Das dunkle Fenster (German Edition)
Reihen das Attentat geplant hatte und jetzt verhindern wollte, dass seine Rolle offenbar wurde. Was bedeutete das?
Es erhärtete vor allem die Theorie, dass sie als potentielle Mitwisserin ebenfalls auf der Abschussliste stand. Es konnte erklären, warum Mitglieder einer israelischen Spezialeinheit Jagd auf sie gemacht hatten. Es hinterließ einen ätzenden Geschmack in ihrer Kehle.
„Und was tun wir jetzt?“
„Viktor Kusowjenko ist der Schlüssel. Er kennt den Auftraggeber. Wenn wir Viktor finden, kriegen wir unseren Mann.“
47 Tel Aviv | Israel
Katzenbaum blieb in der Küche sitzen, lange noch, nachdem sich Binyamin Shalev verabschiedet hatte. In seinem Geist kreisten die Fragen, die er stundenlang mit Binyamin diskutiert hatte. Wer waren die Männer in diesem BMW-Geländewagen gewesen, von denen einer einen tschechischen Ausweis besaß? Wer hatte sie geschickt? Und vor allem – wie hatten sie Fedorow so schnell gefunden? Das war die eine Sache. Die andere – war eigentlich viel schlimmer. So schlimm, dass sein Magen sich verkrampfte. Die Sache mit den Sayeret Mat’kal Männern. Irgendwer hatte die Operation an der Bucht bei Kalymnos boykottiert. Jemand, der offensichtlich nicht wollte, dass Fedorow lebend in die Hände des Mossad geriet. Jemand, der es für klug hielt, die Frau vorsichtshalber gleich mit zu erledigen.
Jemand aus den eigenen Reihen.
Das war zwar nur eine Vermutung, aber die Indizien ließen sich einfach nicht von der Hand weisen. Von jetzt an, hatte er mit Binyamin vereinbart, würden sie alle weiteren Schritte nur noch heimlich ausführen. Fieberhaft überlegte er, wer vertrauenswürdig war. Niemand, gestand er sich ein. Vor vierundzwanzig Stunden hätte er es für undenkbar gehalten, dass jemand in den eigenen Reihen gegen ihn spielen könnte. Aber jetzt sah alles anders aus. Wem konnte er noch vertrauen? Er ging im Kopf die Liste durch.
Rafiq, dachte er dann.
Rafiq interessierte sich im Moment nur für eines – Carmen Arndts sichere Rückkehr. Das war eine starke Motivation. Rafiq hätte niemals zugelassen, dass Carmen geopfert werden würde.
Im Nebenraum sprang mit einem leisen Piepsen das Faxgerät an und riss ihn aus seinen Überlegungen. Katzenbaum angelte nach seinen Krücken und stemmte sich vom Stuhl hoch. Gott, wie er es hasste, so unbeweglich zu sein. Er humpelte hinüber ins Arbeitszimmer, blieb vor dem Gerät stehen und fixierte das Blatt Papier, das zentimeterweise aus dem Schlitz geschoben wurde. Er packte es und zog es heraus, bevor der Vorgang ganz abgeschlossen war. Schnell überflog er die Zeilen, dann ließ er frustriert den Papierbogen fallen.
Es war eine Nachricht von David Grolanik, betreffend der beiden Toten aus dem BMW-Geländewagen. Der kurze Text bestätigte nur das Bild, das sich vor Katzenbaum ausbreitete. Sie standen mitten in einem riesigen Puzzle und sie hatten keine Ahnung, wie die Teile zusammenpassten.
48 Jerusalem | Israel
David Liberman fühlte sich elend, als er aus dem Auto stieg und seinen Fahrer anwies, ihn in einer Stunde wieder abzuholen. Er hatte schlecht geschlafen, nachdem gestern Abend der Russe angerufen und gesagt hatte, dass die Kosten gestiegen waren, weil er zwei Leute verloren hatte. Eigentlich war das Kusowjenkos Problem, aber der Russe wusste genau, dass Liberman unter Druck stand und nutzte das aus.
Der Kellner am Eingang des Restaurants erkannte Liberman sofort und begrüßte ihn höflich. Dann winkte er einem Kollegen, der den Abgeordneten zu seinem Tisch begleiten sollte.
Cohen war bereits da und nippte an einem Wasserglas. Sie hatten einen Tisch auf der rückseitigen Terrasse, weit genug von den anderen Gästen entfernt, so dass nicht die Gefahr bestand, dass jemand ihr Gespräch belauschen konnte. Der Mossad-Direktor blickte auf, als Liberman sich näherte, sein Gruß fiel knapp und unprätentiös aus. Schweigend warteten sie darauf, dass der Kellner die Karten brachte. Sie wählten aus und gaben ihre Bestellung auf. Erst dann eröffnete Cohen die Unterhaltung.
„Du sagtest, es gibt Neuigkeiten?“
„Kusowjenko hat ihn irgendwie aufgestöbert. In München. Seine Leute waren an ihm dran, aber er scheint einen Schutzengel zu haben.“
„Was meinst du damit?“ Zwischen Cohens Augenbrauen bildete sich eine steile Falte.
„Genaues weiß ich nicht, aber offenbar sind aus dem Nichts ein paar Typen aufgetaucht, die zwei von Kusowjenkos Männern erschossen haben. Der dritte konnte abhauen, aber Fedorow und
Weitere Kostenlose Bücher