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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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arbeiten Sie denn gerade?« Höttges wies auf den schmutzigen Overall.
    »Kellerausbau. Das macht jede Menge Dreck.« Hornung verließ die Küche und inspizierte die Arbeiten im Sitzungssaal. Er war gar nicht zufrieden. »Verdammt, so geht das nicht! Schmale Rinnen, hab ich gesagt. Ihr pickelt ja die halbe Mauer weg!« Er nahm Charly Hammer und Meißel ab und machte es ihm vor.
    »Ich muss dann wieder weiter«, entschuldigte sich Höttges und verließ die Baustelle.
     
    SYLVIA FEICHTNER genoss ihre kleine Flucht. Sie hatte selten Zuhörer, vor denen sie ihre Gedanken aneinanderreihen konnte, und dieser Kommissar schien sich Zeit zu nehmen, obwohl er seine Arbeit machen musste und Dinge in Erfahrung bringen wollte, über die nicht so leicht zu reden war. Sie erzählte von ihrem Mann, Harald Feichtner, einem Unternehmensberater, vielbeschäftigt, häufig auf Reisen, verständnisvoller Vater. Leider konnte er sich selten um die Kinder kümmern, auch am Wochenende. Alles bleibe an ihr hängen, sie habe kaum eine freie Minute. Derzeit versuchte sie, wieder ins Berufsleben einzusteigen, halbtags, auf ihrer alten Stelle beim Finanzamt.
    Als sie wegen der Zwillinge einen Anruf von der Schule erhalten habe, sei sie heute früher nach Hause gekommen. Es war nicht das erste Mal. Die Jungs durchliefen ein schwieriges Alter.
    So schlenderten sie dahin auf einem Rundweg um den See. Der Klettenbergpark war wirklich eine besondere Anlage, wenn man bedachte, dass er ursprünglich als eine Art Zitatensammlung der Natur gedacht gewesen war. Künstlich wirkte hier gar nichts. Die Idee hatte sich längst der Wirklichkeit anverwandelt.
    »Reden wir über Ihren Großvater«, fing Raupach schließlich an. »Wofür hat sich diese Frau gestern interessiert?«
    »Ich konnte ihr nicht viel sagen. Das wenige, was ich weiß, musste ich meinem Vater über all die Jahre aus der Nase ziehen.«
    »Gottlieb Wenzel.«
    »Er sprach ungern vom Krieg. Er wurde dann immer laut, schon bei einer völlig neutralen Frage.«
    »Hatte er keinen Sinn für Familiengeschichte?«
    »O doch! Irgendwann fand er sogar heraus, dass die Wenzels ein Wappen haben und wie es aussieht. Bis zum Dreißigjährigen Krieg hat er unseren Stammbaum zurückverfolgt.«
    »So weit? Das können nicht viele von sich behaupten.«
    »Ahnenforschung war sein Steckenpferd. Ich war froh darüber, es hat ihn beschäftigt.«
    Raupach überlegte, wo er ansetzen sollte. Er durfte Sylvia Feichtner nicht das Gefühl geben, ihm Rede und Antwort stehen zu müssen, sonst würde sie misstrauisch werden, und er musste sich seine Informationen umständlich auf anderen Wegen besorgen.
    »Sie haben Ihren Großvater Ernst ja nicht mehr gekannt«, sagte er. »Bedauern Sie das?«
    »Und wie! Er war ein interessanter Mann, ganz anders als die meisten Leute damals.«
    »Inwiefern?«
    »Wissen Sie nicht, wie er gestorben ist?«, wunderte sie sich.
    »Nein.«
    »Ich dachte, darüber haben Sie Akten.«
    »Die sind meistens nicht besonders aussagekräftig. Was lässt sich schon aus ein paar Daten herauslesen?« Er hoffte, dass Photini und Niesken mehr Material zusammentrugen.
    »Da haben Sie recht!«
    Sie gelangten in ein Waldstück. Das helle Grün des Frühlings brachte die Baumkronen zum Leuchten.
    »Großvater wurde von seinen eigenen Landsleuten umgebracht. Weil er kapitulieren wollte.« Sie schaute stur geradeaus und schritt langsam und gleichmäßig voran. Das verlieh ihr Sicherheit. »Als die Amerikaner anrückten und sich ins Stadtzentrum vorkämpften, wollte er ihnen mit einer weißen Fahne entgegengehen. Ein paar Deutsche hatten sich am Dom verschanzt, so Hundertzehnprozentige. Die sahen, was er vorhatte, und knallten ihn einfach ab.« Sie blieb an einer Parkbank stehen und lehnte sich dagegen.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Großmutter war dabei, die kriegte alles hautnah mit. Damals, im März 1945, gab es ja keinerlei Aussichten mehr, den Krieg zu gewinnen. Die Gestapo hat aber noch fürchterlich gewütet, bevor die Amis Köln einnahmen. Da wurden knapp davor Gefangene aufgehängt und ganz normale Leute exekutiert, zur Abschreckung, weil sie angeblich Vaterlandsverräter waren und mit dem Feind gemeinsame Sache machten. Dabei wollten die nur retten, was noch zu retten war. Manche haben auch bloß BBC gehört, das reichte schon.«
    Sie schüttelte unentwegt den Kopf. »Ich hab mich oft gefragt, warum manche Deutsche auf den letzten Metern so ausgerastet sind. Ein junger Nazi hielt meiner Großmutter

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