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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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dieser Typ bestimmt längst über alle Berge, aber vielleicht kam er ja wieder zurück? Jetzt hörte ich vorn eine zweite, murmelnde Stimme. Ich kroch zum Ende des Ganges und sah zum vorderen Bereich des Ladens hinüber. Der Kassierer sprach mit einer Frau, einer weiteren Kundin.
    »Und dann ist er einfach mit einem Messer oder etwas in der Art hier rausgelaufen. Hat sie wohl damit angegriffen, vermute ich. Sie ist zusammengebrochen, hat ihm aber noch eins aufs Auge gegeben, bevor er verschwunden ist.« Der Verkäufer atmete tief durch, und dann sahen beide durch das Schaufenster hinaus. »So was ist mir in all den Jahren noch nie passiert. Wahrscheinlich hatte ich einfach nur Glück.«
    »Wo ist er denn hin?«, fragte ich von meinem Platz im Gang aus. Ich hatte noch zu viel Angst, um mich von dort wegzubewegen. Meine Stimme klang so schwach, dass ich mich selbst kaum hörte. Draußen lag eine Frau am Boden, und ein anderer Kunde hatte sich über sie gebeugt. Sie musste wohl noch am Leben sein, da der Mann mit ihr zu sprechen und eine Antwort zu erhalten schien. »Haben sie ihn erwischt?«
    »Das weiß ich nicht, Liebes«, antwortete der Kassierer, die Ellbogen auf dem Tresen aufgestützt. »Geht’s dir gut?« Ich nickte. »Ich hab uns eingeschlossen, bis die Polizei hier ist. Ich hoffe, das macht dir nichts aus; aber ich fand es einfach sicherer.«
    Ich nickte wieder und ließ den Blick über die Szene draußen vor dem Schaufenster wandern. Gleißende Lichter wirbelten, und es ertönten noch mehr Sirenen, als ein Krankenwagen vorfuhr. Aber noch bevor die Sanitäter aussteigen konnten, kam plötzlich Leben in das Opfer, die Frau richtete sich vorsichtig auf, suchte mit ihren Absätzen Halt, wickelte sich in ihren schwarzen Mantel und rannte dann los, und zwar so schnell, dass ich ihr Gesicht nicht erkennen konnte und nur ihr dunkles Haar im Wind wehen sah. Jetzt wurde mir klar, dass sie bei meiner Ankunft im Laden am Geldautomaten gestanden hatte. Der Sanitäter auf der Beifahrerseite sprang aus dem Wagen und lief hinter ihr her, blieb dann aber stehen und starrte in die Dunkelheit. Sie hatte ihn offenbar abgehängt.
    »Also, warum läuft die denn weg?«, wunderte sich der Kassierer kopfschüttelnd.
    Ich sah ihr hinterher und erwartete eigentlich, dass die Frau zurückkommen würde. Jetzt waren noch mehr Sirenen zu hören, und ein Polizeiauto fuhr mit Blaulicht vor.
    Ich sprach mit einem Beamten, der etwa Mitte vierzig war, einen kräftigen Bauch sowie einen dichten Schnurrbart hatte und mit breitem Chicagoer Akzent sprach. Er strahlte so viel Stärke aus, was ich irgendwie tröstlich fand. Ich gab zu Protokoll, was ich von dem Mann gesehen hatte, erwähnte aber nicht, dass ich ihn zu kennen glaubte. Denn das war doch nicht wirklich Beckett gewesen, oder? Dann fuhr ich zum ersten Mal in einem Polizeiwagen mit (was sich auf meinem Platz vorn vermutlich ganz anders anfühlte als auf dem Rücksitz). Der Polizist erzählte mir, dass sie den Täter nicht gefasst hatten und dass auch er nicht verstehen konnte, warum die Frau davongerannt war. »Vielleicht stand sie unter Schock«, überlegte er. »Aber wenn sie schon wieder laufen konnte, dann konnte es ihr ja so schlecht nicht gehen. Und du pass bloß auf dich auf, klar?« Ich nickte. Für ihn war das Ganze einfach nur ein weiterer Raubüberfall, aber wenn man so etwas nicht regelmäßig – oder überhaupt je – mitbekam, dann hinterließ ein solcher Vorfall einen bleibenden Eindruck. Und nach der Warnung dieses Buches hatte sich die Szene erst recht in mein Gedächtnis eingebrannt und ließ mich nicht mehr los.
    Ich war nur froh, dass ich den kurzen Weg zum Hotel nicht allein zurücklegen musste.
    Dante arbeitete mal wieder im Tresor, aber fünfzehn Minuten nach meiner Rückkehr klopfte Lance an meine Zimmertür – und zwar laut und mit Nachdruck. Ich machte auf, und er sprudelte bereits los, noch bevor ich hallo sagen konnte.
    »Du hast ja vielleicht gedacht, dass ich einfach nur höflich sein wollte, als ich dich gebeten habe, dich bei mir zu melden, aber nur damit du es weißt, das war tatsächlich ernst gemeint. Na ja, jedenfalls bin ich froh, dass du jetzt wieder da bist.« Er war eindeutig eingeschnappt und stolzierte auch schon wieder davon.
    »Ich bin gerade erst zurück«, rief ich ihm hinterher. Er blieb stehen und drehte sich um. »Tut mir leid. Das war ein langer Abend.«
    »Ja, ich weiß. Es ist zwei Stunden her, dass wir uns das letzte Mal gesehen

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