Das dritte Ohr
Standpunkt eingesehen. Außerdem sind Sie neugierig; Sie können nicht aufhören, Ideen zu entwickeln. Ich wäre in Ihrer Nähe geblieben, und Sie hätten sich an mich gewöhnt.“
Ein kleines Patrouillenboot kreuzte vor dem Bug unseres Schiffes, fuhr längsseits und glitt rechts hinter uns in Position. Am Heck erblickte ich Löfflers Mann, der durch einen Feldstecher auf unser Deck spähte. Ich redete hastig auf Kubatschew ein, um seine Aufmerksamkeit abzulenken.
„Wie wollen Sie mich von diesem Schiff herunterbekommen“, fragte ich, „wenn ich mich weigere?“
„Sie werden sich nicht weigern“, sagte er ruhig. „Was riskieren Sie denn schon? Sind Sie nicht daran interessiert, Ihr 232 für konstruktive Zwecke anzuwenden?“
„Ach, lassen Sie das, Kubatschew“, sagte ich. „Ich habe Sie nie für einen Menschenfreund gehalten. Kommen Sie mir also nicht mit diesem Altruismus!“
Ich beschloß, mein Gespräch mit ihm in die Länge zu ziehen, um Löffler Zeit und Gelegenheit zu geben, mich zu finden. Während ich das dachte, schlüpfte ich absichtlich davon und umklammerte die Reling, als wäre ich im Begriff, über Bord zu springen. Kubatschew packte mich hastig beim Arm und seine beiden Männer flankierten mich blitzschnell. Es war mir gelungen, ihn von meinen Gedanken abzulenken.
Sie können nicht ans Ufer schwimmen, vermittelte er mir, und sein Griff um meinen Arm wurde fester.
„Das hatte ich auch nicht vor“, sagte ich und sah das Schiff, das sich in seinem Geiste widerspiegelte, hoch im Trockendock liegend. Er gewahrte das Bild in meinem Verstand.
„Es gibt Leute, die sich mit der Zukunft befassen, ohne dabei an persönlichen Gewinn zu denken“, sagte er, inzwischen überzeugt davon, daß ich bei ihm bleiben würde. „Wenn es sie nicht gäbe, bedeutete dies das Ende der menschlichen Rasse. Doch bedarf es einer starken Führung. Nur Stärke kann eine Wandlung erzwingen.“
„Und Bauers multinationale Korporation weiß die Lösung! Seien Sie doch nicht so primitiv, Kubatschew!“
„So kompliziert ist das gar nicht“, sagte er und beugte sich vor. Zu meinem Erstaunen entsprachen seine Gedanken seinen Worten. „Erinnern Sie sich noch, wie die Zwerge aus Zürich durch Horten freiverkäuflichen Goldes den amerikanischen Dollar fast zu Fall brachten? Die Gruppe, die Sie kennengelernt haben, besitzt genügend Macht, um jedes Land über Nacht zu vernichten. Sie können zum Beispiel Kanada oder Frankreich ruinieren, indem sie ihnen ihre finanzielle Unterstützung entziehen.“
„Und der Brain Trust, von dem Sie so begeistert reden, wird uneigennützig sein?“ Ich lächelte höhnisch. „Eine Bande christusähnlicher Kapitalisten soll die Welt ins Gleichgewicht bringen!“
„Sie sind auch nur Menschen, Bolt!“ sagte Kubatschew. „Sie müssen unweigerlich Fehler machen. Sie sind vielleicht eigennützig, tyrannisch und hinterlistig. Aber verliert eine Religion ihren Wert, nur weil ihre Priester und Geistlichen menschlich und bestechlich sind? Ihre Untaten nehmen der Idee der Religion nichts von ihrer Bedeutung.“
„Haben Sie also einen Mann in das Flugzeug gesetzt, damit ich für Sie Sklavendienste in Nordfinnland verrichte?“
Ich zwang mich, mich auf ihn zu konzentrieren, denn ich spürte, daß das Bild von Löfflers Gesicht in meinem Geist aufzutauchen drohte.
„Als privilegierter Sklave!“ sagte Kubatschew, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Sie hätten Ihre Bedingungen stellen können. Ich bin sicher, daß Sie zur Einsicht gelangt wären.“ Er glaubte an das, was er sagte. „Aber wir müssen Gedankenkontrolle ausüben, um die gefährlichen Leute in unserer Gruppe auszumerzen.“ Ihm stand eine Überraschung bevor, wenn er Burns und Laqueur besser kennenlernen würde.
Er las meine Gedanken und zuckte die Achseln.
„Ich weiß, daß Sie keinem Menschen trauen“, erwiderte er. Das Schiff glitt in offenes Gewässer. Mächtige Kumuluswolken hingen im azurblauen Glas des Himmels. Eine Phalanx von Frachtdampfern, deren schwerbeladene Rümpfe tief in die bläulichweiße See tauchten, glich einer Konquistadorenflotte, bereit, ferne Küsten zu erobern.
„Wissenschaftler kennen keine Ethik, wenn es um die Forschung geht“, sagte ich. „Nemeth erkannte das, deshalb hat er geschossen.“
„Er hatte den Glauben verloren“, sagte Kubatschew. „Er hat keinen anderen Ausweg mehr gesehen.“ Er wollte sein Image bessern; mir seine menschliche Seite zeigen. „Vergessen Sie
Weitere Kostenlose Bücher