Das dunkle Erbe
jetzt zum Verhör mit. Seid brav, dann bringe ich sie euch vielleicht wieder.«
Sie hielten inne, die Augen leer von der körperlichen Anstrengung. Bei Junge II siegte die Besorgnis. »Und wer macht Mittagessen?«
HILGERS ÜBERNAHM das Umfeld von Sophie Schwan und die Bekannten des Doktors. Reintgen sprach mit mehreren Kollegen von Gesa Simon und ihrer engsten Freundin. Einige Personen, unter anderem Sophies Eltern, waren bereits vernommen worden. Jetzt interessierte die Ermittler, welches Verhältnis die Leute zu Eva von Barth hatten, ob sie in der Villa verkehrten, vielleicht als Patienten. Viele Befragungen, keine konkreten Hinweise.
Das Vermögen der Ärztin war überprüft worden hinsichtlich des zu erwartenden Erbes. Eva von Barth hatte ein wenig Geld auf die hohe Kante gelegt, Wertpapiere, zwei Sparbücher, zusammen etwa fünfzigtausend Euro, nicht mehr als ein Polster für unvorhergesehene Ausgaben. Für eine Medizinerin war das nicht viel.
Höttges versuchte als Erstes Hornung ausfindig zu machen. Das Büro seiner kleinen Baufirma lag auf der anderen Rheinseite in Poll, hinter einem ockerfarbenen Mietshaus, in dem er selber wohnte. Es bestand aus einer Baracke und einem Wohncontainer. Auf dem Hof standen verrostete Baufahrzeuge, die nicht so aussahen, als könnten sie sich noch vom Fleck rühren. Hornungs Mutter Regine hielt die Stellung, resolut, seit Jahrzehnten Geschäftsfrau, unregelmäßig blondiert und stark geschminkt. Manche älteren Frauen konnten es nicht lassen, sich übertrieben herauszuputzen. Von ihr erfuhr Höttges, dass Hornung derzeit zwei Baustellen unterhielt, eine direkt in Poll und eine in Zollstock.
Bei den entsprechenden Adressen war er aber nicht anzutreffen. Höttges ließ sich von den Arbeitern Hornungs Handynummer geben. Er meldete sich aus einem Baumarkt, war gerade dabei, Gipskartonplatten und Dämmmaterial zu besorgen. Höttges solle in Poll warten, bis er eintraf.
CHARLY UND Horst waren damit beschäftigt, den Sitzungssaal eines Karnevalsvereins zu modernisieren. Gerade verlegten sie neue Stromleitungen. Sie knieten auf dem Boden und schlugen mit dem Meißel Vertiefungen für die Kabel ins Mauerwerk.
»Der Chef ist immer unterwegs. Manchmal ist er stundenlang weg. Der hat Hummeln im Hintern«, sagte der eine.
»Sonst geht ja nichts voran«, meinte der andere. »Einer muss den Überblick behalten.«
»Den hab ich auch. Wir bauen hier ja nicht die Pyramiden.«
Höttges wollte sich auf einem Stapel Zementsäcke niederlassen, entschied sich dann aber für eine umgedrehte Bierkiste. »Packt Herr Hornung auch mal mit an?«
»Wenn er nix Besseres zu tun hat.« Charly war der Skeptische der beiden, vermutlich Gewerkschaftler. »Kommt aber selten vor.«
»Du bist gut«, widersprach Horst. »Am Freitag hat er geholfen, die Mauer zum Hinterzimmer einzureißen.«
»Ja, bei so was isser dabei. Ordentlich Krach machen, dass es nur so staubt, alles auf die Schnelle, da staunt der Bauherr.«
»Kannst ja deinen eigenen Betrieb aufmachen.« Horst, die Stimme der Vernunft.
»Und jedes Jahr bei der Bank betteln gehen? Ohne mich.«
»Einer trägt das Risiko. So ist das in der freien Wirtschaft.«
»Ich sag ja nix«, wehrte Charly ab. »Hab ich mich jemals beschwert?«
Höttges hob eine schwere Bohrmaschine auf und wog sie in der Hand. Mit so einem Teil würde er gern mal loslegen.
»Kannst du damit umgehen?«, fragte Charly.
»Wofür braucht man so dicke Löcher?«, wunderte sich Höttges.
Trockenes Lachen. »Bist du schon lang bei deiner Truppe?«
»Geht so.« Höttges legte das Gerät wieder hin.
Die beiden Arbeiter tauschten Blicke. Man hatte ihnen einen Anfänger geschickt. Wenigstens stand er nicht im Weg herum.
»Kennt ihr Eva von Barth?«
Kurzes Schweigen. »Sie ist tot, oder?« Charly richtete sich auf, sein Rücken schmerzte. »Hab ich im Radio gehört.«
»Mausetot.« Höttges entdeckte auf der Fensterbank einen Kugelschreiber. Er hielt ihn sich an die Kehle. »Da hat jemand kurzen Prozess gemacht.«
»Wir sollten demnächst in der Villa anrücken«, sagte Charly. »Den Keller herrichten, aber das hat sich wohl erübrigt.«
»Gekannt haben wir sie nicht.« Auch Horst unterbrach jetzt seine Arbeit. »Gesehen, das schon. Wenn’s bei den Doktoren in Marienburg was zu tun gab. Normalerweise ist das nicht unser Revier.«
»Wer ging denn in der Villa so ein und aus?«, fragte Höttges. »Außer den Patienten und den Angestellten?«
Horst zuckte mit den
Weitere Kostenlose Bücher