Das dunkle Fenster (German Edition)
die Frau sind jetzt auch verschwunden. Und keiner weiß, wo sie sind.“
„Scheiße“, raunte Cohen. Er trank einen Schluck Wasser und sah sich um, wie um sicherzustellen, dass niemand sich in der Nähe ihres Tisches aufhielt. „Das gerät langsam außer Kontrolle. Zypern war ein Desaster. Würde mich wundern, wenn Katzenbaum jetzt nicht misstrauisch geworden wäre.“
„Wer?“
„Der Offizier, der die Operation leitet.“ Cohen sah aus, als würde er gleich ausspucken. „Schade, dass es ihn nicht gleich mit erwischt hat.“
Fassungslos starrte Liberman ihn an.
„Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Was glaubst du? Ich habe acht Männer verloren. Weißt du, was wir ihren Familien erzählen? Nein? Ich wette, das willst du auch gar nicht.“
Libermans Unbehagen verwandelte sich in Übelkeit.
„Das ist ein dreckiges Geschäft. Da bleiben die Hände nicht sauber. Und manchmal brauchst du einen starken Magen.“
„Der Russe sagt, er ist unzufrieden mit der Zusammenarbeit“, stieß Liberman hervor. „Er sagt, wir würden uns nicht an die Abmachung halten. Es wäre nie die Rede davon gewesen, dass er selbst den Kerl aufstöbern muss. Das sollte unsere Aufgabe sein.“
„Dann hätte er in Beirut Leute schicken sollen, die ihr Handwerk verstehen. Keine verdammten Amateure.“
Liberman senkte nur den Blick und starrte auf die Tischdecke. Seine Finger zitterten leicht.
„Lässt sich jetzt nicht mehr ändern, ich weiß“, murrte Cohen. „Aber wir wissen selbst nicht, wo der Kerl steckt. Wie auch? Nach Zypern habe ich die ganze Operation gestoppt.“
„Aber wir müssen ihn beseitigen“, beharrte Liberman. „Stell dir vor, was passiert, wenn ihn jemand zum Reden bringt. Oder“, Liberman richtete sich auf, „wir gehen zum Premierminister und schenken ihm reinen Wein ein. Wir sagen ihm, was damals gelaufen ist. Ich meine, er sollte Bescheid wissen, wenn da draußen eine tickende Zeitbombe herumläuft. Schließlich hat Shamron am meisten davon profitiert.“
Cohen sah ihn an wie jemanden, der gerade den Verstand verloren hat. „Was in aller Welt erhoffst du dir davon? Ich kann dir sagen, was passiert. Dann sind wir erledigt. Du erwartest doch nicht ernsthaft Dankbarkeit von Shamron. Für ihn bist du dann die tickende Bombe. Was denkst du, was für ein Licht das auf seine Person wirft? Er wird zusehen, dass er uns los wird, und das muss er auch, wenn er seine Interessen schützen will. Wenn diese Geschichte ruchbar wird, wäre das sein politisches Ende.“
„Was schlägst du also vor?“
„Wir halten uns weiter an deinen Russen, der ist im Moment unsere beste Bank. Wenn er mehr Geld will, gib es ihm. Und die Informationen ...“ Er zögerte. „Dann muss die verdammte Operation eben weiterlaufen. Sag diesem Kusowjenko, er soll die Kavallerie bereithalten. Egal, was es kostet. Er soll so viele Männer vorhalten, wie er braucht, um den Kerl sicher zu erledigen. Und wir versuchen in der Zwischenzeit, Fedorow aufzustöbern.“
49 München | Deutschland
Nikolaj brauchte nicht länger als einen halben Tag, um herauszufinden, dass die alten Kanäle tot waren. Er versuchte Gregor zu erreichen, aber unter seiner Nummer in Moskau meldete sich nur eine Frau, die behauptete, sie kenne keinen Gregor und er müsse sich verwählt haben. Gregors Mobiltelefon war offenbar abgemeldet. Und als Nikolaj endlich einen ihrer gemeinsamen Freunde aufstöberte, einen alten Säufer namens Koschka, erklärte der ihm, dass Gregor schon lange nicht mehr in Moskau lebte. Dass er vor ein paar Jahren weggezogen war.
Wohin? Wie soll ich das wissen, Bruder? Der gibt sich mit feineren Leuten ab als mit mir. Angeblich nach Prag, habe ich gehört. Aber genau kann man das ja nie wissen.
Nikolaj bedankte sich und hängte auf.
Carmen kaufte in der Zwischenzeit ein und füllte den Kühlschrank mit Lebensmitteln. Von einer zweiten Tour brachte sie außerdem verschiedene Kleidungsstücke mit, die das Label eines eleganten Münchner Herrenausstatters trugen. Sie stellte Nikolaj eine braune Papiertüte auf den Tisch, in der sich eine nicht registrierte Beretta FS92 und ein Ersatzmagazin befanden. Auch sie besaß ein Schließfach für Notfälle, wie sie nicht ohne Stolz bemerkte.
Nikolaj telefonierte die Moskauer Szene ab. Carmens Freundin Janine gehörte ein Computer mit Internetanschluss, der das Passwort beim Hochfahren automatisch einloggte und über den er sich das Moskauer Telefonbuch besorgt hatte. Nach drei Stunden gab er
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