Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
kleinen Mädchen fernzuhalten. Aber einer der Männer schoss mit einem Gewehr auf sie, und dann lag auch Rachel verkrümmt und blutend im Eingang ihres Hauses. Die Männer zertrampelten mit ihren Stiefeln achtlos ihren Körper und zerrten die schreienden Mädchen aus dem Haus.
Überall war Blut. So viel Blut. Es war rot und dann schwarz und glänzte, als der Mond aufging. Jemand zündete ein Feuer an und brannte alle Häuser und Gärten nieder. Phin wandte den Kopf und blickte sie direkt an, als einer der Jaguarmenschen ihm ein Messer in die Niere stieß. Sie starrten einander an, sein Mund zum gleichen stummen Schrei geöffnet wie der ihre. Dann stieß der Mann, der sie festhielt, sie neben Phins Körper auf die Erde, und voller Entsetzen sah sie, wie das Leben aus seinen Augen wich.
Ihr Stiefvater kämpfte tapfer und versuchte, ihre Mutter zu beschützen. Unzählige Stichwunden klafften in seiner Brust und seinem Rücken. Ein großer, stämmiger Mann schnitt ihm die Kehle durch, und der Kampf war beendet. Ihre Mutter wurde von demselben Mann aus dem Haus gezerrt. Er schlug sie mehrmals ins Gesicht und stieß sie auf die Männer zu, bevor er von einer Leiche zur anderen ging, um sicherzugehen, dass kein Mann oder männliches Kind noch lebte. Und dann wandte er sich den Mädchen zu.
Das Herz der Raubkatze begann zu rasen, und sie schmeckte Furcht und den Beginn von Wut auf ihrer Zunge. Rage. Sie nahm sie freudig an, weil sie sie brauchte, versuchte verzweifelt, sie in sich zu sammeln, wie sie es damals versucht hatte, als der schreckliche Mann sie an ihrem langen, dichten Haar gepackt und sie durch die Blutlachen in das Haus geschleift hatte, in das sie alle jungen Mädchen gebracht hatten.
Sie mussten das kleine Dorf vorher erkundet haben, denn jetzt begannen die Männer, Audrey, Juliette und Jasmine zu suchen. Zum Glück waren die drei nicht da gewesen, sondern unterwegs zum Fluss, um das Proviantschiff zu erwarten, als die Angreifer zugeschlagen hatten. Diese Männer waren Jaguarmenschen – Gestaltwandler, die nach Frauen suchten, die noch verwandlungsfähig waren. Viele der weiblichen Jaguarmenschen, wie beispielsweise ihre Mutter, hatten einen menschlichen Mann gefunden, der sie liebte, bei ihnen blieb und eine Familie mit ihnen gründete. Das hatte die Spezies der Jaguarmenschen jedoch geschwächt, und immer weniger Frauen waren jetzt noch in der Lage, einen Gestaltwandler hervorzubringen. Einige der Männer, die von einem seltenen schwarzen Panther angeführt wurden, hatten begonnen, die Frauen zur Knechtschaft zu zwingen, was im Wesentlichen bedeutete, dass sie sie als Zuchttiere benutzten. Und alle Kinder, die nicht imstande waren, die Gestalt zu wandeln, wurden gnadenlos beseitigt.
Solange Sangria starrte auf den Boden, der durchtränkt war vom Blut ihrer Vorfahren – und vom Blut ihrer Familie. Sie konnte nur in Gestalt des Jaguars hierher zurückkehren, weil sie den Verlust in menschlicher Gestalt schlicht nicht ertragen könnte. Sie konnte im Regen, der ihr Gesicht durchnässte, weinen, und ihr Herz zerriss bei der Erinnerung daran, wie sie dieser prachtvollen schwarzen Bestie ins Gesicht geblickt hatte und wie deren große gelbgrüne Augen ihren Wert einzuschätzen versucht hatten. Ihr Vater – Brodrick der Schreckliche – war dieser schwarze Panther. Der Mann, der ihre Mutter ihres reinen Blutes wegen gewaltsam genommen und sie dann, als sie geflohen war, erbarmungslos gejagt hatte. Und schließlich hatte er sie gefunden und ihren Mann, ihre Söhne und alle anderen Bewohner ihres kleinen Dorfes abgeschlachtet, Kinder und Erwachsene, die er für unwürdig hielt, auf dieser Welt zu leben, weil sie keine Vollblut-Jaguarmenschen waren.
Diesen starren Blick würde sie nie vergessen. Kalt. Grausam. Ein Mann, der sie als seine Tochter hätte lieben müssen, für den sie aber nur den einen Wert besaß: dass sie vielleicht einen reinrassigen Jaguarmenschen zur Welt bringen könnte, der die Fähigkeit besaß, seine Gestalt zu wandeln.
Die Mädchen waren gefesselt worden, und die Qual hatte begonnen. Bei einer nach der anderen. Sie hatten zusehen müssen, wie jede mit kleinen Schnitten und dann immer größeren verletzt wurde, um einen möglicherweise in dem Kind vorhandenen Jaguar dazu zu bringen, hervorzukommen, um die Kleine zu beschützen. Als sich jedoch keine Katze sehen ließ, erklärte der Anführer – Solanges Vater – sie vor allen anderen für wertlos. Eine nach der anderen wurden die
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