Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
jeder glauben, dass er endlich bereit war, seine Seele zu verkaufen, und nur deshalb zurückgekehrt war.
»Das ist schon okay, es ist ja für einen guten Zweck«, behauptete er, sein unsteter Blick verriet mir jedoch, wie nervös er war. Wir schwiegen einige Minuten, bis er sich wohl ablenken wollte und sich mit einer Frage an mich wandte, die mich ganz unvorbereitet traf: »Also, was ist das mit dir und Lance?«
»Ich weiß auch nicht.« Ich wollte nicht allzu überrascht klingen, aber es hörte sich so an, als müsste ich mich verteidigen. »Du warst schließlich der reinste Zombie. Mit irgendwem musste ich ja abhängen.«
»Das war ja nur eine Frage.«
»Guck mich bloß nicht so an«, knurrte ich.
»Auf jeden Fall ist er ein absoluter Clark Kent«, flüsterte er. Das war unser Codewort für Typen, die eigentlich total gut aussahen, aber keine Ahnung davon hatten – besser ging es kaum.
»Ich weiß, das habe ich in letzter Zeit auch gedacht.«
Ich wischte Dante ein paar Härchen von Schultern und Gesicht und betrachtete ihn im Spiegel. Gar nicht schlecht. Nachdem er bei mir Friseur gespielt hatte, hatte ich ihm den Gefallen nun angemessen erwidert.
Der Abschied war gekommen, ich umarmte ihn mit der Mahnung, auch ja vorsichtig zu sein, und wollte lieber nicht daran denken, was ihn jetzt erwartete.
Ich traf Lance in unserem Büro an, wo er gerade seiner Mutter eine E-Mail schickte. Eigentlich hätte ich ja Joan anrufen müssen, aber der Gedanke daran widerstrebte mir – ich war mir einfach nicht sicher, ob ich das durchstehen würde, ohne die Fassung zu verlieren. Lance sah auf, als er mich hereinkommen hörte.
»Hey!«, grüßte er und deutete dann auf meine Haare. »War das Dante?«
»Ja, verrückt, nicht?« So ohne lange Haare, hinter denen ich mich verstecken konnte, fühlte ich mich ziemlich nackt.
»Der Mann hat wirklich Talent. Das sieht toll aus.« Er schob sich die Brille hoch.
»Danke. Was gibt es hier Neues?«
»Nichts.« Er schloss das Fenster an seinem Computer. »Ich schlage bis zu unserem Treffen mit Courtney die Zeit tot.«
»Brr, stimmt ja.« Bei all der Aufregung hatte ich ganz vergessen, dass sie heute mit ein paar anderen Mitgliedern des Planungsausschusses anrücken würde, um die Dekoration des Ballsaals abzusegnen.
»Das lässt du mich aber nicht allein machen!«
»Nein. Ich weiß nur nicht, was schlimmer ist – die hier heute rumzuführen oder uns überlegen zu müssen, wie wir am besten dem Tod von der Schippe springen.«
Als Courtney und zwei ihrer geklonten Helferinnen schließlich eintrafen, begrüßten wir sie mit einem formellen Händedruck, so als wollten wir unsere Amtsgewalt hier im Hotel hervorheben. Mich musterte Courtney von oben bis unten, so als wüsste sie nicht so recht, wo sie mich eigentlich hinstecken sollte. Ich lächelte einfach nur. Dann zeigten wir ihnen den Ballsaal und wiesen dabei auf alle wichtigen Punkte hin. Eine Handvoll Syndikat-Mitglieder war dort immer noch beschäftigt, sie kümmerten sich um die Beleuchtung und sahen nach, ob alles an seinem Platz war. Sie ignorierten uns völlig, selbst als Courtney ein bisschen zu laut verkündete: »Wow, hier sind alle so superheiß.«
Die drei Mädchen schritten langsam den kompletten Saal ab und flüsterten dabei wie in einem Museum. Nachdem wir nun so viel Zeit mit Aurelia und dem Syndikat verbracht hatten, die uns echten Schaden zufügen konnten, schüchterten mich Courtney und Konsorten viel weniger ein. Was hatten sie denn schon für Macht? Es gab keinen Grund für ihre Vorherrschaft. Inzwischen hatte ich echten Schrecken kennengelernt, und daran kamen die nicht heran. Sie waren nichts. Lance und ich hielten uns im Hintergrund und ließen die drei allein eine Runde drehen, bis sie schließlich zu uns zurückkehrten.
»Das ist so alles in Ordnung«, erklärte Courtney.
Was jetzt kam, hatten Lance und ich geprobt: »Da sind wir ja froh. Heute kamen uns aber noch Zweifel wegen der Kuh«, erklärte ich, während wir alle zu dem beigefarbenen Vieh hinübersahen.
»Hm?«
»Was richtig ›knallen‹ würde«, fiel Lance ein, »um mal ein Stichwort aus euren vielen Mails aufzugreifen, wäre … eine gefleckte Kuh.«
Mit ernstem Blick musterten die drei das Rind noch einmal. Dann wurde so heftig geflüstert, als ginge es hier um einen drohenden Atomkrieg. Schließlich wandten sie sich wieder an uns.
»Ja, gefleckte Kühe sind der Hammer«, erklärte Courtney. »Gott sei Dank ist es noch nicht zu
Weitere Kostenlose Bücher