Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
du dir vorstellen kannst, mehr, als eigentlich legal sein sollte, und trotzdem sind wir für die nächsten zwei Monate schon ausgebucht. Heute Abend dürfen wir als Erste alles ausprobieren. Sieh es als letzten Testlauf vor der großen Enthüllung an.«
Die Türen öffneten sich, und wir standen vor einer schmalen Gangway aus Metall, die mit Tauen eingefasst war. Sie erstreckte sich vom Lift bis zu einer kleinen, mit Gitterstäben eingefassten und von Wasser umgebenen Insel in der Mitte. Der ganze riesige Raum, wenn man das denn so nennen wollte, war viel zu groß. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er überhaupt zwischen die vier Wände des Hotels passte. Rund um die Insel tat sich ein Graben auf, und an dessen Ufern strotzte üppige Natur. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, ich hätte geschworen, dass wir das Gebäude verlassen und einen Teich im Freien aufgesucht hatten, der von moosigen Bäumen und knolligen Pflanzen, die Dantes Geschenk recht ähnlich waren, umstanden wurde.
»Willkommen in Alcatraz.« Lucian trat auf den Steg hinaus.
Ich nahm alles in mich auf, aber die Fülle an Eindrücken war so groß, dass ich sie kaum verarbeiten konnte. »Von hier will doch bestimmt niemand fliehen.« Als wir die schmale Gangway überquerten, leuchteten die Planken unter unseren Füßen auf.
»So war es auch gedacht.«
Wir gingen auf die Insel in der Mitte zu, die uns als symbolische Mischung aus Romantik und Gefahr lockte. Da würde ich jetzt also ganz allein mit Lucian essen? Mein Puls raste. Der Bereich, dem wir uns jetzt näherten, war vergittert – mit einer so buchstäblichen Interpretation des Alcatraz-Themas hatte ich eigentlich nicht gerechnet. Hinter den Gitterstäben erwartete uns jedoch ein lauschiges Inneres: ein kleiner Essbereich mit einer Lounge. Auf einem Damasttuch war der Tisch mit glänzendem Porzellan gedeckt, und alles wurde von Kerzenschein erleuchtet. Auf jeder Seite stand ein samtener Sessel, der wie ein Thron aussah. Hinter dem Tisch bildeten eine dazu passende Chaiselongue, ein Stuhl und ein Beistelltischchen mit Spiegel ein gemütliches Wohnzimmer. Das war wirklich die schönste Gefängniszelle, die man sich vorstellen konnte. Die Metallstangen ragten rundherum etwa vier Meter in die Höhe, gingen aber nicht bis zur Decke, die hoch über uns glitzerte und funkelte wie ein Sternenhimmel.
Als wir das Schloss des Gitters erreichten, zog Lucian einen altmodischen Schlüsselring von der Größe eines Armreifs aus seiner Jackentasche. Daran hing ein einzelner, lachhaft riesiger Schlüssel, den Lucian nun um seinen Finger wirbeln ließ. Dann schob er ihn geräuschvoll ins Schloss und öffnete die Käfigtür für mich.
»Danke sehr.«
Er zog sie hinter uns zu, steckte die Hand durch eine Öffnung, um uns einzuschließen, drehte sich dann zu mir um und steckte sich den Schlüssel wieder in die Tasche.
»Jetzt sind wir offiziell vom Rest der Welt abgeschlossen.«
Das hörte sich zwar gut an, die Narbe über meinem Herzen zuckte und brannte jedoch. Ich legte beruhigend die Hand darauf.
»Und was passiert, wenn dir der Schlüssel jetzt ins Wasser fällt oder so?«
»Dann haben wir ein Problem und müssen für immer hierbleiben«, behauptete er todernst. Ich sah ihn an und wurde ein ganz kleines bisschen nervös. Zu meiner Erleichterung grinste er nun. »Keine Sorge, alles nur Show, das Gitter ist in Wirklichkeit offen. Es gibt einen Schalter, mit dem man sich aussperren, aber niemals einschließen kann.« Er schob sich an mir vorbei zur Sitzecke.
»Komm mal rüber.« Dann setzte er sich auf den Stuhl, öffnete eine Klappe an dem runden Beistelltisch und drückte ein paar Knöpfe. Ich ließ mich auf die Chaiselongue nieder und strich mein Kleid glatt. Er klappte die Luke ganz herunter. »Guck dir das an.«
Aus dem Inneren des Möbelstücks erklang ein Klappern und Rauschen. Innerhalb von Sekunden erschien auf der Tischplatte eine Glaskuppel, die sich wie ein Kiefer in der Mitte öffnete und dann wieder verschwand. Zurück blieben zwei Weingläser und eine blaue Flasche ohne Etikett.
»Wow!«
»Nicht schlecht, oder?« Er schenkte mir ein und reichte mir das Glas, das jetzt mit einer sprudelnden, durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt war.
»Willst du das nicht erst noch anzünden oder so?« Das war meine Art zu fragen, worum es sich da handelte.
»Das ist Mineralwasser.« Er goss sich selbst auch ein Glas ein.
»Oh.« Jetzt kam ich mir wie ein Idiot vor. »Wie exotisch.«
»Ich habe
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