Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
immer so ausgesehen hatte, während die Politiker und Geschäftsleute auf der Ereignismeile blufften – die Messe und die Gothia- Türme, der Vergnügungspark Liseberg, ein halber Kilometer Verkehrsstau –, vor Unternehmern und den Besessenen und manchmal den Touristen krochen, sich einen Dreck um die Einwohner der Stadt kümmerten, das ist ja bloß Gejammer, mir doch egal, aber mir ist es nicht egal, dies ist auch meine Stadt, ich beschütze sie, meine Stadt, jeder Idiot hätte eine bessere Arbeit abgeliefert, Planung, Infrastruktur, ich hätte eine bessere Arbeit gemacht, Fredrik, Aneta, Bertil, Christian Runstig.
An seiner Brust vibrierte es. Er holte sein iPhone heraus.
»Angela.«
»Wo bist du?«
»Gehe über Heden.«
»Ist noch was passiert?«
»Hier passiert dauernd was.«
»Wie meinst du das?«
»Vielleicht morgen noch mehr. Dann können wir diskutieren.«
»Diskutieren? Okay. Was machst du heute Abend?«
»Ich weiß es noch nicht. Ich müsste einkaufen, aber ich habe keine Kraft. Vielleicht esse ich bei Manfred’s.«
»Dann grüß ihn von mir. Und Giorgio.«
»Mach ich. Wie geht es euch?«
»Wir sind bei den letzten Vorbereitungen.«
»Was sagen die Kinder?«
»Sie sind still.«
»Das kommt später. Wir werden mit Elsa und Lilly reden müssen, lange müssen wir das tun.«
»Die Satzfolge stimmt nicht.«
»Bin ich nicht mit einer Deutschen verheiratet?«
Sie antwortete nicht.
»Wir müssen miteinander reden«, sagte er. »Ich sollte bei euch sein. Bald bin ich da.«
»Sei vorsichtig heute, morgen, übermorgen.«
»Alle sagen, ich soll vorsichtig sein. Heute war es Torsten.«
»Und alle haben einen Grund.«
»Ich bin mein größter Grund«, sagte er, »ich weiß.« Mein eigener größter Feind, dachte er, aber das stimmte nicht. »Ich wäre doch blöd, wenn ich nicht vorsichtig wäre«, sagte er.
Sie kam nicht davon los, konnte es nicht loslassen . Das hatte nichts zu bedeuten, aber sie wusste, dass alles von Bedeutung war, nicht alles zu verfolgen war ein Dienstfehler. Immerhin habe ich doch den Zettel entdeckt, dachte sie, aber das reicht nicht, Gerda, es reicht nicht. Er hatte recht, aber er hätte es vielleicht nicht sagen müssen, er war dem bereits selbst nachgegangen, er hätte gar nichts zu sagen brauchen, aber wenn er nichts gesagt hätte, wäre er eine Memme gewesen, dann lernt man einen Dreck, er war so freundlich, er hätte nicht so korrekt zu sein brauchen, er ist nicht immer korrekt, es ist schlimmer, dass er sich mir gegenüber so verhalten hat, er war besonders freundlich zu mir, ich habe ihn enttäuscht, Herr im Himmel, man müsste jemanden haben, mit dem man darüber sprechen könnte, nur eine Weile, mit der Wand reden, Gerda, geh nach Hause und red mit der Wand, mit dem Fernseher, dem Kühlschrank, mein Kühlschrank ist kein leises Wesen.
Plötzlich merkte sie, dass sie mitten auf dem Kungsportsplatsen stand, fast wie in Trance war sie hierhergegangen. Der große Treffplatz, besonders um diese Zeit am frühen Abend. Sie sah mehrere Paare, die sich umarmten, hier hatte sie gewartet, hier hatte er gewartet, jetzt gingen sie in die Bars, die Restaurants, die Cafés, dort saßen schon Leute, sie sah ihre Gesichter an Fenstern, das war nicht schwer, überall war es hell, der hellste Platz der Stadt, Kneipen dicht an dicht, ein einziges Lokal hätte genügt, Schnellrestaurant mit dem Gericht des Tages, Fisch oder Fleisch, Ausgangsverbot nach sechs für Paare, übrigens auch für Alleinstehende, es gab ja sowieso nichts, wohin sie gehen konnte, und zu Hause gibt es die Wand, die gibt es immer, wartet immer.
Sie hatte schon das Telefon in der Hand. Sie … nein. Als sie es gerade wieder in die Handtasche stecken wollte, klingelte es.
»Ja, hallo?«
»Hallo, hier Jens Likander.«
»Dann funktioniert es«, sagte sie.
»Was?«
»Ihr Name stand auf dem Display.«
»Ha, ha.«
»Kann ich Ihnen bei irgendetwas behilflich sein?«
»Oh, das ist aber eine sehr formelle Frage.«
»Es ist ja auch ein formelles Gespräch.«
»Hm … was tun Sie gerade, Gerda?«
Hatte er sie schon einmal Gerda genannt? Sie konnte sich nicht erinnern.
»Stehe auf dem Kungsportsplatsen.«
»Wollen Sie ausgehen?«
»Ich bin schon draußen.«
»Ich meine heute Abend.«
»Keine Pläne in der Richtung.«
»Kann ich Sie zu einem Essen bei mir zu Hause einladen? Ich bin ein phantastischer Koch.«
»Lieber nicht.«
»Oder können wir uns irgendwo anders sehen?«
»Ist Ihnen noch mehr
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