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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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war er doch in den verfluchten Höhlen! Er hasste sie, hasste die Finsternis, die er sonst immer gemocht hatte, er hasste die ganze Welt, und er hasste sein Leben.
    Dann ballte er die Fäuste. Er biss die Zähne so fest zusammen, dass die Kieferknochen hervortraten, und fühlte sich heiß und fiebrig. Wenn er das hier überstand, dann wollte er nie wieder hilflos sein. Niemals!
    In anderen Nächten verirrten sich die Wölfe der Steppe auf der Suche nach Wärme zu ihnen in die Höhlen. Alasar hörte ihr Winseln und Jaulen und ihre Krallen, die irgendwo in der Dunkelheit über die Steine schabten, wenn er neben Magaura in seinem Schlaflager kauerte. Am nächsten Morgen suchte er mit einem Speer und einem Schwert bewaffnet nach den Wölfen der vergangenen Nacht, fest entschlossen, ein neues Fell für Magaura zu beschaffen, aber von den Tieren blieb nie eine Spur.
    Bald hörte Alasar nicht mehr nur Wölfe. Er glaubte die dröhnenden Schritte der Drachen zu vernehmen, die viele Meter über ihm durch den Schnee preschten. Der Boden begann in seiner Vorstellung zu erzittern, als zögen ganze Armeen über sie hinweg … Die Haradonen waren überall, sagte er sich; sie wimmelten zwischen den Hügeln oben umher wie Mückenlarven in einem Teich. Nun hielten hünenhafte Krieger mit Streitäxten Alasar nachts wach. Er meinte das Klirren ihrer Rüstungen in den Grotten widerhallen zu hören, bis er vor Angst zu zittern begann und der Schlafmangel seine Augen klein und glasig werden ließ.
    Eines Abends machte er sich auf, die Krieger zu suchen und zu töten, die dort mit den Wölfen durch die Höhlengänge schlichen. Er drückte seinen Speer fest an die Brust, als er plötzlich eine Stimme hinter sich hörte. Erschrocken fuhr er herum und entdeckte Igola. »Junge, was ist los mit dir? Hast du Fieber?«, fragte sie und berührte seine Stirn. Er wich zurück, ließ dann aber doch zu, dass sich die warme, schwielige Hand auf sein Gesicht legte. Müde senkte er seinen Speer.
    »Nein, du hast kein Fieber«, sagte Igola. »Aber Angst, nicht wahr? Habe keine Angst, Alasar. Man braucht keine Angst haben, niemals. Nur Hoffnung.« Igola schloss ihn in die Arme, wiegte ihn langsam und summte ein Lied. Alasar wehrte sich nicht gegen diese ungewohnte Zärtlichkeit, er verkroch sich in Igolas Umarmung, bis ihm Tränen in die Augen stiegen und er ruhig wie ein kleines Kind in ihren Armen einschlief.
    Von da an verwarf Alasar die Idee, auf Wolfs- und Kriegersuche zu gehen, und er schlief die kalten Nächte durch, obwohl er niemandem - auch nicht Rahjel - je von dem Abend erzählte, als Igola ihm eine Mutter gewesen war.

Prophezeiungen
    Die Nacht war genau richtig. Die Winterkälte war längst verflogen, der Frost kroch nur noch selten in den frühen Morgenstunden über die Felsen. Und es war kein Vollmond. Das war wichtig. Das weite Land lag in weicher, tiefer Schwärze.
    König Octaris schlief ruhig auf dem Balkon, ohne die schlechten Träume, die ihn sonst so oft heimsuchten. So hatte Ardhes ein wenig Zeit für sich.
    Natürlich, es war lächerlich. Und sie schämte sich ein bisschen, dass sie ihre Zeit und Kraft für etwas so Unsinniges verschwendete. Und doch … diese Augenblicke waren es, die ihr in der Brust kitzelten wie Schmetterlingsflügel und ihr ein kleines Lächeln auf das Gesicht malten. Sie nahm die flache Wasserschale vom Boden auf und stellte sie vor das Kaminfeuer. Die schläfrigen Flammen spiegelten sich im Wasser und tauchten ihr Gesicht in einen roten Schimmer.
    Sie murmelte Beschwörungen und zeichnete die notwendigen Runen in die Asche. Dann beugte sie sich über die Wasserschale und starrte hinein. Eine Weile sah sie nur ihr eigenes Gesicht. Es war über den Winter erwachsener geworden. Ernster. Es war beinahe schon das Gesicht einer Frau, dachte sie bei sich, obwohl sie erst elf geworden war. Einen Augenblick betrachtete sie sich selbst und überlegte, ob sie schön war. Ob es einmal jemanden geben würde, der sie liebte …
    Dreimal sprach sie ihren Namen aus. Sein Klang war Teil der Beschwörung. »Zeigt ihn mir«, flüsterte sie schließlich mit einem leichten Herzsprung. »Zeigt ihn mir, den zu lieben ich bestimmt bin. Zeigt mir den Mann, den mein Schicksal mir erwählt hat.«
    Ein paar schrecklich lange Sekunden geschah nichts, und Ardhes fürchtete schon, ihr Zauber hätte nicht funktioniert. Doch dann kräuselte sich die Oberfläche in der schwarzen Schale, als schlage ein unsichtbarer Atem dagegen. Ihr Gesicht

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