Das Drachentor
und Revyn sich noch einmal umdrehte, glaubte er den König der Elfen durch das Dorf schreiten zu sehen. Aber vielleicht war es auch ein anderer Elf.
Sie mussten nur ein paar Schritte durch den Wald gehen und die Nebel öffneten sich: Milchweiße Schwaden stiegen aus der Erde, verschluckten die Welt und fielen wieder wie Vorhänge. Mit einem Mal umgaben sie die hohen Bäume und das Dickicht der Nebelwelt.
Revyn blieb stehen und konnte eine Weile nur um sich blicken, so lange war er nicht mehr hier gewesen. Der Duft von Holz und Baumharz, feuchter Erde und grünen Blättern kam ihm intensiver vor denn je, so als kehre er nach Jahren des Tagträumens wieder in die Realität zurück. »Wir müssen sofort die Nimorga finden. Und Palagrin - hoffentlich geht es ihm gut!«
»Sie sind bestimmt schon auf dem Weg zu uns. Komm. Der San Yagura Mi Dâl ist nicht fern.« Yelanah führte ihn durch das Unterholz. Saftige Bom wuchsen an den Sträuchern und Revyn und Yelanah aßen - mit jedem Bissen meinte Revyn weiter in die Welt zurückzufinden, in der er zu Hause war.
Bald lichteten sich die Bäume und der San Yagura Mi Dâl erschien vor ihnen. Glatt und ruhig wie ein gemaltes Bild lag er da, allein die Spiegelung der Wolken brachte Bewegung auf seine Oberfläche. Das Schilf seufzte und raunte im sachten Wind.
Es dauerte nicht lange, da traten die Drachen aus den Schatten des Waldes. Yelanah schloss jeden von ihnen in die Arme und legte das Gesicht ans weiche Fell. Palagrin entdeckte Revyn und stupste ihn mit einem leisen Schnauben an. Er umarmte ihn fest und strich über seinen Hals. Wie hatte er ihn vermisst!
Als sie sich alle begrüßt hatten, ließen sie sich im Gras nieder. Immer wieder schlang Yelanah ihre Arme um die Drachen und tauschte Zärtlichkeiten aus und Revyn hörte gerührt ihren Gedanken zu.
Die beiden berichteten, was ihnen widerfahren war, und auch die Drachen erzählten Bild für Bild, Geräusch für Geräusch von dem, was sie erlebt hatten. Je länger Revyn ihnen zuhörte, umso niedergeschlagener fühlte er sich. Fast alle Drachen waren gefangen worden. Der Ruf der Unwirklichkeit war heftiger und stärker geworden - deshalb waren viele Stämme aus der Nebelwelt geflohen und von den Menschen überfallen worden. Nur die Nimorga waren bis auf kurze Unterbrechungen in der Nebelwelt geblieben. Dafür hatten auch sie Verluste erlitten; drei Brüder und Schwestern waren dem Ruf der Unwirklichkeit gefolgt.
Allmählich schwand das Tageslicht. Frösche begannen, im Schilf zu quaken, und das Zirpen der Grillen wurde lauter. Die Drachen wollten jagen gehen, doch Yelanah war erschöpft und verabschiedete sich, um zum Ring der Eichen zu gehen. Revyn begleitete sie.
Der Abend dämmerte, als sie den Sumpf erreichten. Wilde Orchideen verströmten einen süßen, schläfrig machenden Duft und alles schien wie erfüllt von einem spätsommerlichen Fieber.
Der Ring der Eichen war genau so, wie sie ihn damals verlassen hatten: Die Körbe, die Moosfelle, die Waffen, die Werkzeuge, sie wirkten wie in einen tiefen Schlummer versunken, aus dem nur Yelanah sie wecken konnte.
Revyn machte ein Feuer, während Yelanah sich auf den weichen Fellen niederließ. Sie rösteten sich Celgonnwa und aßen dazu kleine, knusprige Kerne. Die Flammen des Feuers schrumpften. Yelanah rollte sich in ihrem Fell ein und beobachtete Revyn.
»Ich spüre den Ruf der Unwirklichkeit selbst jetzt«, flüsterte sie. Schmerz und Trauer lagen in ihrem Blick, und Revyn wurde klar, wie viel sie davon sonst verbarg. »Er zieht uns alle fort. Ich will nicht den Verstand verlieren.«
Revyn rutschte neben sie. »Wir müssen die Nebelwelt sowieso wieder verlassen. Wegen der Drachen in Myrdhan - sie warten doch auf unsere Hilfe.«
Yelanah sah ihn lange an. Ihre Augen hatten ihren tiefroten Schimmer verloren und wirkten dunkel, fast schwarz. »Ohne dich wäre ich verloren, Revyn.«
Ein schmerzlich süßes Empfinden durchdrang ihn. Was sagte sie denn nur - sie konnte doch gar nicht verloren sein, sie war stark, sie war es schon vor ihm gewesen -, er war derjenige, der ohne sie wie ein Schatten durchs Leben schlich! Er lächelte verzweifelt. Dann nahm er seinen Mut zusammen und beugte sich über sie. Der Schein der Flammen tanzte in ihrem Blick. Ihr Atem strich über seine Wangen und er fühlte sich ganz und gar von ihr umfangen. Mit zitternden Lippen erwiderte sie seinen Kuss.
Es kam genau so, wie König Morgwyn es gewollt hatte.
Sie griffen in den frühen
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