Das dunkle Erbe
hin.
»Was ist so lustig?«, fragte Raupach.
»Nichts.«
»An unserem Schlamassel hat sich wenig geändert. Wer hat Sophie Schwan und Gesa Simon auf dem Gewissen? War das auch Hornung? Verkleidet als Bernhard Schwan, in diesem Mantel, mit einem ähnlichen Auto?«
»Ich bin davon überzeugt.«
»Und das Motiv?«
»Er hat dadurch von dem entscheidenden Mord an Eva von Barth abgelenkt«, meinte Photini. »Und den hat er aus reiner Habgier begangen.«
»Keine Spur von einer Neurose?«
»Das sollte wohl nur so aussehen.«
»Wenn das stimmt«, sagte Raupach, »hatte Hornung anfangs gute Chancen, damit durchzukommen. Schwan war der perfekte Kandidat, dem man drei Morde anhängen konnte. Vermutlich war Hornung genauestens über ihn informiert. Er kannte Schwans Gewohnheiten, sein Verhältnis zu Frauen, wusste von dem Ferienhaus im Sauerland.«
Langsam formte sich ein Bild. Raupach kam es widerwärtig vor. Weil am Ende nur rohe, brutale Gewalt übrigblieb, emotionale Bezüge zu den Opfern schienen vollständig zu fehlen. Da hatte jemand schwerste Verbrechen begangen um der vagen Aussicht auf einen wie auch immer gearteten Schatz willen. Allerdings, das musste Raupach einräumen, hatte so ein Schatz die Eigenschaft, größer zu erscheinen, je mehr Geheimnisse ihn umgaben.
»Du hast dich doch lang mit Hornung unterhalten, Fofó«, fuhr er fort. »Wäre er zu so etwas fähig?«
»Wie oft hatten wir das schon? Dass es einfach nur ums Geld ging?«
»In diesem Fall wahrscheinlich um Millionen.«
»Vielleicht hatte er persönliche Beweggründe, von denen wir noch nichts wissen. Oder eines kam zum anderen: Er machte einen Fehler, und um ihn zu korrigieren, beging er weitere.« Sie nickte Raupach aufmunternd zu. »Das finden wir noch heraus. Ohne fremde Hilfe.«
Raupach hatte Sharon zurück in ihre Pension geschickt. Er fühlte sich nicht mehr an ihre Abmachung gebunden. Sie würde Informationen bekommen, wenn es die Ermittlung nicht behinderte.
Höttges wartete an der Einfahrt zu Hornungs Baufirma und wies Photini ein. Das Gelände mit der Baracke und dem Wohncontainer sah schäbig aus, kein einziges Baufahrzeug stand mehr auf dem Hof. Solche Betriebe brummten entweder, oder sie waren pleite.
»Charly und Horst«, stellte Höttges die beiden Arbeiter vor. Sie saßen auf einer Bierbank und starrten Löcher in die Luft. »Ihre Kollegen sind längst gegangen, um sich woanders eine Beschäftigung zu suchen. Das Gehalt für diesen Monat müssen sie wohl in den Wind schreiben.«
»Schöne Bescherung«, sagte Charly. »Ich fass es immer noch nicht.«
Höttges hielt einen Aktenordner hoch, den er in dem Wohncontainer gefunden hatte. »Hornungs Angestellte sind alle ordnungsgemäß registriert. Von denen hat er keinen auf der Baustelle gegenüber der Villa eingesetzt. Ich hab das überprüft.«
»Sie wissen immer genau, was zu tun ist, Höttges. Das muss ich mal loswerden.« Raupach nickte ihm anerkennend zu.
Die meisten Mitarbeiter in seinem Team waren jung. Er vertraute ihnen seit seinem letzten großen Fall. Weil die älteren ihn enttäuscht oder verraten hatten.
»Dann erzählt dem Kommissar mal, was Ihr mir gerade gesagt habt.« Höttges setzte sich zu Horst und Charly. »Na los, Hornung ist über alle Berge.«
Horst machte den Anfang. »Also, von diesem Tunnel hat keiner der Kollegen was gewusst. Da hat der Chef wohl jeden rausgehalten, das muss er allein gemacht haben. Oder mit Illegalen. Er ist auch immer wieder von der Baustelle in Zollstock verschwunden. Auch am letzten Freitag.«
Raupach und Photini lehnten sich an den Dienstwagen und hörten zu.
»Ich glaube, er und Sophie Schwan hatten mal was miteinander«, sagte Charly. »Nichts Ernstes, aber irgendwann sind die sich mal nähergekommen. So, wie die sich verhalten haben. Die verstanden sich ziemlich gut.«
»Und Gesa konnte er gar nicht leiden«, fuhr Horst fort. »Das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Sie hat ihm vorgeworfen, dass er immer nur das machen würde, was am meisten Kohle bringt, wegen dieses Kellerumbaus. Dass ihm egal wäre, wie es mit den Arztpraxen weitergeht.«
Charly nickte. »Er hat ihr mal eine Behandlungsliege zusammengeschraubt, weil der Doktor das so angeordnet hat. Dabei sind wohl ziemlich die Fetzen geflogen, so wie der Chef danach über sie hergezogen hat.«
»Bekam Doktor Schwan das mit?«, fragte Raupach.
»Schwer zu sagen«, meinte Charly. »Wenn Gesa sich bei ihm beschwert hat, schon. Aber das war nicht ihre
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