Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
wirklich danken«, erklärte er von ganzem Herzen.
»Ich wünschte, ich könnte mehr für Sie tun.«
»Das haben Sie schon, wirklich.«
»Na, sagen Sie mir einfach Bescheid, wenn es noch etwas gibt. Sie wissen ja, wo Sie mich finden.« Lächelnd verließ ich sein Zimmer.
Als ich aus dem Lastenaufzug trat und auf die Galerie zuhielt, rief jemand meinen Namen. Bei dieser Stimme bekam ich immer noch ganz weiche Knie, wenn ich nicht aufpasste. Ich verlangsamte meinen Schritt, zog aber in Erwägung, einfach so zu tun, als hätte ich ihn nicht gehört. Da war es jedoch schon wieder, er rief mich sanft, aber ein bisschen lauter, gerade so laut, dass ich ihn nicht länger ignorieren konnte.
»Haaaaven.«
Ich atmete tief durch, drehte mich dann um und trat Lucian gegenüber.
»Haven, hast du mich denn gar nicht gehört?« Er griff mit seiner warmen Pranke nach meiner Hand und zog mich behutsam zur Treppe hinüber, wo wir vor den Blicken der Gäste in der Lobby geschützt waren.
»Tut mir leid, ich glaube, ich war gerade ganz in Gedanken«, behauptete ich in der Hoffnung, das reiche ihm als Erklärung.
»Wo hast du denn gestern Abend gesteckt?« Er griff nach einer Strähne, die sich aus meinem Knoten gelöst hatte, wickelte sie sich um den Finger und schob sie mir dann hinters Ohr. »Ich dachte, wir würden uns noch sehen.«
»Oh.« Ich musste mich so normal wie möglich geben, als hätte ich in der letzten Nacht nicht all diese schrecklichen Szenen miterlebt. »Waren wir fest verabredet? Ich hab das mehr so für eine Idee gehalten, und als gestern so viel los war, dachte ich eben, du hättest viel zu tun.« Ich zuckte mit den Achseln. Cooler hätte ich kaum tun können.
»Falsch gedacht«, flüsterte er und kam näher. Wenn er direkt vor mir stand und mir wieder so hemmungslos schöne Augen machte, war einfach schwer zu glauben, dass man ihn auf mich angesetzt hatte, er mich kontrollieren, verletzen, unterwerfen sollte. Es war alles Show, für ihn war es nur ein Spiel. Natürlich konnte ich ihm schlecht sagen, dass ich im Bilde war, und es lag auch eine gewisse Macht darin, mich so ahnungslos zu geben. »Ich habe bei dir vorbeigeschaut, aber du warst gar nicht da.«
»Da habe ich wohl schon geschlafen. Ich bin beim Lesen eingedöst.« Er fuhr mit warmen Fingern über meine Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. Vor Tagen noch wäre ich unter seiner Berührung freudig erbebt, heute erfüllte sie mich mit Furcht. Sein durchdringender, schwärmerischer Blick wollte mir wohl sagen, dass er meine kühle Fassade durchschaut hatte und ich schon bald am Haken zappeln würde. Er überlegte wohl nur noch, wie er das am besten anstellte.
»Nein«, meinte er schließlich sanft, »das glaube ich nicht.« Er lehnte sich vor, legte mir den Arm um die Schultern und hauchte mir ins Ohr: »Schon verstanden, du willst dich rar machen. Aber ich habe das Gefühl, dass ich dich trotzdem kriege.« Dann ging er und schenkte mir noch ein letztes Lächeln mit einem Blick, der als verträumte Flirterei durchgegangen wäre, wenn ich es nicht besser gewusst hätte. Ich wünschte mir wirklich, es wäre so. Minutenlang stand ich allein da und versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, bis seine Schritte endlich verklungen waren.
Ich musste unbedingt mit Dante reden. Jetzt sofort. Ich brauchte meinen Freund, brauchte jemanden zum Reden, der mir half, das alles zu entwirren. Außerdem wollte ich mich auch vergewissern, dass es ihm gut ging. Ich musste ihn einfach sehen. Also marschierte ich zurück in die Capone-Küche, in der noch immer alles auf Hochtouren lief, holte mir 20 von den Pralinenschachteln für die Lieferung und packte sie in einen größeren Karton, den ich im Kühlraum gefunden hatte. Als ich wieder herauskam, traf ich auf Etan. Sein Anblick versetzte mir einen Stich.
»Ah, hallo, Haven. Heute stehen wohl noch mehr Pralinenlieferungen an, was?«
Meine Narben standen in Flammen. »Ja, die gehen mit den Einladungen für die Party heute Abend raus. Herzlichen Glückwunsch zu den drei Sternen. Sie müssen ja wirklich stolz auf sich sein.«
»Das sind wir. Danke«, erklärte er mit kühler Stimme. Dante hatte ihm wohl erzählt, dass wir über ihn geredet hatten.
»Wird dieser Geschenkkorb …«
»Ja, der ist noch nicht fertig. Nach diesem Artikel ist hier heute Morgen so einiges los.« Sein Tonfall klang fast, als hätte ihn der Kritiker verrissen. Ich war Etan offenbar nicht sehr sympathisch, also hatte ich auch nichts
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