Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
Kalksteinblöcke. Die Überreste eines großartigen Maya-Tempels lagen zerbrochen und vergessen da; sie waren überwuchert von Bäumen und Schlingpflanzen, die die Überreste des einst so eindrucksvollen Gebäudes fast vollständig verdeckten. Verteilt über die nächsten paar Meilen lagen die Reste einer uralten Zivilisation. Die Mayas waren Bauern gewesen, die ihren Mais mitten im Regenwald angepflanzt hatten, mit Ehrfurcht über den Jaguar gesprochen und Tempel errichtet hatten, um Himmel, Erde und die Unterwelt zusammenzubringen.
Dominic entdeckte den Krater und darunter das kühle Wasser des unterirdischen Flusses, das ihm schon früher am Abend aufgefallen war. Das Jaguarweibchen lief ohne Pause weiter, bis es zu einer anderen Maya-Stätte kam, die allerdings in jüngerer Zeit benutzt worden war. Das dichte Gestrüpp aus Ranken und Bäumen ließ auf einen Zeitpunkt von etwa zwanzig Jahren früher schließen, aber es war offensichtlich, dass hier modernere Häuser gestanden hatten. Sogar ein längst verrosteter, von dicken Lianen und grünen Schösslingen überwachsener Generator lag dort umgekippt auf einer Seite. Der Boden weinte von den Erinnerungen an den Kampf und das Massaker, die hier stattgefunden hatten. Der Kummer war jetzt so schwer zu ertragen, dass Dominic die Last verringern musste. Der riesige Haubenadler flog in einiger Entfernung von dem Jaguar durch das Blätterdach und beobachtete dann völlig reglos aus einer der Baumkronen, wie die Raubkatze das uralte Schlachtfeld überquerte, als wäre sie irgendwie verbunden mit den Toten, die dort klagten.
2. KAPITEL
Mein Leben war eine Qual,
meine Familie wurde mir genommen.
Mein Zorn hat mich aufrechterhalten.
Ich hatte die Hoffnung aufgegeben.
Tränen fielen in den Regenwald,
Herzblut in den blutdurchtränkten Boden.
Mein Vater verriet mich.
Ich konnte es kaum verkraften.
Solange zu Dominic
E s goss in Strömen; schwere, dichte Schauer fielen vom Himmel. Es war ein regelrechter Wolkenbruch, der die elende Hitze noch verschlimmerte. Die Vögel suchten Schutz zwischen den dicken, knorrigen Ästen und im Blätterdach der Bäume. Baumfrösche bevölkerten Stämme und Äste, während Eidechsen die Blätter als Regenschirme nutzten. Die Luft auf dem Urwaldboden blieb still und drückend, doch oben im Blätterdach schien der Regen fest entschlossen zu sein, die vielen Tiere, die dort lebten, zu ertränken.
Durch die grauen Regenschleier und feuchte Hitze lief der Jaguar lautlos weiter über die verfaulende Vegetation, die umgestürzten Bäume und riesigen Farnwedel, die aus allen nur erdenklichen Spalten und Sprüngen im Boden sprossen. Der schmale Strom, dem das Jaguarweibchen folgte, führte von dem breiten, reißenden Fluss am äußeren Rand des Dschungels in sein tiefstes Inneres. In den letzten zwanzig Jahren hatte die Raubkatze diesen Pfad jeweils zweimal im Jahr beschritten, war dorthin zurückgekehrt, wo alles begonnen hatte, in einer Art Pilgerreise, wenn sie alles satthatte und sich in Erinnerung bringen musste, warum sie handelte, wie sie handelte. Und ganz gleich, wie sich der Wald veränderte, egal, wie viel neue Vegetation entstanden war, sie fand den Weg mit untrüglicher Sicherheit.
Farbenfrohe Blumen mit tropfenden, durchnässten Blüten wanden sich an den dicken Baumstämmen hinauf, schlangen sich um Äste und erfüllten die unterschiedlichen Grünschattierungen des Regenwaldes mit Schönheit und Leben. Die Brettwurzeln der gigantischen Bäume, die das Blätterdach durchbrachen, beherrschten den Waldboden. Ihre geradezu kunstvoll verdrehten Formen versorgten die höchsten Bäume des Dschungels mit Nahrung und dienten ihnen auch als Stütze. Die Wurzelsysteme waren gewaltig, und sie erschienen in allen Formen: als Lamellen, Käfige und dunkle, verschlungene Labyrinthe, die Wesen Schutz boten, die verzweifelt genug waren, den Insekten in den vielen Schichten verrottenden Laubes zu trotzen, und die sich den Platz mit den kleinen Fledermäusen teilten, die in dem gigantischen Wurzelwerk des beeindruckenden Kapokbaumes lebten.
Hoch über der Raubkatze, die ihrer Route folgte, flog eine prächtige Harpyie, die viel größer war als normalerweise und mit ausgebreiteten Schwingen gute sieben Fuß maß. Der Haubenadler bewegte sich so lautlos wie die Katze, hielt sein Tempo in der Luft und schlängelte sich mühelos durch das Labyrinth von Ästen. Weil zwei Raubtiere auf Streifzug waren, hielten die anderen Tiere sich versteckt und
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