Stufen hinauf. »Dieser Alasar will sich meine Krone mit Salz und Drachen
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