Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
und verlier niemals den Glauben an dich selbst.
Diesen Kreaturen bist du ebenbürtiger, als du vielleicht glaubst. Mach dir diese Überzeugung zu eigen, und nutz sie für dich, um diese Wesen zu beherrschen. Du wirst all deine Kraft brauchen, um sie zu besiegen. Wie die Schlacht auch enden wird, ich kann dir sagen, dass es weitaus mehr Blutvergießen und Zerstörung gibt, wenn du nicht mit vollem Einsatz kämpfst. Erheb dich, Himmelsbotin, es ist an der Zeit.
Dieses Ding drückte sich immer noch nicht klar aus. Vielleicht war das ja nur eine nette Art und Weise, mich vor meinem sicheren Tod zu warnen, oder eine weniger nette, mich daran zu erinnern, dass ich doch nichts zu verlieren hatte.
Zum Glück klopfte jemand dreimal kurz an die Tür und riss mich aus meinen Gedanken.
Als ich aufmachte, stand Dante mit einem schwarzen Filzhut auf dem frischrasierten Schädel vor mir.
»Alles Gute zum Abschlussball!«, rief er und tat ganz aufgeregt.
»Lass uns hoffen, er geht wirklich gut aus«, erwiderte ich und küsste ihn auf die Wange.
Dann reichte er mir eine Blume, die er aus einem Bogen Briefpapier mit Hotellogo gefaltet hatte. »Und die brauchst du nicht einmal zu gießen«, feixte er. Ich kicherte.
»Danke, das ist wirklich lieb.« Ich legte sie auf meinen Nachttisch, an dieselbe Stelle, an der einst Lucians niemals welkende Blüte gestanden hatte. »Da fällt mir gerade etwas ein, ich habe ja auch noch was für dich.«
»Echt? Ach, hör doch auf!« Dante warf sich auf mein Bett.
Ich suchte in der Kommode herum und zog den kleinen Plastikbeutel aus dem Secondhandshop in Belmont hervor. »Versetzt Lance uns etwa?«
»Der Typ macht sich immer noch fertig.«
»Im Ernst?«
»Ich muss aber zu seiner Verteidigung sagen, dass ich den Spiegel stundenlang in Beschlag genommen habe.«
»Das wundert mich nicht. Na ja, in der Zwischenzeit …« Ich reichte ihm die Tüte. »Der gibt deinem Look noch den letzten Schliff.«
Er zog den Flammengürtel hervor und fing an zu lachen.
»Der ist super! Den leg ich gleich mal um!« Er stand auf.
»Nur ein kleines Andenken an unsere Zeit hier. Uns bleibt immer noch die Metamorphose.«
»Du sagst es, Schwester.« Er löste die Schnalle an seinem Gürtel. »Übrigens, äh, hallo, du siehst absolut umwerfend aus, Hav. Lass dich mal anschauen.« Verlegen drehte ich mich um meine eigene Achse. Er wurde einen Moment ernst. »Eine gewagte Wahl«, kommentierte er das Kleid. »Ich bin stolz auf dich.«
»Danke. Ich dachte, wenn nicht jetzt, wann soll ich denn sonst etwas wagen?«
Er lächelte und fädelte den Gürtel durch die Schlaufen. Da wurde wieder an die Tür geklopft.
»Komm rein!«, rief Dante.
Lance steckte den Kopf zur Tür herein. »Hi.« Er stand im Türrahmen und sah gleichzeitig perfekt und völlig verwirrt aus, weil er gerade einen Smoking trug.
»Du siehst … wunderschön aus«, stammelte er. »Du natürlich auch, Dante«, fügte er hinzu.
»Danke, du auch, also – du siehst gut aus«, stotterte ich ebenso.
»Danke. Guck mal!« Dante hielt seine Jacke auf und präsentierte seinen neuen Gürtel.
»Cool«, befand Lance.
»Also, was meint ihr? Legen wir los?«, schlug Dante vor, und hinter seiner schwungvollen Art schien nur ein kleines bisschen Nervosität durch.
Ich griff nach meinem Handtäschchen. Dass es so leicht war, erinnerte mich eben gerade an die Bedeutsamkeit und Gewichtigkeit des heutigen Abends. Darin nahm ich nämlich nur eins mit: ausgerechnet ein Schweizer Taschenmesser.
»Hey, eins noch, bevor wir gehen.« Die Jungen drehten sich zu mir um. »Ich, äh, ich weiß wirklich nicht so genau, wie das heute Abend laufen wird. Und ich wollte euch einfach nur für alles danken und euch sagen, dass ihr …«
»Nein!«, entfuhr es Dante. Wir sahen ihn an. »Spar dir das. Erzähl es uns morgen.«
»Aber …«
»Erzähl es uns morgen«, wiederholte er und sprach jedes Wort überdeutlich aus, damit ich ihn auch ja verstand. »Okay?«
»Okay.« Ich nickte mit so viel Zuversicht, wie ich nur aufbringen konnte.
»Weißt du was?« Lance trat vor, schob sich den Ärmel hoch und löste sein Lederarmband. »Ich finde, das solltest du lieber tragen.« Er griff nach meiner Hand und legte mir die Manschette um wie den typischen Abschlussball-Blumenschmuck.
»Aber …«
»Nein. Bitte. Heute Abend kannst du keine gestutzten Flügel gebrauchen«, sagte er und hielt mein Handgelenk fest.
»Na gut, wenn du sicher bist.«
»Bin ich.«
»Danke.« Ich berührte
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