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Das dritte Ohr

Das dritte Ohr

Titel: Das dritte Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curt Siodmak
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schlechteren!“ Wir mußten beide lachen.
    „Möchten Sie heute die Isolierzelle benutzen?“ fragte er dienstbeflissen, um anzudeuten, daß er sich als mein Assistent betrachtete.
    „Ich warte auf Madame Dolores.“
    „Wen?“ Der Name machte ihn stutzig.
    „Eine Wahrsagerin von der Reeperbahn, die fähig ist, sich selbst in Trance zu versetzen. Ich möchte feststellen, ob es biochemische und physiologische Ähnlichkeiten zwischen Trance und dem RAB-Schlaf gibt, und die quantitativen Veränderungen messen. Ich möchte ihre Kohlendioxydproduktion beobachten. Dazu benötige ich eine Gesichtsmaske und einige Schläuche.“
    Ich mußte feststellen, ob das Medium im Trancezustand irgendeine flüchtige Verbindung absonderte, die bei Tieren jenes seltsame Verhalten hervorrief, dessen Augenzeuge ich sowohl bei den Experimenten mit Kalyanamitra als auch in der Wohnung der Zigeunerin gewesen war. Ich wollte das Kohlendioxyd aus dem Atem des Mediums in Bariumchlorid auffangen, vielleicht sogar eine gravimetrische Analyse machen. Was ich jedoch eigentlich zu finden hoffte – die ätherische, unbekannte Verbindung, die ESP begleitete –, ließ sich vielleicht durch Zwischenschaltung einiger Aktivkohle-Silicagelfilter vor dem Bariumchloridbubbler auffangen.
    Während ich mir schon die chemischen Prozesse überlegte, sagte Magnussen: „Wir haben Gesichtsmasken und Schläuche. Wir könnten auch, wenn Sie wollen, den Sauerstoffverbrauch beobachten. Erwarten Sie eine Veränderung der Respirationsrate?“
    „Nein, aber möglicherweise des Grundumsatzes. Außerdem benötige ich eine Katze oder einen Hund.“
    „Eine Katze oder einen Hund?“ wiederholte Magnussen verblüfft. „Wollen Sie Tierversuche machen?“
    „Besorgen Sie mir nur eine Katze oder einen Hund aus dem Labor“, sagte ich schroff.
    Ich benötigte einen Indikator, um zu sehen, ob ich die flüchtige Verbindung ganz oder teilweise einfing, die wie ich glaubte, während der Trance produziert wurde. Wenn das Tier nicht wie Madame Dolores’ Kater reagierte, funktionierten meine chemischen Filter aller Wahrscheinlichkeit nach richtig.
    „Ich glaube, ich kann Ihnen einen Hund beschaffen“, sagte Magnussen und trat ans Fenster; er fragte sich wohl vergeblich, was ich wirklich vorhatte.
    „Da ist Ihre Madame Dolores!“ sagte er.
    Der Volvo war vorgefahren, und ich sah Astrid aussteigen, gefolgt von der alten Hexe, die mit bunten Glasperlenketten, goldenen Ringen und Armreifen behangen war. Sie sprang aus dem Wagen und folgte Astrid in das Gebäude.
    Einige Minuten später kamen beide in mein Büro. Madame Dolores’ Gesicht war stark geschminkt und glich bis auf ihre lebhaften, hypnotischen Augen einer Maske.
    „Ich habe sie aus dem Bett geholt“, sagte Astrid heiter und legte den Arm um die Schulter der alten Frau. „Sie hätte bis Sonnenuntergang geschlafen. Sie hat mir gestanden, daß sie die Sonne seit sechzehn Jahren nicht mehr gesehen hat!“
    „Nur ein einziges Mal“, sagte Madame Dolores grinsend. „Ich mußte als Zeugin um zehn Uhr morgens vor Gericht erscheinen! Wissen Sie, was ich auf der Straße sah? Hunderte von Leuten! Müssen alles Zeugen gewesen sein. Wer stünde denn sonst so früh auf?“
    Astrid schien bei ihr gute Public-Relations-Arbeit geleistet zu haben – Madame Dolores zeigte sich keineswegs verschüchtert, mich in der Klinik wiederzutreffen.
    „Es sieht hier überhaupt nicht wie das Sprechzimmer eines Arztes aus“, rief Madame Dolores, verblüfft über die Bilder an der Wand. „Wo sind denn die Instrumente?“
    „Keine Instrumente, bestimmt keine Messer“, sagte ich.
    „Prima. Ich hatte schon Angst, daß Sie mir ein Pfund Fleisch abschneiden würden – obgleich ich es entbehren könnte.“ Sie schaute aus dem Fenster. „Eine Klapsmühle! Ich dachte, da wären alle Fenster vergittert.“
    „Hier nicht. Haben Sie Angst?“
    „Wovor?“ erwiderte die alte Frau verächtlich. „Ich fürchte mich vor nichts, außer vor Schmerzen.“ Ihre dunklen Augen guckten mich unsicher an. „Schmerzen würde ich mich nie aussetzen, nicht einmal für Geld!“
    „Keine Schmerzen!“ sagte ich.
    „Was wollen Sie denn von mir?“
    „Ihre Trance untersuchen“, sagte ich. „Ganz einfach, nicht wahr? Nur ein paar Messungen vornehmen, das ist alles“, sagte ich und setzte mich an meinen Schreibtisch.
    Madame Dolores sank auf einen Stuhl und raffte ihren weiten Rock zusammen. „Hat das etwas mit meiner Wahrsagerei zu tun? Sie haben mich

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