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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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potentiellen Käufer einmal anzusehen.
    „Wann und wo?“, fragte sie und suchte Nikolajs Blick. Er nickte leicht, eine anerkennende Geste.
    „Was schwebt Ihnen denn vor?“
    „Wie wäre es mit Innsbruck?“
    „Innsbruck?“ Sie konnte ihn förmlich vor sich sehen, wie er überlegte. Innsbruck war von Venedig aus leicht zu erreichen, und es lag abseits der Brennzentren Europas. Eine gute Wahl, musste er denken. Eine vernünftige Wahl. Dieser Kunde verstand sein Geschäft.
    „Einverstanden“, sagte er. „Also Innsbruck. Wie wäre es mit – Samstag? Ist Samstag in Ordnung für Sie?“
    „Samstag ist ausgezeichnet.“
    „Okay, also Samstag.“
    „Möchten Sie den Ort bestimmen, oder überlassen Sie uns die Wahl?“
    „Kennen Sie sich in Innsbruck aus?“
    „Wir finden jemanden, der sich auskennt.“
    Francesco machte abermals eine Pause, und diesmal hätte Carmen schwören können, dass er nervös war.
    „Das Landesmuseum“, sagte er endlich. „Wir treffen uns in der Abteilung für holländische Marinemalerei. Das ist nur ein einziger kleiner Raum.“ Er lachte kurz. „Leicht zu finden. Zwei Uhr nachmittags.“
    „Gut“, erwiderte Carmen. Ein warmes Gefühl des Triumphs breitete sich in ihr aus.
    „Und Sie sind sicher“, versuchte es Francesco noch einmal, „dass Sie mir nicht sagen wollen, wer Ihnen den Code gegeben hat?“ Carmen legte alle Kälte in ihre Stimme, die sie aufzubringen vermochte. „Nein. Das halte ich nicht für nötig.“
    „Schon gut“, wiegelte Francesco ab. „Schon gut.“
    „Du bist eine gute Schauspielerin“, sagte Nikolaj, als sie aufgelegt hatte.
    „Meinst du das ernst?“
    „Ziemlich ernst.“ Er lachte. Es versetzte ihn in Hochstimmung, wie leicht Francesco auf den Köder eingestiegen war. Er war beeindruckt von Carmens Talent. Die Erkenntnis durchzuckte ihn, dass dieses Talent auch bei ihm gut funktioniert hatte, aber er wischte den Gedanken beiseite.
    Carmen legte das Handy zurück auf den Tisch. Die zwei Tage Ruhe hatten ihr gut getan.
    „Also Innsbruck.“ Ihre Stimme klang aufgekratzt. „Warst du schon mal in Innsbruck?“
    „Einmal.“ Vor langer Zeit. Eine Ausstellung in einer kleinen Galerie, kurz nach seiner Hochzeit mit Anna. Damals hatte er gedacht, dass alles gut werden könnte, wenn er nur geduldig war. „Und du?“
    „Es gibt dort schöne Skipisten.“
    „Tja. Aber es ist Sommer.“
    „Richtig. Aber wir fahren ja auch nicht zum Spaß dorthin.“
    „Nein“, sagte er nachdenklich, „das nicht.“
50 Jerusalem | Israel
     
    Der Fahrer zeigte Überraschung, als Liberman ihn anwies, ihn an einer Kreuzung abzusetzen, die noch mehrere hundert Meter von seinem Haus im Yemin Moshe Viertel entfernt lag.
    „Ich brauche etwas Bewegung“, sagte Liberman in einem halbherzigen Versuch, diesen Bruch mit seinen Gewohnheiten zu erklären. „Holen Sie mich einfach morgen früh wieder ab.“
    Er stieg aus und schlug die Tür zu, dann beobachtete er, wie der schwarze Wagen die Straße hinunterrollte und hinter einer Kurve verschwand. Beinahe widerwillig tastete er nach seinem Mobiltelefon in der Innentasche seines Jacketts, während er loszulaufen begann. Er bog in eine der schmalen, gepflasterten Gassen ein, die tiefer ins Herz von Yemin Moshe führten. Ein weicher Wind streifte sein Gesicht, doch Liberman konnte die Schönheit des Abends nicht genießen. Er schwitzte. Seine Kehle fühlte sich trocken an, er schluckte mehrmals, bevor er die lange Nummer wählte.
    Das Telefon klingelte. Es dauerte lange, und Liberman wollte schon auflegen, erleichtert für den Moment, dass er diesen unangenehmen Anruf auf später verschieben konnte. Doch dann nahm jemand ab.
    „Da?“
, fragte die Stimme. Wenn Kusowjenko Russisch sprach, klang alles wie ein gebellter Befehl.
    „Ich bin es“, erwiderte er, während er unwillkürlich seinen Schritt beschleunigte.
    Kusowjenko wechselte ins Englische. „David, mein Freund“, sagte er, ohne einen ironischen Unterton zu verhehlen. „Wie geht es Ihnen?“
    „Das ist vielleicht nicht die richtige Frage im Moment“, stieß der Liberman hervor. Er bemühte sich, einen geschäftsmäßigen Ton beizubehalten. Kusowjenko sollte nicht merken, wie aufgewühlt er in Wirklichkeit war. „Ich wollte mit Ihnen über Fedorow reden.“ Er machte eine winzige Pause. „Darüber, wie es weitergehen soll.“
    Ein Hauch Schärfe schlich sich in die Stimme des Russen. „Aber das wissen Sie bereits. Oder haben Sie etwas Neues für

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