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Das Dunkel der Lagune

Das Dunkel der Lagune

Titel: Das Dunkel der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Bett. Schweigend saßen sie nebeneinander und tranken. Hagen wusste, dass er es nicht mit irgendjemand zu tun hatte. Ein Russe, der für die Roten in China arbeitete, bekleidete normalerweise einen hohen Posten. Sie waren offensichtlich unheimlich scharf auf das Gold. Hagen nahm die Flasche und goss sich nach. »Was macht das gute alte Moskau?«
      Der Russe lächelte und neigte den Kopf. »Meinen Glückwunsch, Kapitän, zu Ihrem Scharfsinn. Ich muss allerdings gestehen, ich bin seit zehn Jahren nicht mehr in Moskau oder überhaupt in Russland gewesen, und unter uns gesagt« – er senkte die Stimme in Verschwörermanier – »gefällt mir dieses Arrangement sehr gut. Ich finde die fernöstliche Lebensweise sehr reizvoll, Kapitän. Die Maßstäbe, die moralischen Werte, sogar das Essen – alles ist so unendlich viel ansprechender. Welch Unterschied besteht doch zwischen einer stämmigen Kolchosenmagd und den zarten Blüten des Ostens, die in verschiedenen Teilen dieser Stadt anzutreffen sind!«
      Der Russe bekam einen verträumten Gesichtsausdruck. Hagen war angewidert, doch er musste herausfinden, was die andere Seite plante, und zwang sich zu einem Lächeln. »Wie verdien ich zwanzigtausend, ohne mich groß anzustrengen?«
      Der Russe strahlte über das ganze Gesicht, stand auf und schlug formvollendet die Hacken zusammen. »Wir kommen also miteinander ins Geschäft? Mein Name ist Kossoff, Kapitän Hagen.« Er streckte förmlich die Hand aus und fuhr fort: »Meine Auftraggeber werden Ihnen die vereinbarte Summe bezahlen, wenn Sie sie zu der Stelle führen, wo ein ganz bestimmtes Schiff gesunken ist, irgendwo in der Nähe der Kwai-Sümpfe, glaube ich.«
      Hagen lachte laut auf. »Für wen hältst du mich eigentlich, Kossoff?«
      Kossoff lächelte säuerlich. »Ich halte Sie für sehr vielseitig verwendbar, Kapitän, wie Sie bereits mehrfach bewiesen haben. Britischer Leutnant zur See, amerikanischer Marinekommandeur. Wie gefällt Ihnen eigentlich Ihre neue Rolle als Beschützer der Unschuld?«
      Nur mit Mühe gelang es Hagen, ruhig zu bleiben. »Dein Vorschlag ist Schwachsinn. Warum sollte ich euch für lumpige zwanzigtausend verraten, wo das Schiff ist, wenn ich das Gold selber haben kann?«
      Kossoff betrachtete seinen Stock. »Ach, können Sie das wirklich, Kapitän? Ich glaube nicht. Erstens müssten Sie das notwendige Geld auftreiben, um Ihren Kutter zurückzubekommen. Hatten Sie übrigens schon Erfolg dabei? Zweitens müssten Sie unbemerkt Macao verlassen und in die KwaiSümpfe eindringen. Ein Ding der Unmöglichkeit, mein Bester. – Wie auch immer, da ich mit Ihnen nicht ins Geschäft kommen kann, sehe ich mich gezwungen, Miss Graham einen Besuch abzustatten. Frauen, finde ich, sind um vieles
    einsichtiger und eher zum Kompromiss bereit.«
      Bevor er die Tür erreicht hatte, war Hagen schon bei ihm, packte ihn am Kragen und schnürte ihm die Luft ab, bis die kleinen schwarzen Augen hervortraten. »Du dreckige kleine Ratte«, schrie er, »wenn du der Kleinen zu nahe kommst, werd ich …« Instinktiv warf Hagen den Kopf zur Seite, als er spürte, dass jemand hinter ihm stand. Ein lederner, mit Schrotkugeln gefüllter Schlagstock streifte seine Schulter. Er wirbelte Kossoff herum und stieß ihn dem Angreifer entgegen.
      Der Mann muss auf dem Balkon gewartet haben, vermutete Hagen, als er sich zu ihm umdrehte. Sie waren sogar zu zweit, Mongolen, nicht so groß wie Lee, aber doch groß genug. Hagen duckte sich unter dem Arm des ersten hindurch, rammte ihm die rechte Faust in den Magen und sprang mit einem Satz über das Bett.
      Einen Moment lang war es still – die Ruhe vor dem Sturm. Einer der Männer setzte Kossoff in einen Stuhl und gab ihm ein Glas Wasser. Der andere stand Hagen auf der anderen Seite des Bettes gegenüber. Der Lederknüppel zitterte nervös in seiner Hand. Schließlich konnte Kossoff wieder sprechen. Er befühlte mit einer Hand vorsichtig seinen Hals, zeigte dann auf Hagen und sagte leise auf Chinesisch: »Verprügelt ihn. Verprügelt ihn, aber lasst ihn am Leben.«
      Hagen fand, die Zeit zum Handeln sei gekommen. Nach dem Aussehen von Kossoffs Gorillas zu urteilen, würden sie keinen großen Unterschied zwischen Verprügeln und Totschlagen machen. Hagen ergriff die Zipfel der Decken, hob sie hoch, sprang auf das Bett, breitete die Arme aus und warf die Decken in der Manier eines Fischers, der sein Netz auswirft, sodass sie Kossoff und den Mann neben ihm

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