Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)
Ärmel waren in Rot mit den LH -Insignien bestickt. Sie stellte die Kannen mit passenden Teetassen vor uns ab. »Dankeschön«, murmelte ich, aber die brünette Schönheit marschierte einfach davon, ohne mich auch nur anzusehen.
»Das ist die neue Uniform. Hübsch, nicht?«
Ich nickte. »Wirklich schön.« Ein paar Sekunden verstrichen in peinlichem Schweigen. Aurelia setzte das silberne Sieb auf ihre Tasse und goss das brodelnde Getränk hindurch, dann stellte sie den kleinen Filter mit den Teeblättern auf den dazugehörigen Halbmond aus Porzellan. Während ich jede ihrer Handbewegungen imitierte, kam mir in den Sinn, dass dies vielleicht meine einzige Gelegenheit sein würde, so viel Zeit mit ihr allein zu verbringen. Ich musste versuchen, meine Nervosität zu überwinden und sie ein bisschen besser kennenzulernen. Statt mich bei jedem einzelnen Wort zu fragen, ob es vielleicht nicht schlau oder perfekt genug war, sollte ich besser einfach drauflosreden und auf das Beste hoffen.
»Ist die auch für uns Praktikanten?«
»Ja, so ist es. Jeder wird sie tragen, unabhängig von seiner Verantwortung. Ich glaube fest daran, dass eine Uniform die Menschen zu noch mehr Fleiß und Pflichtbewusstsein anhält.«
»Das kann ich mir vorstellen«, stimmte ich zu. »Haben Sie auch eine?«
»Nein, ich brauche die nicht.« Sie führte die Tasse zum Mund, und der Dampf umfing ihre Züge, als sie einen tiefen Schluck nahm.
Ich versuchte, das Gefühl zu ignorieren, dass ich etwas Blödes gesagt hatte, und erhob ebenfalls meine zarte Porzellantasse – ich hoffte nur, Aurelia würde nicht auffallen, dass meine Finger zitterten. Ein tröstlich warmes Bett und geruhsamer Schlaf ohne Albträume hätte ich jetzt zwar besser gebrauchen können, vielleicht tat es aber auch ein Koffeinschub. Der Tag hatte doch gerade erst angefangen, aber der Schlafmangel saß mir jetzt schon in den Knochen. Ich presste mir die heiße Tasse an den Mund und nippte daran. Augenblicklich gingen Lippen, Zunge und Kehle in Flammen auf, und ich hatte den starken Verdacht, dass sich Brandblasen entlang meiner Speiseröhre bildeten. Aurelia schien es gar nicht zu bemerken.
»Also, erzähl doch mal, gefällt es dir bisher bei uns?«
Ich lächelte und räusperte mich, um herauszufinden, ob meine Stimme imstande war, ihren Weg durch meinen verbrannten Sprechapparat zu finden.
»Ja, und wie!« Es klang ein wenig kratzig. »Es ist einfach unglaublich hier. Die Arbeit an den Fotos gestern hat richtig Spaß gemacht; ich freue mich schon darauf, sie heute durchzugehen. Wie viele Aufnahmen möchten Sie denn von jedem sehen? Ich habe so viele tolle …«
»Eine einzige. Triff eine sorgfältige Wahl, aber such pro Person nur ein Bild aus. Und zeig sie mir morgen früh.«
»Natürlich.«
Sie schaute mich prüfend an, so als sei ich die Röntgenaufnahme einer winzigen Haarfraktur.
»Wundert es dich, dass ich dir so vertraue?«
Das fühlte sich wie eine Fangfrage an, die mich etwas aus der Bahn warf. Nach ein oder zwei Sekunden sagte ich schließlich: »Ihr Vertrauen ehrt mich, danke. Ich werde Sie nicht enttäuschen.« In diesem Moment kam Celine mit zwei weiteren Tabletts aus der Küche und setzte sie vor uns ab. Darauf war in drei Reihen zauberhaftes Backwerk angeordnet: Scones, Rosinenbrötchen, Petit-Fours, Plätzchen und kleine Sandwiches mit dünn geschnittener Gurke, Lachs oder Hummersalat, außerdem mundgerechte Obsttörtchen und Käsekuchenhappen, lauter kleine Kunstwerke.
»Du wirst schnell merken, dass deine Verantwortung hier wächst, wenn mir deine Arbeit gefällt«, erklärte Aurelia. Als sie nun einen Scone aus der obersten Reihe auswählte und ihn mitten auf ihrem Teller platzierte, stand ihr kleiner Finger ab wie eine Antenne. »Ich will dich jetzt nicht mit einem dieser ›Du erinnerst mich an mich selbst‹-Monologe langweilen. Du solltest aber wissen, dass ich dich nicht umsonst als Mentorin betreue. Ich denke, dass du es mal weit bringen wirst.«
Darauf war ich nicht gefasst gewesen. Es ratterte hinter meiner Stirn, während ich fieberhaft nach einer passenden Antwort suchte. Ich hatte aber gar keine Gelegenheit, etwas zu erwidern, da Aurelia augenblicklich weitersprach: »Siehst du den Balkon dort oben?« Sie deutete auf einen Vorbau in einer Ecke, in der Nähe der Fenster. Er sah groß genug aus, um zwei Personen Platz zu bieten. »Von dort aus könnte vielleicht ein Harfenspieler den Nachmittagstee begleiten. Was hältst du davon?«
»Ich
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