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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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getan. Gegen neun war ein wenig Leerlauf. Wir haben hier viele Wandergäste. Man muss für die Lunchpakete am Wochenende immer was auf Vorrat haben.«
    Photini schaute hoch. »Das ist der Abend, für den wir uns interessieren.«
    »Hab ich mitbekommen. Wegen dieser Leiche?«
    »Wir ermitteln gegen Doktor Schwan. Ihm gehört das Ferienhaus drüben am Waldrand.«
    »Ach so.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Nein, ich arbeite hier nur zur Aushilfe. Hab vor kurzem mein Examen an der Uni gemacht. Demnächst kriege ich in Meschede einen Posten bei der Stadt, in der Pressestelle. So lange jobbe ich hier.«
    »Wie heißen Sie?«
    »Kerstin Zipproth.« Sie lachte. »Aber nicht mehr lange. Ich heirate im Sommer.«
    Photini nahm einen Schluck Bier und legte das Sandwich beiseite. »Setzen Sie sich. Vielleicht können Sie uns helfen.«
    »Wie denn?«
    »Die Küche liegt nach hinten raus, zum Wald hin. Haben Sie am Freitagabend gesehen, was drüben beim Ferienhaus vor sich ging?«
    »Ja.« Die junge Frau nahm neben den Ermittlern Platz. Ihre kurzen blonden Haare endeten im Nacken. Sie wirkte so frisch, als sei sie gerade erst aufgestanden. Das konnte aber auch an den Sommersprossen auf ihrer Nase liegen.
    »Wie bitte?«, wunderte sich Photini. Sie holte ihr Aufnahmegerät hervor und schaltete es ein. »Darf ich?«
    Kerstin Zipproth nickte. »Ich hab mitgekriegt, wie ein Auto hingefahren ist. Silbern.«
    »Welche Marke?«, fragte Höttges.
    »Weiß ich nicht. Da kenn ich mich nicht aus.«
    »Und weiter?«
    »Ich hab nicht dauernd hingesehen, musste ja Sandwiches schmieren.«
    »Ist jemand aus dem Auto ausgestiegen?«
    »Ja. Der Mann trug einen hellen Mantel, der fiel richtig auf in der Abenddämmerung.«
    »Was hat er getan?«
    »Zuerst gar nichts. Er stand nur da und schaute. Dann hab ich mich wieder um die Stullen gekümmert.«
    »Ist das alles?«, fragte Photini.
    »Er hat kein Licht gemacht.«
    »Und?«
    »Ich glaube, er ist gar nicht in das Haus reingegangen.«
    Kerstin Zipproth fragte, ob sie noch etwas zu trinken bringen könne. Der Wirt stand hinter dem Ausschank. Photini bestellte bei ihm eine neue Runde und bat die Frau, am Tisch zu bleiben und fortzufahren.
    »Ich hab von der Arbeit immer wieder hochgeschaut, was sich da tut. Sie wissen schon, wenn die Lichter angehen, weiß man, dass jemand angekommen ist, und man kümmert sich nicht weiter drum. Aber bei Doktor Schwan tat sich überhaupt nichts.«
    »Und weiter?«
    »Der Mann ging zum Wald. Ich dachte, er hätte einen Rucksack auf den Schultern.« Die Bedienung machte eine Pause. »Aber das war wohl was anderes.«
    »Kann man so sagen«, ergänzte Photini. »Haben Sie gesehen, wie er zurückkam?«
    »Nein, da war ich wieder mit servieren beschäftigt.«
    Kerstin Zipproth überlegte. »Es ging mir nicht aus dem Kopf. Ich hab mich gefragt, was an diesem Mann ungewöhnlich war. Dieses Gefühl, wenn etwas nicht stimmt, das kennen Sie sicher auch.«
    Höttges tauschte Blicke mit Photini.
    Der Pensionswirt brachte ein Bier und zwei Wasser.
    »Nach einer Weile hab ich mir keine Gedanken mehr darüber gemacht«, fuhr die Bedienung fort. »Aber jetzt seh ich wieder alles vor mir.« Sie machte eine Pause und blickte zu einem Fenster. »Der bewegte sich wie ein Fremder. Der kannte sich nicht richtig aus.«
     
    DEN NEUEN BMW abzugeben war ein unverzeihlicher Fehler gewesen. Der Wagen, den sie aus dem Fuhrpark bekommen hatte, war eine Katastrophe. Ein Geruch, als hätten darin pubertierende Jugendliche übernachtet, so ein süßsaurer Schweiß in den Sitzen, gepaart mit alten Socken. Die Musik des eingestellten Radiosenders war ungenießbar. Irgendein Observationsteam hatte den Kübel zuletzt benutzt. Er war so hässlich wie die Nacht finster. Heide versuchte, es sich trotzdem irgendwie gemütlich zu machen, und behielt den Eingang des »Boudon« im Auge. Miss Springman wollte nicht reden. Vielleicht wollte sie ausgehen? Sich mit jemandem treffen? Möglicherweise mit einem Informanten. Diese Frau suchte nach etwas, wovon die Polizei nichts erfahren durfte.
    Ein Straßenzug mit einer Backsteinmauer auf der einen Seite und parkenden Autos auf der anderen. Weiter vorn der beleuchtete Hoteleingang, ein gelblicher Klecks in der Nacht. Hin und wieder fiel dieser Kölner Nieselregen, der jeden Frühling unbarmherzig begleitete. Eine Gruppe Betrunkener torkelte vorbei und schaffte gerade noch die Kurve ins »Boudon«. Geschäftsleute, den Mänteln nach zu schließen. Auf ihren imprägnierten

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