Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
ausgegeben. Das Polizeirevier in Frölunda startet eine lokale Fahndung. Vielleicht bringt uns das weiter.«
»Zum Teufel, nein.«
»Warum nicht?«
»Robertsson ist tot. Der Alarm kann uns nur insofern helfen, als sich vielleicht jemand meldet, der ihn in der letzten Zeit gesehen hat, aber wir bekommen ihn nicht zurück. Er hat sich mit Robin vereinigt.«
»Du bist dir deiner Sache aber beängstigend sicher.«
»Ja. Diese Jungs hatten keinerlei Chance.«
»Gegen wen?«
»Sein Gesicht kann ich nicht sehen«, sagte Winter.
»Vielleicht sind es mehrere«, sagte Ringmar. »Ich war wieder mit Sandras Vater verabredet.«
»Wer ist er eigentlich?«
»Nicht unser Mann.«
»Wieso nicht?«
»Ein unglücklicher Unschuldiger«, sagte Ringmar.
»Unschuldiger?«
»In diesem Fall unschuldig.«
»Ich habe Torsten vom Flughafen in Malaga angerufen«, sagte Winter. »Wir haben Material, aber keine Menschen. Er war nicht frustriert. Es ist einfach eine Tatsache.«
»Lebende Menschen, meinst du.«
»Schuldige Menschen, ja.«
»Und dann treten wir auf den Plan mit unserem Spureninstinkt«, sagte Ringmar.
»Diese Gespräche werde ich vermissen, wenn es vorbei ist«, sagte Winter.
»So weit kommt es nie. So banal sind wir doch nicht. Wir sind keine gewöhnlichen Alltagsmenschen, Erik.«
»Jetzt redest du ja wie ich.«
Ringmar stocherte in seiner Holländer Schnitte herum. Er hatte sie halb aufgegessen. Sie schienen beide keinen Appetit auf Kuchen zu haben. Winter hatte seinen Kaffee nicht angerührt. Er hatte schon zu viel im Flugzeug getrunken.
»Runstig ist wieder mit dem Welpen unterwegs«, sagte Ringmar.
»Sieht das natürlich aus?«
»Die von der Fahndung sagen, beide sehen glücklich aus, besonders er.«
»Na prima. Wir haben ihn rehabilitiert.«
»Wir haben Runstig nicht zum letzten Mal gesehen. Er scheint Amundö zu mögen.«
»Bist du noch mal draußen gewesen?«
»Nein, nicht seit du abgeflogen bist.«
»Wir fahren hin«, sagte Winter und stand auf.
Er hatte das Gefühl, als sei er schon sehr lange nicht mehr hier gewesen, als sei er in den vergangenen Tagen ständig hin und her gereist – sein ganzes Leben lang. Dies war wie etwas in einer anderen Inkarnation, währte aber nur wenige Sekunden. Dann kehrte alles zurück, die Bilder, die er gesehen hatte, als er das Haus betrat, warum er jetzt hier stand und was seine Aufgabe war.
Der Himmel war an diesem Tag wie Blei, er sah aus wie ein Teil des Hausdachs.
Winter ging ins Kinderzimmer, stellte sich ans Fenster und schaute hinaus.
Jemand da draußen hat mich gesehen, als ich hier gestanden habe.
Als ich die Frau und ihre Kinder ermordet habe.
Er drehte sich um, verließ den Raum und ging durch die Diele ins Wohnzimmer, zurück in die Diele, ins Schlafzimmer, in die Diele, wieder ins Kinderzimmer. Ringmar war im Obergeschoss. Winter hörte die Schritte über seinem Kopf, sie klangen … besorgt.
Er stellte sich wieder ans Fenster.
Ich bin hierhergekommen, um sie zu ermorden. Um mit ihr zu reden. Um sie zu überreden. Nein. Um sie zu ermorden. Sie zu bestrafen.
Die Kinder haben mich gesehen.
DIE KINDER HABEN MICH GESEHEN .
Was sollte ich tun?
Alle haben meine Waffe gesehen.
WAS SOLLTE ICH TUN ?
Ich bin in dieses Zimmer gegangen.
Ich wusste, dass hier ein kleines Kind war.
Ich bin früher schon hier gewesen.
Hier hat das Kinderbett gestanden. Am Fenster. Das Gitterbett stand hier.
Ich habe draußen jemanden gesehen.
Jemand hat mich gesehen.
Hier drinnen brannte kein Licht.
In der Diele war Licht.
Das hat gereicht.
Jemand ist vorbeigegangen. Ich habe hier gestanden. Jemand hat mich erkannt.
Jemand ist einfach nur vorbeigegangen. Es gab nichts zu sehen.
Ich war nicht sicher.
»Erik!«
Er hörte Ringmars Stimme von oben, sie klang wie ein Bohrer, der sich durch den Fußboden zu ihm hinunterschraubte.
Er stieg die Treppe hinauf, die Stufen brauchte er nicht mehr zu zählen.
Ringmar stand am Fenster in Eriks Zimmer.
Er deutete mit dem Kopf zu dem Gartenpavillon in halber Höhe am Berg. Wie deutlich er war, wie nah er zu sein schien.
»Siehst du, was ich sehe?«, fragte Ringmar.
»Eine Silhouette«, sagte Winter. Jemand saß in dem Gartenhaus, ein Schatten, der zwei der hübschen Pavillonfenster füllte.
»Ich stehe hier schon eine Weile«, sagte Ringmar, »und er hat sich nicht bewegt.«
»Versteinert vor Schreck«, sagte Winter.
»Oder von etwas anderem«, sagte Ringmar.
Winter schloss die Augen, öffnete sie wieder.
Weitere Kostenlose Bücher