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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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Dinge davonpusten würde. Duschen und Anziehen ging heute sogar noch schneller als gestern, und dann hastete ich auch schon den Flur entlang. Wie sollte ich denn nach dieser Entdeckung noch schlafen? Wie sollte mein Leben nach diesen Worten ganz normal weitergehen? Selbst wenn das nur eine Art Witz sein sollte … Ich wusste es einfach nicht. Den Gedanken konnte ich nicht einmal zu Ende führen, so echt erschien mir das alles. Wer konnte denn bloß davon wissen, dass meine Narben brannten? Denn das hatte ich doch keiner Menschenseele erzählt!
    Ich rannte durch die leere Lobby. Der Tag brach gerade an, und durch das Oberlicht fielen erste helle Strahlen. Durch die Drehtür gelangte ich nach draußen, wo mich ein eisiger Wind kräftig durchschüttelte. Streifen in Lila, Lavendelblau und Orange durchzogen den Himmel, und die Umrisse der Wolken erglühten rosafarben. Wenn es nicht so kalt gewesen wäre, hätte ich es hier draußen stundenlang ausgehalten, aber die niedrigen Temperaturen zwangen mich schließlich wieder ins Hotel.
    Es war kurz nach sechs. Ich stand ganz allein in der Lobby und betrachtete den riesigen Flachbildschirm in der Nähe der Tür, über den in Endlosschleife Schnappschüsse von Aurelia und Lucian bei Veranstaltungen im Tresor und Zeitungsartikel über das Hotel flimmerten. Ich blieb lange genug, um jeden einzelnen Bericht lesen zu können. Trotzdem schweifte ich in Gedanken ab.
    Einmal angenommen, dieses alberne Buch hatte irgendwie doch recht, und ich schwebte hier tatsächlich in tödlicher Gefahr. Ich konnte nicht fassen, dass ich so etwas auch nur dachte. Du solltest das alles nicht so ernst nehmen , redete ich mir ein. Es gibt sicher eine Erklärung, und du findest bestimmt bald heraus, was …
    Das Rauschen der Lifttüren ließ mich zusammenfahren. Ich drehte mich um. Makellos wie immer trat Aurelia im eng geschnittenen Kleid mit Blazer, glattem, offenem Haar und hohen Absätzen aus dem Aufzug.
    Offensichtlich stand mir die Überraschung im Gesicht geschrieben.
    »Oh Haven, guten Morgen!«, grüßte meine Chefin mich mit völlig ruhiger Stimme. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass du so eine Frühaufsteherin bist. Das behalte ich im Hinterkopf. Ich respektiere das, ich fange den Tag auch gern früh an.«
    Ich war erleichtert, auf ein weiteres menschliches Wesen zu treffen, auch wenn dies nicht meine erste Wahl gewesen wäre.
    »Guten Morgen, Aurelia«, brachte ich hervor. Wie immer erschien mir mein Aufzug jetzt völlig unangemessen. Aber ich war immerhin Schülerin und ging auf die Highschool – für Kleider, Kostüme und Stöckelschuhe hatte ich wenig Verwendung.
    Aurelia nahm mich unter die Lupe, musterte mich prüfend und fragte schließlich: »Ist alles in Ordnung, mein Lämmchen?«
    »Oh, klar, es ging mir nie besser«, behauptete ich mit zittriger Stimme. Ich schob mir eine ungewaschene Strähne hinters Ohr und streifte dabei meine Wange. Das Pflaster. Ich hatte vergessen, es abzumachen. »Oh, das? Da habe ich mich wohl im Schlaf gekratzt.«
    »Pass gut auf dich auf, wir brauchen dich hier in Bestform.«
    »Natürlich.«
    Sie sah auf die Uhr und spielte mit ihren manikürten Nägeln am Verschluss des Platinarmbandes herum. Ich wandte mich einen Moment ab, riss mir mit einem heftigen, schmerzhaften Ruck das Pflaster von der Wange und schob es in die Tasche. Aurelia sah auf.
    »Komm mit«, forderte sie mich auf. Ich folgte ihr schweigend zum Parlor, während sie weitersprach, den Blick geradeaus gerichtet. »Wie schön, dass wir unseren Arbeitstag so einläuten können. Heute kann ich zwei weitere Augen wirklich gut gebrauchen. Und für etwas Süßes ist es meiner Meinung nach nie zu früh. Außerdem hatten wir bisher ja auch kaum Gelegenheit, uns richtig kennenzulernen.«
    Sie führte uns an Palmen in Blumenkübeln vorbei zu einem runden Tisch in der Mitte des Lokals, der für zwei gedeckt war. Dort nahm sie Platz, faltete ihre Serviette auseinander und legte sie sich auf den Schoß. Weniger lautlos tat ich es ihr gleich. Dann trat schweigend eine dunkelhaarige Syndikat-Schönheit – ich versuchte mich an ihren Namen zu erinnern, ach ja, Celine – aus der Küche und brachte ein Tablett mit, auf dem zwei Teekannen mit Kirschblütenmuster standen. Celine hatte sich die Haare zu einem endlosen Pferdeschwanz zusammengebunden und trug ein figurbetontes, kurzärmeliges schwarzes Kleid, das aussah wie eine enge, maßgeschneiderte Stewardessenuniform. Die rechte Brusttasche und der linke

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