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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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zurückzulassen?“
    Er sah sich um und starrte in die Gesichter der anderen. Sie wichen seinem Blick aus.
    Zu Recht. Sie kannten die Regel.
    Doch Carmen war kein Mitglied des Dienstes. Sie war keine Israeli. Sie stand als externe Agentin auf der Lohnliste. Es spielte keine Rolle, dass sie seit fünfzehn Jahre für den Mossad arbeitete. Die Regel griff hier nicht. Alle im Raum wussten das. Und das Gleiche galt für ihn selbst. Wo war das Problem? Sie taten das hier schließlich fürs Geld, nicht für ihr Vaterland. So gesehen waren sie freie Unternehmer, sie trugen ihr eigenes Risiko. Sie hätten jederzeit aussteigen können. Theoretisch.
    Sein Blick flog zurück zu Katzenbaum.
    „So läuft das also. Mein Gott, was seid ihr eigentlich für Arschlöcher?“
    Katzenbaums Augen verengten sich.
    „Ihr spielt dieses Scheißspiel wie Kinder im Sandkasten. Kein Stück Verantwortung. Wenn was dabei zu Bruch geht, jemand wird’s schon richten, oder?“ Er wandte ihnen den Rücken zu. „Ihr kotzt mich an. Ehrlich.“ Der Groll brach sich Bahn, drängte hinaus ins Freie, verwandelte sich in ziellose Wut. „Und dich“, er machte eine Kopfbewegung zu Lev hin, „dich habe ich für einen Freund gehalten.“ Er zuckte mit den Schultern. „Aber entschuldige, das hatte ich ganz vergessen. In diesem Geschäft gibt es ja keine Freundschaften.“
    Mit weit ausgreifenden Schritten stürmte er zur Tür. Er musste hier raus, auf der Stelle. Seine Erregung steigerte sich mit jeder Sekunde, er glaubte an seinem Zorn zu ersticken. Er musste weg von ihnen, weg von dieser armseligen Gesellschaft. Wer war der Mossad, wenn das seine besten Leute waren?
    „Warte.“ Sofias Stimme durchschnitt den Raum. „Reiß dich zusammen.“ Sie wurde lauter. „Siehst du irgendjemanden hier, der seine Koffer gepackt hat?“
    Rafiq drehte sich um. Sie hatte sich von der Wand abgestoßen. Ihre Worte richteten sich nicht länger nur an ihn.
    „Das ist doch hier die Frage, oder? Cohen will, dass wir die Aktion abblasen. Aber was ist mit uns? Was wollen wir? Sag’s mir!“ Sie sah den Katsa herausfordernd an. „Sag’s mir jetzt. Was wollen wir?“
    Katzenbaums Miene blieb unergründlich. Er beugte sich vor und nahm das Mobiltelefon vom Tisch. Dann drückte er die Wahlwiederholungstaste.
    „Shalev sagt, er kann uns zwei Tage verschaffen.“
    Rafiq lehnte noch immer in der Tür, die Hände gegen den Rahmen gestützt. Er hatte sich nicht bewegt, während der Katsa telefonierte. Sein Zorn war in sich zusammengefallen. Was blieb, war Leere und eine leise Erschöpfung.
    Die anderen machten ihm keinen Vorwurf, das las er in ihren Gesichtern. Dennoch mussten sie sich fragen, was mit ihm los war, warum er so überreagiert hatte. Woher sollten sie auch wissen, was ihn mit Carmen verband?
    „Shalev glaubt, dass er die Anweisung verschleppen kann“, sagte Katzenbaum. „Er wird uns nicht erreichen können. Etwas ist passiert. Tel Aviv ist weit weg, er braucht Zeit um herauszufinden, was los ist. Also wird es dauern, bis uns Cohens Befehl erreicht.“
    „Was ist mit dem zweiten Team?“, fragte Sofia.
    „Die Leute in Hawqa? Die sind schon auf dem Heimweg. Da war nichts zu machen.“
    „Jemand muss sein Haus beobachten“, warf Alex ein.
    „Glaubst du, er ist so verrückt und kehrt dahin zurück?“ Sofia verzog das Gesicht.
    „Vielleicht gerade deshalb“, beharrte Alex.
    „Er hat Recht“, lenkte Katzenbaum ein. „Jemand muss das Haus im Auge behalten, solange wir nicht wissen, wo Fedorow steckt.“
    Rafiq verfolgte das Geplänkel mit wachsender Ungeduld. „Was heißt das jetzt? Zwei Tage?“
    „Dass wir besser die Zeit nutzen sollten, um ihn zu finden.“
    „Was uns zurückbringt zu der ersten Frage“, sagte Sofia. „Wie stöbern wir einen einzelnen Mann auf? Das wird nicht leicht werden.“
    Rafiq spürte, wie sein Verstand sich klärte. Er gewann die Kontrolle zurück, fand sich wieder in der Lage, sachlich zu denken. Eine Idee formte sich in seinem Kopf, eine vage Möglichkeit. Etwas, das nahe lag. Eigentlich. Er fixierte einen Punkt an der Wand und musste lächeln. Er fuhr sich über die Augen, drückte Daumen und Zeigefinger gegen seine Nasenwurzel.
    „Ich weiß, wie wir ihn finden.“
    Lev sah ihn an.
    Rafiq stieß sich vom Türrahmen ab und machte einen Schritt in den Raum. „Ich kann jemanden anrufen.“
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