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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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ein richtiger Springbrunnen musste das gewesen sein, wegen des starken Gefäßdrucks.
    Zur Demonstration legte Photini das Messer an ihren eigenen Hals. Man musste tief genug schneiden, die Hauptschlagader war robust. Aber wenn man es richtig machte, sank der Blutdruck rapide ab, das Opfer wehrte sich dann kaum noch, eine Reaktion, wie sie von Schlachtvieh bekannt war. Die Tiere ergaben sich reflexartig in ihr Schicksal.
    »Wir vermuten, dass der Täter bei Eva von Barth anders vorgegangen ist. Sie hatte zusätzlich eine Stichwunde im Hals, der Todeskampf dauerte wahrscheinlich länger als bei den anderen Frauen.«
    Photini blickte zu Raupach, sie hatte einen Einfall. »Vielleicht war Eva von Barth das erste Mordopfer und nicht das letzte, wie wir bisher angenommen haben. Wenn ihre Leiche in einem kühlen Raum gelegen hatte, zum Beispiel im Keller, verlangsamte das den Verwesungsprozess. Vielleicht sind wir immer von der falschen Reihenfolge ausgegangen. So herum ist es plausibler. Zuerst Eva. Ihr Tod veranlasste den Täter zu zwei weiteren Morden.«
    »Möglich«, sagte Raupach.
    Photini wandte sich wieder Regine Hornung zu. »Und alles wegen dieser Wertgegenstände, die Ihr Sohn an sich gebracht hat. Ich wünschte, das wäre nur ein Film. Ist es aber nicht.«
    Regine Hornung saß starr da, eine Zigarette qualmte in ihrer Hand, die hatte sie längst vergessen. Ihr Gesicht sah aus, als sei es heruntergesackt.
    Als Photini nicht weiterredete, betrachtete Regine Hornung die Polizisten einen nach dem anderen, dann die Gardinen, da gab es auch keinen Ausweg, schließlich die Wandtapete mit den schrillen Farben in Rot- und Gelbtönen, Schwarz war auch dabei, die Silhouetten der Palmen.
    Raupach kamen Zweifel, ob sie angemessen vorgingen. Sie hatten für diese Theorie keinen einzigen Beweis. Hornung beziehungsweise der Täter hatte keine Spuren hinterlassen. Ihre Spekulation stand auf noch schwächeren Füßen als der Verdacht gegen Schwan.
    »Mein Mann«, begann Regine Hornung. »Er hätte nicht sterben dürfen.« Langsames Kopfschütteln. »Sein Testament. Das hat diesen Wahnsinn ins Rollen gebracht.« Sie schaute zu Boden, auf die Auslegeware.
    Raupach winkte Höttges, Reintgen und Hilgers nach draußen. Als sich die Tür schloss, bat er Regine Hornung weiterzureden.
    »Wir haben Hubert vor acht Jahren beerdigt. Er hat nie einen Ton gesagt über früher. Worte waren nicht seine Stärke, auch sonst nicht.« Ein schmerzerfüllter Blick zu Photini. »Aber am Ende konnte er’s wohl nicht für sich behalten.«
    »Was?«, fragte Raupach.
    »Als ich Hubert noch nicht kannte, Anfang der fünfziger Jahre, hat er schon auf Baustellen gearbeitet. Lange bevor er sich selbständig machte. Damals hatte er den Auftrag, einen Estrich zu legen.« Sie betrachtete ihre heruntergebrannte Zigarette, die Asche lag auf dem Teppich. »In dieser Villa in Marienburg. Im Keller. Hubert hat dafür einen guten Lohn bekommen.« Sie fuhr sich durch ihre aufwendige Frisur. »In dieser Zeit stellte man als Bauarbeiter keine Fragen, man wusste ja nicht, welchen Hintergrund ein Auftraggeber hatte, ich meine, was die Leute im Krieg so gemacht hatten, in welcher Position, verstehen Sie?«
    Regine Hornung wartete auf ein Zeichen der Bestätigung.
    »Ja«, sagte Raupach. Photini nickte.
    »Jedenfalls hat Hubert in dieser Villa gearbeitet. Gustav von Barth ließ das Haus von Grund auf instand setzen, die Engländer, die vorher da drin waren, haben nichts dran machen lassen. In einem bestimmten Raum hat sich mein Hubert aber gewundert. Da gab es so eine Art Grabplatte, mit Griffen dran, im Boden. Und da sollte er einfach drüberzementieren, das war ungewöhnlich.«
    Die Frau machte eine Pause und schaute sich in dem Zimmer um, als sei es ganz neu für sie. Als bemerke sie erst jetzt die kleinen Abweichungen, die zum Leben des Sohnes gehörten. Geldscheine exotischer Währungen klebten an der Tür, viele aus asiatischen Ländern.
    »Er hat die Arbeit dann auch gemacht. Aber zuvor wollte er wissen, was sich in dieser Grube befand. Also schaute er nach.« Regine Hornung zog vielsagend die Augenbrauen hoch. »Es war alles in Kisten verpackt. Hubert öffnete sie, aus purer Neugier, bevor es für immer unter dem Zement verschwand. Und dabei entdeckte er einen Schatz. Wertgegenstände, wie Sie schon sagten. Aus Gold und Silber, sehr kunstvoll, und Schriftrollen, jüdisch, das erkannte Hubert an den Buchstaben. Er war erst zwanzig damals, besonders viel sagten ihm

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