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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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gebunden, und ein Heiligenschein umgab ihr Haupt. Es war Nacht. In einiger Entfernung wachte ein dunkler Schatten über sie, er war nur ein Umriss hoch auf einem Hügel, wirkte aber bedrohlich. Die Figur im Wasser sah so aus, als sei sie etwa in meinem Alter. Auch wenn sie mir nicht unbedingt ähnelte – ihr Haar war viel heller als meins, ihre Haut fahl – hatte das Bild etwas … Vertrautes an sich. Auf eine Art und Weise, die ich selbst nicht begriff, fühlte es sich wie ich an.
    Wie hatte ich wohl ausgesehen, als man mich damals gefunden hatte? Ich hatte nicht im Wasser gelegen, aber rund um das schneebedeckte Stückchen Gras abseits der Straße war der Boden vereist gewesen. Ich war nur ein einziges Mal dorthin zurückgekehrt. Vor ein paar Jahren hatte ich Joan gebeten, mit mir dort hinzufahren. Ich fand einfach, dass ich die Stelle mal sehen sollte, auch wenn Joan das überhaupt nicht gepasst hatte. Vermutlich hatte die Szene damals ein bisschen so ausgesehen wie dieses Gemälde. Ein Mädchen, das man halbtot am Fuße eines Hügels zurückgelassen hatte.
    Ich weiß nicht, wie lange ich vor diesem Gemälde gestanden hatte, aber Lance war inzwischen weitergegangen, hatte sich den Rest der Ausstellung angeguckt und kam nun zurück.
    Ein paar Minuten lang stand er schweigend neben mir und starrte das Bild an. Schließlich flüsterte er: »Als Nächstes könnten wir die italienische Renaissance in Angriff nehmen, die ist ein Stockwerk über uns.«
    »Hast du hiervon schon mal gehört?«
    Er beugte sich zu dem Schild neben dem Werk vor und las laut: » La Jeune Martyre .«
    »Die junge Märtyrerin«, übersetzte ich den Titel nachdenklich, obwohl Lance ihn natürlich auch so verstand.
    »Von Paul Delarouche, 1855, Öl auf Leinwand. Musée du Louvre, Paris.« Er trat einen Schritt zurück, um das Bild noch mal in Augenschein zu nehmen. »Nein, nie gehört. Ziemlich unheimlich, nicht?«
    Ich nickte, ein Schaudern überkam mich, und ich gab mich noch einem letzten langen Blick hin, bevor ich mich endlich losriss.

10
    Du wirst dort unten nämlich
viel Zeit verbringen
    A ls Lance und ich das Art Institute endlich verließen, wurde es draußen schon dunkel. Wir hatten jeden Zentimeter des Museums erkundet, sogar in der Cafeteria eine Kleinigkeit gegessen und uns im Souvenirladen herumgedrückt. Ich hatte den Postkartenständer mit all den üblichen Verdächtigen – Van Gogh, Picasso und Monet – durchgesehen, bis ich sie schließlich gefunden hatte: eine Karte der Jeune Martyre . Dieser Dollar war gut angelegtes Geld.
    Auf dem Weg zum Hotel waren wir gerade um die letzte Ecke gebogen, und ich hatte bei dem heftigen, beißenden Wind mein Gesicht tiefer im Kragen meines Daunenparkas vergraben, als mir plötzlich siedend heiß etwas einfiel. Ich war so beschäftigt gewesen und hatte mich in Gedanken gerade auf die Standpauke vorbereitet, die uns wegen des Zuspätkommens vermutlich im Hotel erwartete. Aber jetzt überkam mich eine gewisse Unruhe – und gleichzeitig ein Kribbeln in der Narbe über meinem Herzen, das schließlich zu einem richtiggehenden Brennen wurde. Während ich versuchte, mir dort einen Eiswürfel vorzustellen, der das Feuer besänftigte, blieb ich jäh auf dem Gehsteig stehen. Lance ging noch ein paar Schritte weiter, sah plötzlich so aus, als hätte er irgendetwas verloren, hielt inne und schaute zu mir zurück.
    »Wenn du dich bewegst, ist es nicht so kalt. Vom Stillstehen bekommt man viel eher Frostbeulen, das ist wissenschaftlich erwiesen.«
    »Ja, schon klar«, erwiderte ich kopfschüttelnd. »Ich muss noch mal eben in die Drogerie. Ich habe vergessen, ein paar Sachen einzupacken, und die wollte ich schon seit Tagen besorgen, aber du weißt ja, dass hier alles drunter und drüber geht.«
    »Ich glaube, wir sind eben an einem CVS vorbeigekommen«, meinte er.
    »Brauchst du irgendwas, oder …?«
    »Nein, ich denke nicht, aber soll ich dich vielleicht begleiten? Es ist ja schon ziemlich dunkel. Ich komme wohl besser mit.« Wenn ich jetzt so darüber nachdachte, wäre mir das tatsächlich ganz recht gewesen. Ich hätte gern Gesellschaft gehabt, und zwar ab sofort bis zu dem Moment, an dem dieses Buch mit seinen Drohungen aufhörte – ich befürchtete aber, dass mein Einkauf mehr Fragen aufwerfen würde, als ich im Moment beantworten konnte.
    Hey, dieses Buch hat mir gesagt, ich soll so eine Art Bunker/Luftschutzkeller/Panikraum anlegen, also muss ich dafür noch ein paar Besorgungen machen, keine

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