Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
auf die Frühstückstheke. »Der letzte Psychologe des Partycrasher-Teams hat sämtliche Aufzeichnungen vernichtet und sich dann die Kugel gegeben.«
»Sämtliche Unterlagen?« Henry zog eine Braue hoch. »Wie hat er –«
»Den Server hat er auch manipuliert: Die Vernehmungsprotokolle, Beurteilungen und Profile von neun Jahren, alles futsch. Es ist nichts mehr da.«
Ein Nicken. Henry öffnete die Tür eines Oberschranks und nahm eine neue Flasche Whisky heraus. Famous Grouse diesmal. »Dann können Sie sich ja glücklich schätzen, Dr. McDonald – Sie dürfen ganz von vorne anfangen. Unbelastet von den Ideen irgendwelcher nutzloser alter Säcke wie mir.« Er drehte den Schraubverschluss ab und warf ihn über seine Schulter. »Sie trinken ja Ihren Kaffee gar nicht.«
Alter Kindskopf. »Ist es wegen Denis Chakrabarti?«
»Ich mache kein Profiling mehr. Ich bin im Ruhestand.« Henry deutete auf das Abtropfbrett, wo ein halbes Dutzend Kristallgläser auf dem gewellten Edelstahl aufgereiht waren. »Reich mir doch mal eins von denen, ja?«
Ich stellte drei Gläser auf die Frühstückstheke. »Das mit Denis Chakrabarti war nicht deine Schuld.«
»Doch, das war es. Du weißt es, ich weiß es, und die sechs kleinen Jungen, die er vergewaltigt und zerstückelt hat, wissen es auch. Und Philip Skinners Witwe weiß es auch.« Henry ließ in jedes der drei Gläser einen kräftigen Schluck gluckern und hob dann eines hoch. »Auf den Neuanfang. Möge Dr. McDonald nicht die gleichen Fehler machen, die ich gemacht habe.«
Sie starrte das Glas an, das vor ihr stand. »Es ist noch nicht mal acht Uhr, ich meine, es ist ein sehr freundliches Angebot, aber ich weiß nicht, ob ich –«
»Wenn Sie wirklich in den Kopf der Bestie kriechen wollen, sollten Sie gut gewappnet sein, finden Sie nicht?« Ein Lächeln zerrte an seinen Wangen; das Glas zitterte in seiner Hand.
Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, die sich unter der Jacke hart und knubbelig anfühlte. Nur Knochen und Whisky in einem Beerdigungsanzug. »Also … warum sprichst du nicht mit Dr. McDonald darüber, hm? Leih ihr einfach dein Ohr. Du musst dafür gar nichts tun .«
»Ich weiß nicht –«
»Wir brauchen deine Hilfe , Henry. Wenn du dir immer noch Vorwürfe machst wegen Chakrabarti, dann ist das hier vielleicht deine Chance, dich zu rehabilitieren.«
»Er will uns nicht helfen, er will nichts mit dem Fall zu tun haben, was soll ich denn machen, ich meine, ich kann ihn doch nicht –«
»Reden Sie mit ihm. Versuchen Sie’s noch mal mit diesem unheimlichen Trick, mit dem Sie die Leute von der Fähre rumgekriegt haben, was immer das war.« Draußen, hinter dem eingeschlagenen Wohnzimmerfenster, glitzerte der Hafen von Scalloway im Sonnenlicht – ein knallroter Fischtrawler tuckerte hinaus aufs Meer, verfolgt von einer wirbelnden Wolke aus Möwen. »Hören Sie, wir haben keine Zeit, hier ewig rumzutun, okay? Flirten Sie mit ihm, schmeicheln Sie ihm, blenden Sie ihn mit Ihrer Genialität, ist mir alles egal – aber bringen Sie ihn dazu, uns zu helfen.«
»Aber er will nicht –«
»Sie waren Jahrgangsbeste, schon vergessen?« Ich zog meine Jacke an. »Ich bin in ein, zwei Stunden zurück.«
Sie zog eine Schnute und ließ ihre gestreiften Arme schlaff herabhängen. »Aber, Ash –«
»Herrgott noch mal, Sie sind ja schlimmer als Katie, und die ist zwölf !« Ich packte Dr. McDonalds Schultern und drehte sie um, sodass sie mit dem Gesicht zur Küche stand. Und gab ihr einen Schubs. »Na los.«
Sie schlurfte mit ihren Hi-Tops über den Teppich.
Nachdem sie die Tür hinter sich zugemacht hatte, ging ich nach draußen. Royce wartete bei laufendem Motor im Streifenwagen. Ich quetschte mich auf den Beifahrersitz – hier drin war es immerhin schön warm. »Erzählen Sie mir von Arnold Burges.«
Der Constable spitzte die Lippen, beugte sich vor und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ist vor vier Jahren aus London hergekommen, und seitdem schikaniert er Dr. Forrester. Wir haben ihn schon … ach, was weiß ich, an die zwanzig-, dreißigmal drangekriegt, wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und Zerstörung von Privateigentum. Aber der Doc will nie Anzeige erstatten. Blöd, was? Ich glaube, er tut ihm irgendwie leid, wissen Sie, wegen dem, was mit seiner Tochter passiert ist.«
Ich schnallte mich an. »Fahren Sie los.«
18
»… und das Mal davor ist er mit einem Vorschlaghammer auf den Grabstein von Dr. Forresters Frau losgegangen. Hat ihn kurz
Weitere Kostenlose Bücher