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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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den cremeweißen Teppich, der die dunkle Flüssigkeit aufsog wie ein Schwamm.
    Oh Gott, wie viele Schuss noch? Wie viele Schuss waren noch im Magazin? Zwei vielleicht, rekapitulierte er, während er sich aufrichtete. Zwei. Maximal drei.
    Die Leiche des zweiten Mannes lag quer in der Tür, der dritte Killer war nicht zu sehen. Was war mit Carmen? Nikolaj warf einen Blick zur Balkontür. Nur zwei Meter entfernt, blieb sie dennoch vom toten Winkel im Flur einsehbar und damit in direkter Schusslinie. Nein, unmöglich. Er presste sich mit dem Rücken gegen die Wand. Auf der anderen Seite herrschte jetzt Stille. Der Killer wartete.
    Irgendwo draußen ging eine Tür. Einen Herzschlag später näherten sich schnelle Schritte. Mehrere Personen. Jemand rief etwas, Wortfetzen mischten sich in das Geräusch schwerer Sohlen auf Stein. Erneut fiel ein Schuss, kurz darauf noch einer. Kein Schalldämpfer diesmal. Die Explosionen waren ohrenbetäubend. Nikolaj schob sich ein paar Zentimeter näher zum Türrahmen. Er begriff nicht, was dort draußen passierte. Stimmen flauten auf, jemand fluchte. Etwas stieß dumpf gegen die Wand. Dann plötzlich tauchte der rotblonde Kerl in der Tür auf.
    „Beweg dich bloß nicht“, knurrte der Mann. Er hielt Carmen vor seinen Körper gepresst, einen Arm um ihre Kehle geschlungen. Mit der anderen Hand drückte er die Pistole gegen ihre Schläfe. Ihre Lider flackerten, über ihre Wange lief ein dünner Blutfaden. Der Mann drückte sich seitlich durch die Türöffnung, stieg über die Leiche hinweg und zerrte Carmen mit sich. Nikolaj löste sich von der Wand, hielt aber weiter die Waffe auf ihn gerichtet. Seine Nerven vibrierten vor Anspannung.
    Rückwärts bewegte er sich in den Raum hinein, um die Tür und den Rotblonden gleichermaßen im Auge zu behalten. Ganz kurz streifte sein Blick Carmens Gesicht. Er umfasste sein Handgelenk, um die Pistole zu stabilisieren. Die Augen des Rotblonden huschten hin und her zwischen der Türöffnung und Nikolaj, der sich immer noch bewegte, weiter in Richtung Fensterwand.
    „Scheiße, bleib stehen!“, keuchte der Rotblonde.
    Er sprach Englisch mit schwerem Akzent. Der Klang fühlte sich vage vertraut an, auch wenn Nikolaj ihn in diesem Moment nicht zuordnen konnte. Die Balkontür war nur noch vier Schritte entfernt. Wenn er den Balkon erreichen könnte ...
    Er machte noch einen kleinen Schritt zurück. Carmen gab einen erstickten Laut von sich.
    „Du sollst stehen bleiben“, brüllte der Rotblonde. Panik glitzerte in seinen Augen.
    Nikolaj schätzte seine Chancen ab, den Mann mit einem gezielten Schuss zu erledigen. Riskant. Der Kerl hielt eine entsicherte Pistole gegen Carmens Kopf gerichtet. Es war gut möglich, dass er selbst nach einem Kopftreffer noch den Abzug betätigte. Aber eigentlich, flüsterte es aus einer anderen Ecke seines Verstandes, war das doch egal. Was kümmerte es ihn?
    Zwei Meter hinter ihm war die Balkontür. Zwei Meter nur, zwei große Schritte und trotzdem eine unüberbrückbare Distanz, wenn er den Rotblonden nicht aus dem Weg räumte. Dann wurde er einer Entscheidung enthoben, als plötzlich ein weiterer Mann in der Tür auftauchte, ein schlanker Levantiner mit kurz geschnittenen Locken. Der Araber hatte eine Pistole, jedoch ohne Schalldämpfer. Er musste derjenige gewesen sein, der die Schüsse im Flur abgegeben hatte. Nikolaj sah, wie der Rotblonde zunehmend nervöser wurde. Die Waffe an Carmens Schläfe zitterte.
    „Verschwinde!“, keuchte er. „Hau ab! Ich leg sie um, ich warne dich!“
    Tschechisch, dachte Nikolaj plötzlich, der Kerl hatte einen tschechischen Akzent. Die Augen des Arabers flackerten zwischen Nikolaj und dem Tschechen hin und her. Er war unsicher, versuchte abzuschätzen, wie die beiden Parteien zueinander standen. Noch ein Schritt rückwärts in Richtung der Balkontür. Nikolaj war jetzt so nahe am Rotblonden, dass er ihn mit ausgestreckter Hand hätte berühren können. Im Kopf spielte er seine Optionen durch. Der Mann in der Flurtür war der unkalkulierbare Faktor. Er gehörte offenbar nicht zu den Europäern, die zuerst in die Wohnung eingedrungen waren. Was war dann seine Absicht? War er ein Nachbar, der den Lärm gehört hatte? Und was bedeutete das für die Situation?
    Die Waffe in der Hand des Arabers zitterte ein wenig. Sie war auf den Rotblonden gerichtet, aber plötzlich schwenkte sie hinüber zu Nikolaj.
    „Was willst du?“ Er zielte auf Nikolaj, starrte aber weiter den Tschechen an. „Willst

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