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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Adresse. Ein dreigeschossiges, langgezogenes Mietshaus, die Fenster mit Backstein eingefasst, bogenförmiger Eingang. Er klingelte.
    Aus der Sprechanlage drang ein ohrenbetäubender Schrei. Kreischen, irgendwelche Laute zwischen Lachen und Weinen, gefolgt von Türenknallen. Kurze Pause, dann eine unwirsche Frauenstimme. »Ja?«
    »Polizei. Ich habe nur ein paar Fragen. Kein Grund zur Beunruhigung.«
    Die Tür ging auf. Raupach betrat das Haus. Es war gleich die Wohnung im Erdgeschoss. Zwei Paar Inliners lagen neben dem Eingang, samt Schützern und Helmen.
    »Sylvia Feichtner?« Raupach zeigte seinen Dienstausweis.
    »Was wollen Sie?« Die Frau war mit den Nerven am Ende. Stress, Resignation, aber auch Wut und Argwohn. Eine Mischung, die sie schwer zugänglich erscheinen ließ.
    Der Kommissar kam ohne Umschweife zur Sache. »Wir ermitteln in einem Mordfall. Keine Angst, Sie sind davon nicht betroffen. Es geht nur um das Haus, das Ihr Großvater Ernst Wenzel während des Krieges bewohnt hat. Die Villa in Marienburg.«
    »Versteh ich nicht.« Sylvia Feichtners Wangen waren stark gerötet. Sie trug ein ausgeschnittenes T-Shirt mit Blumenmuster, Jeans, Mokassins, alles nicht billig, Haarband, modische Frisur, kein Make-up. Eine gepflegte Erscheinung, die gerade in Auflösung begriffen war. Niesken hatte ihr Alter mit neununddreißig angegeben.
    »Komme ich ungünstig?«
    »Kann man wohl sagen.«
    Ein dumpfer Aufprall hinter der Tür, die vom Eingangsbereich ins Innere der Wohnung führte. Gebrüll und Wummern, als sei dort eine Schlägerei im Gange. Die Frau drehte sich mit geballter Faust um, besann sich dann aber.
    »Ihre Kinder?«, fragte Raupach. Er fühlte sich an seine Schwester Sigrid erinnert, an seine Nichte, den zugehörigen Mann und den Hund. Bei denen ging es ähnlich zu, zumindest bis er dort bei seinem letzten Besuch die Flucht ergriffen hatte. Das war lange her.
    »Die haben heute wieder einen Verweis bekommen. Den zweiten in diesem Jahr.«
    »Alle beide?«
    »Zwillinge, die puschen sich gegenseitig hoch. Der Lehrer hat sie heute früher nach Hause geschickt.« Sie seufzte. »Ich hab versucht, ihnen den Kopf zurechtzusetzen. Ohne Erfolg, wie Sie sehen.«
    »Jungs?«
    »Leider.«
    »Wie alt?«
    »Neun.«
    »Das verwächst sich.« Raupach hatte die Formulierung beim Kollegen Mülder aufgeschnappt, eine Art Standardbemerkung bei allen Erziehungsfragen.
    »Ich muss da gleich wieder rein, sonst drehen die sich gegenseitig den Hals um. Machen Sie’s kurz.«
    »Erlauben Sie, dass ich Ihnen ein paar Fragen über Ernst Wenzel stelle?«
    Sylvia Feichtner drehte die Augen zur Decke. »Gestern wollte jemand genau das Gleiche.«
    Er horchte auf. »Wer denn?«
    »Eine Frau von so einem … Geschichtsforschungsverein. Warum ist es plötzlich wichtig, was mein Opa getan hat?«
    Raupach ließ sich eine Personenbeschreibung geben. Sie traf auf Sharon Springman zu.
    »Nach dieser Frau wird gefahndet.«
    Sylvia Feichtner erschrak. »Wegen Mordes?«
    »Nicht direkt, aber in diesem Zusammenhang.«
    »Wir haben uns nur kurz unterhalten. Nach und nach wurde sie … unverschämt, richtig anklägerisch, obwohl dafür ja gar kein Anlass besteht. Da hab ich sie vor die Tür gesetzt.«
    »Worüber haben Sie geredet?«
    »Darüber möchte ich, ehrlich gesagt, nicht sprechen, nicht im Treppenhaus.« Sie schaute sich um und machte keine Anstalten, den Kommissar hereinzubitten.
    »Natürlich können Sie die Aussage verweigern. Das steht Ihnen zu.« Raupach dehnte die Worte.
    »So hab ich das nicht gemeint, Herr Kommissar.«
    Sie zögerte. »Können Sie nicht ein andermal wiederkommen?«
    »Wir dürfen in dieser Sache keine Zeit verlieren.«
    »Tja, was machen wir denn da?«, sagte sie ratlos.
    »Entweder wir gehen zu Ihnen rein und ich richte ein paar eindringliche Worte an Ihre Jungs …«
    Sie prustete los. »Das können Sie gern probieren. Ich meine, vielleicht schüchtert das die Kerle ein … Aber ich bezweifle, ob es lange vorhält.«
    »Oder wir gehen rüber in den Park und vertrauen darauf, dass die zwei sich noch eine Weile am Leben lassen.«
    Ihre Miene hellte sich auf. »Warum eigentlich nicht? Sagen Sie ihnen, dass Sie mich mitnehmen müssen, das macht sicher Eindruck.« Sie freute sich diebisch.
    Raupach öffnete die Tür. Junge I kniete auf Junge II und drückte ihn zu Boden, während Junge II das Gesicht von Junge I mit der freien Hand zu einer Horrormaske verformte. Sie keuchten schwer.
    »Polizei. Ich nehme eure Mutter

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