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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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die Straßenverkehrsordnung vorlesen würdest.«
    »Der Typ in dem Kastenwagen verstößt gegen das Gesetz«, beharrte Höttges. »Das ist gemeingefährlich.«
    »Sind wir Verkehrsbullen?«
    »Nein«, gab Höttges zu.
    »Haben wir Zeit, uns tausend faule Ausreden anzuhören? Da musst du nämlich durch, bevor du ihm seinen Schein wegnimmst.«
    »Kann ich drauf verzichten.«
    »Was schlägst du also vor?«, fragte Photini.
    »Ihn mit einem süßen Lächeln vorbeilassen? Das kannst du doch gut.«
    »Hast du das beim Bund gelernt? Dem Feind ein paar Nelken in den Gewehrlauf stecken?«
    »Also doch rechts ranwinken?«
    »Du bräuchtest Heide als Telefonjoker.« Photini gab einen Funkspruch durch. Autotyp, Farbe, amtliches Kennzeichen, kurze Beschreibung des Fahrers, der den Mittelfinger hochreckte, als hätte er einen Krampf im Arm. Die Kollegen bestätigten.
    »Sieh mal, die 120 sind aufgehoben.« Photini ging aufs Gas, es presste Höttges in den Sitz. Der BMW hatte einen ordentlichen Abzug.
    Der Kastenwagen entschwand in einer Spielzeugszenerie, so klein wurden die Fahrzeuge im Rückspiegel. Es dauerte nicht lange, bis sie an einer Autobahnstreife vorbeikamen. Photini winkte und wies mit dem Daumen nach hinten. Die Kollegen gaben den Gruß lächelnd zurück.
     
    DIE STRASSE führte in unregelmäßigen Windungen durch eine Ortschaft, stetig bergauf. In einer Kurve lagen zermatschte Mohrrüben, dann kam ein längeres Waldstück, geschlagenes Holz neben dem Asphaltstreifen, Wegweiser für Wanderpfade. Nach zwei Kilometern erste Häuser. Die teilnahmslose Stimme des Navigators meldete, dass der Zielort erreicht war. Föckinghausen im Sauerland. Von nun an folgten sie Schwans Wegbeschreibung.
    Nebel lag über den spitzen Giebeln. Einzelne Schwaden hingen über den Gebäuden wie trügerische Wetterfahnen. Keine Leute auf der Straße.
    »Schon mal im Außendienst gewesen?«, fragte Photini. »Auf dem Land?«
    »Selten.«
    »Das Erste, was wir gemeinsam haben.«
    Höttges registrierte alles, was er wahrnahm, wie ein Aufnahmegerät. Das war seine Stärke. Er brauchte sich keine Notizen zu machen.
    Am Ende des Ortes bogen sie zu einer Pension ab. Man musste daran vorbeifahren, um über eine schmale Zugangsstraße Schwans Ferienhaus am Waldrand zu erreichen. Die beiden Gebäude befanden sich in Sichtweite voneinander. Vor dem Ferienhaus stand ein Streifenwagen: die Kollegen aus Meschede. Photini wendete und parkte vor der Pension. Sie vernahmen den Wirt.
    »Ja, am Freitagabend ist hier ein Auto durchgekommen.« Der Mann wischte sich die Hände an einer Schürze ab. Er war mit den Vorbereitungen fürs Abendessen beschäftigt und hatte den Ortspolizisten bereits alles erzählt, was er wusste. »Es war schon dunkel. Ich hab nicht groß drauf geachtet, am Wochenende haben wir hier einen Haufen zu tun. Doktor Schwan ist hier gut bekannt. Manchmal kommt er zum Essen.«
    »Und am Freitag?«, fragte Photini und trank ihren Kaffee in großen Schlucken. Ohne den würde sie keinen Schritt weitergehen.
    »Er war nur kurz in seinem Haus.« Der Wirt fuhr sich über seine Glatze. »Hat wohl nur nach dem Rechten gesehen.«
    »Ist er dort über Nacht geblieben?«
    »Nein, und das hat mich gewundert. Ich dachte, er sei übers Wochenende gekommen.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie den Doktor gesehen haben?«, fragte Höttges. »Persönlich?«
    »Wie?«
    »Konnten Sie ihn identifizieren?«
    »Ich hab seinen Audi vom Küchenfenster aus gesehen. Wer sollte es sonst sein?«
    Die beiden Ermittler stiegen wieder ins Auto und fuhren das letzte Stück zum Ferienhaus. Der Straßenbelag wurde uneben, nach hundert Metern war es nur noch ein Feldweg. Der Nebel war dichter geworden und ließ wenig vom Licht der untergehenden Sonne durch. Nicht ungewöhnlich fürs Sauerland, wie Photini von Raupach wusste. Sie hätte ihn jetzt gern an ihrer Seite gehabt.
    »Was wollten Sie denn in der Pension?«, fragte Kommissar Emrich anstelle einer Begrüßung.
    »Kaffee, nach der Fahrt. Tut mir leid, dass Sie warten mussten.« Photini schlüpfte unter dem Absperrband durch und hob es für Höttges an.
    Sie betrachteten den Weg, der zum Eingang des Hauses führte. Jede Menge Sohlenabdrücke von Halbschuhen, wie sie die beiden Polizisten aus Meschede an den Füßen trugen. Für die Reifenspuren galt das Gleiche. Emrichs Fahrzeug stand auf einem kleinen Parkplatz neben dem Haus. Eine Garage gab es nicht.
    »Sie sind nur zu zweit?«
    »Sie doch auch.« Emrich musterte Photini und

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