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Das dritte Ohr

Das dritte Ohr

Titel: Das dritte Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curt Siodmak
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diese Leute, Bolt!“ sagte er. „Ich weiß, daß Sie mit mir zusammenarbeiten werden!“
    „Ich darf am Leben bleiben, weil Sie mich nötig haben“, sagte ich. „Aber was geschieht, wenn ich Ihnen nicht mehr von Nutzen sein werde?“
    „Sie sind einer der wenigen Auserwählten“, antwortete er, ohne zu ahnen, daß ihm ein böses Erwachen bevorstand. Er warf mir einen Blick zu und zuckte die Achseln.
    „Sie sind immer noch skeptisch, Bolt. Ich bin froh, daß diese Skepsis nur die menschlichen Beziehungen betrifft und nicht die Wissenschaft, denn sonst wären Sie nie imstande gewesen, irgendein biochemisches Rätsel zu lösen. Ich wollte, Sie würden ebenso stark an Menschen glauben, wie an Ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen.“
    Das Schiff verlangsamte seine Fahrt, als wir uns einer Werft voller Privatjachten näherten. Auf einem Schild stand HOWALDSWERFT.
     

27
     
    Es war eine Werft des Wohlstandes. Privatjachten aller Größen, teure Spielsachen, die an Luxus miteinander wetteiferten, waren an den Ankerplätzen vertäut. Einige lagen im Trockendock; Arbeiter schwärmten um sie herum und Schweißgeräte sprühten silbrige Funkenregen. Ein Kran hob eine Schiffsschraube an ihren Platz. Anstreicher auf Gerüsten überzogen die Rümpfe mit frischem Weiß.
    Unser Dampfer stellte plötzlich die Maschine ab, schwenkte herum, und zwei Männer warfen vom Kai aus ein Tau herüber, das hastig am Bug befestigt wurde.
    „Wir steigen hier aus“, sagte Kubatschew. Ich las die Dringlichkeit in seinem Geist, vermischt mit den Gesichtern von Burns und Laqueur.
    „Und wenn ich mich weigere, mit Ihnen zu gehen?“ fragte ich.
    „Machen Sie kein Theater, Bolt! Ihre Neugier ist stärker als Ihre Vorsicht. Wovor haben Sie denn Angst?“
    Die beiden Gorillas hinter mir konnten mich einfach packen und auf den Kai werfen.
    „Es hat keinen Sinn, um Hilfe zu rufen“, warnte Kubatschew. „Es könnte Ihnen dann passieren, daß Sie zwischen Bootswand und Kaimauer rutschen und zerquetscht werden. Lassen Sie uns doch zivilisiert bleiben, Bolt!“
    Kubatschew hatte offenbar den Kapitän des Hafenrundfahrtdampfers bestochen, damit dieser am Reparaturdock anlegte. Ich fühlte einen kräftigen Stoß, und als ich nach vorne stolperte, hob mich einer der Männer auf den Kai. Das Schiff ließ seine Schraube wieder kreisen und glitt schnell davon. Der Lautsprecher an Deck dröhnte weiter. „In dieser Werft liegen einige der luxuriösesten und schnellsten Privatjachten der ganzen Welt …“
    Ich glaubte nicht, daß irgendein Passagier meinen erzwungenen Ausstieg bemerkt hatte.
    Vielleicht hatte Kubatschew gelernt, mit 232 noch besser umzugehen als ich – er vermochte seine Gedanken fast so geschickt wie der Yogi zu beherrschen, sonst hätte ich seine Absichten erkennen können. Sein Verstand war dem des Inders viel ähnlicher als der meinige. Ich mußte auf meine Gedankengänge aufpassen, sonst würde ich diesen stummen, verbissenen Kampf verlieren; sonst würde ich nicht mehr lange zu leben haben.
    Die Stimme auf dem Schiff verklang, ging in den Hafengeräuschen unter; der Himmel hatte sich nun mit regenschweren Wolken bedeckt. Heftige Windböen peitschten uns, als wir über Taue und Stahlkabel stiegen und uns den Weg zu einer schlanken Luxusjacht bahnten, deren Rumpf frisch gestrichen war. Ich las den Namen des Schiffes am Bug:
    ‚ Märthe, Visby, Sverige’. Von hinten angestoßen, kletterte ich die Leiter zum Deck hinauf. Gegen meinen Willen drängte sich Löfflers Gesicht in meine Vorstellung. Ich starrte hastig Kubatschew an, um dieses Bild auszulöschen und es durch seine slawischen Züge zu ersetzen. Er war Löffler bisher noch nicht begegnet, das Bild sagte ihm nichts, aber es machte ihn vielleicht argwöhnisch.
    Ich fühlte mich durchsichtig. Ich gehörte mir nicht mehr selbst, sondern auch Kubatschew, der meine geheimsten Gedanken mit mir teilte. Da ich auch an den seinen teilhatte, überschnitten sich unsere Persönlichkeiten. Ich war nicht mehr mein alleiniger Herr. Die Welt wäre Grau, wenn alle in diesen Schmelztiegel geworfen würden. Unsere Persönlichkeit beruht auf individuellen Gedanken; ohne diese würde eine Masse gleichgeschalteter Menschen die Erde bevölkern.
    Das Deck der Märthe war leer bis auf ein paar Arbeiter, die ihre Anstreichgeräte zusammenpackten. Die ersten Regentropfen prasselten auf uns herab, als wir eine schmale Treppe hinunterstiegen. Kubatschew folgte mir dichtauf, während die vier Männer,

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