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Das dritte Ohr

Das dritte Ohr

Titel: Das dritte Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curt Siodmak
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ja dabei beobachtet. Gut, was? Ich hab’ Ihrem Mädchen einen Heidenschreck eingejagt.“
    Sie kicherte und schlug Astrid auf den Schenkel. „Ich verkaufe nichts, was ich nicht habe. Ich kann nicht die Zukunft voraussagen. Ich kann nur Gedanken lesen.“
    „Sie können sich auch nach Belieben in Trance versetzen“, sagte ich hastig, „und in Trance produzieren Sie vielleicht gewisse Chemikalien, die ihr Körper absondert. Die möchte ich untersuchen.“
    „Meine Pisse?“ kicherte sie. „Die können Sie billig haben. Auf der Stelle.“ Dann starrte sie mich an, als ängstigte sie eine Vorstellung. „Oder mein Blut? Ich will mir auf keinen Fall von Ihnen oder irgendeinem anderen Blut abzapfen lassen. Einmal hat mir ein Arzt Blut abgezapft. Er stach und bohrte, bis sich die Nadel krümmte, ohne daß er eine Vene finden konnte! Das lasse ich mir nicht nochmal gefallen!“
    „Ich werde nur Ihren Pulsschlag, Ihren Blutdruck und Ihren Stoffwechsel testen“, sagte ich. Das beruhigte sie. „Wir haben hier einen Raum, in dem es stockfinster ist. Ich möchte, daß Sie eine Zeitlang darin bleiben und sich möglichst in Trance versetzen. Das ist alles.“
    „Wir haben einen Handel abgeschlossen“, sagte sie aus Angst, daß ihre Aufgabe zu leicht war, um den von ihr geforderten Preis zu erhalten. „Wenn Sie wollen, daß ich mich in Trance versetze, liefere ich Ihnen eine, die sich gewaschen hat, aber dann krieg’ ich auch mein Geld!“
    „Als Gedankenleserin sollten Sie das wissen!“ sagte ich, und sie lachte. „Ich habe Sie ungefähr drei Stunden nötig.“
    „Na schön, dann schaffe ich noch immer die Reeperbahn.“ Ich nickte Magnussen zu, und er ging uns zur Isolierzelle voran. Zu meiner großen Überraschung warteten dort Wilhelm und Nemeth auf mich.
    Nur Astrid hatte gewußt, daß ich die Isolierzelle benutzen wollte.
    Ich führte Madame Dolores in die Isolierzelle. Wilhelm war ein eifriger Mitarbeiter; ich glaubte nicht, daß er irgend etwas mit dem gestohlenen Tonband zu tun hatte. Er war nicht verschlagen genug, um irgend jemand zu täuschen.
    Nemeth jedoch war für mich eine gänzlich unbekannte Größe. Sein mongolisches Gesicht mit den breiten, flachen Backenknochen und den tiefliegenden Augen war völlig ausdruckslos. Sein Lächeln beschränkte sich nur auf den Mund, der sich lippenlos in die Breite zog und blendend weiße, aber schiefe Zähne enthüllte. Sonst blieben seine Züge unbewegt. Ich wollte ihn während des Versuchs nicht neben mir haben. Magnussen brachte einen Zwergpudel.
    Die alte Frau betrachtete die Isolierzelle ängstlich. „Sie wollen mich hier drin einsperren?“ fragte sie, während ich sie auf dem Stuhl zurücklehnte und die Gurte um ihre umfangreiche Mitte schnallte, damit sie nicht herunterrutschen konnte. Ich überredete sie dazu, sich von mir den Polygraphen an Arme, Beine und Brust anschließen zu lassen. Während ich ihr den Elektrodenhelm auf den Kopf stülpte, um ihr Enzephalogramm und ihre Augenbewegung aufzeichnen zu können, sprach ich unentwegt mit ihr, um ihr die Befangenheit zu nehmen. Ich wies sie auch auf den Panikknopf hin, falls die Furcht vor der Isolierung in völliger Finsternis und Stille ihr zu mächtig werden sollte. Auf die Fernsehlinse über der Tür zeigend, sagte ich ihr, daß wir sie in der Dunkelheit beobachten könnten.
    Statt sie zu beruhigen, erhöhte das Phänomen, daß wir sie im Dunkeln zu sehen vermochten, ihre Angst. Als ich ihr die Gesichtsmaske aufsetzen wollte, brach das Entsetzen durch die dünne Schicht ihrer vorgetäuschten Tapferkeit.
    „Sie wollen mich ersticken!“ Sie keuchte. „Woher soll ich wissen, daß Sie kein Giftgas in dieses Ding blasen werden?“
    „Nur frische Luft“, versuchte ich sie zu beschwichtigen. „Sehen Sie, es ist nur ein Plastikschlauch, in den Sie ausatmen. Ihr Atem strömt durch diesen Schlauch in diese chemischen Apparaturen. Das gibt uns Auskünfte über Ihren Stoffwechsel.“
    „Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, jammerte sie und ihre Augen flackerten hilfesuchend von Wilhelm zu Astrid und Nemeth.
    „Glauben Sie mir, es ist gar nichts dabei.“ Nemeth kam mir zu Hilfe. „Es tut Ihnen überhaupt nicht weh!“
    Er brannte darauf, daß ich diesen Test machte. Auch ich brannte darauf – allerdings ohne ihn!
    „Das Hündchen und Dr. Nemeth werden bei Ihnen bleiben“, sagte ich. „Das Hündchen wird auf Ihrem Schoß sitzen und Dr. Nemeth Ihre Hand halten.“
    „Prima!“ rief sie und sah ihn

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