Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
wartete, Halders wartete, die Wände warteten. Es war immer noch Geisterstunde, Winter schaute auf seine Armbanduhr, noch einige Minuten. Noch hatte das Gespenst Zeit, vorzutreten.
Likander sah auf.
»Ich habe sie geliebt«, sagte er.
»Sie ist sich da nicht so sicher«, sagte Halders.
»Ich meine Sandra«, sagte Likander.
Halders wechselte einen Blick mit Winter. Winter spürte den vertrauten Schauder auf dem Kopf. Jetzt hörte er kein Brausen in den Ohren, er hörte nur Likanders Atem.
»Erzählen Sie«, sagte Winter.
»Sie hat mich geliebt«, sagte Likander.
»Was ist passiert, als sie starb?«, fragte Winter.
»Was?«
»Was ist passiert, als sie starb?«, wiederholte Winter.
»Zu dem Zeitpunkt war ich nicht dort!«
»Was ist passiert?«
»Sie müssen mir glauben. Ich habe nichts mit ihrem Tod zu tun.«
»Vergessen Sie nicht die Kinder«, sagte Halders.
»Herr im Himmel«, sagte Likander, »ich war es nicht.«
»Welches haben Sie zuerst getötet?«, fragte Winter.
»Ich habe niemanden getötet!«
Winter nickte aufmunternd.
»Warum sollte ich jemanden töten?«
»Genau das sollen Sie uns erzählen.«
»Ich habe nichts zu erzählen.«
»Erzählen Sie von Robin«, sagte Winter.
Halders beugte sich vor.
»Sie kommen hier nicht raus, Likander.«
»Denken Sie an Ihre Zukunft«, sagte Winter.
»Was?«
»Die ist immer heller für den, der die Wahrheit sagt«, sagte Halders.
»Glauben Sie uns«, sagte Winter.
Likander lachte nervös, leckte sich über die Lippen, sie waren trocken, er brauchte eine Feuchtigkeitscreme, auf dem Tisch im Vernehmungsraum gab es keine Feuchtigkeitscreme.
»Denken Sie an sich, erleichtern Sie die Sache für sich selber«, sagte Halders.
Winter begriff nicht, wie ihn jemand mit Likander verwechseln konnte. An ihm war nichts, das ihm ähnlich sah, allenfalls die Ohren. Ein Ohrläppchen des Mannes war tatsächlich länger als das andere. Er bemerkte eine Veränderung in den Augen, Likander hatte beschlossen, an sich selbst zu denken.
»Sie haben mich in dem Haus gesehen«, sagte Likander.
»Ja.«
»Das war vor … vor den Morden.«
»Ja.«
»Ich wurde erpresst.«
»Ja.«
»Warum sagen Sie dauernd ja?«
»Ich höre, was Sie sagen.«
»Ich wollte … da nicht hineingezogen werden.«
»Nein.«
»Ich hatte doch nichts damit zu tun, oder?«
»Nein.«
»Ich musste … an meine Karriere denken. Die wollte ich nicht auch noch zerstören.«
»Nein.«
»Das war feige, ich weiß.«
»Ja«, sagte Halders.
»Aber wie können Sie glauben, dass ich Robin umgebracht habe?«
Keiner der beiden Verhörleiter antwortete.
»Das … so etwas könnte ich nie tun.«
»Sie saßen im Auto auf dem Platz«, sagte Winter.
»Das ist etwas anderes!«
»Sie haben mich beschattet.«
»Das war nötig! Ich wollte … ich musste … es hing damit zusammen, was um mich herum passierte.«
»Sie sind doch unschuldig. Was spielt es dann für eine Rolle, was um Sie herum passiert?«
Likander antwortete nicht.
»Sie haben nichts zu verbergen«, sagte Halders.
»Wenn ich diesen elenden Wurm getötet hätte, hätte ich der Menschheit einen Dienst erwiesen«, sagte Likander und hob den Kopf, als würde ihn der Gedanke stolz machen. »Darf ich jetzt gehen?«
»Noch nicht«, sagte Winter.
»Wir können hier bis übermorgen sitzen, aber Sie bringen mich nicht zu einem Geständnis, leider. Sie wollen doch die Wahrheit hören, nicht wahr?«
»Wo ist Bert Robertsson?«, fragte Winter.
Das Licht der Wahrheit leuchtete immer noch in Likanders Augen, nicht stark, aber es war da. Er sackte ein wenig zusammen.
»Järkholmen.«
»Wo dort?«
»Es gibt einen kleinen Strand zwischen der Insel und dem Bootshafen, eine Art Privatstrand, sozusagen.«
»Den kenne ich«, sagte Winter.
»Dort ist er. Es war ein Unfall.«
»Natürlich.«
»Er hat mich weiter erpresst. Er war stur, schamlos. Verlangte schamlose Summen!«
Winter nickte ermunternd.
»Ich … hab ihm eine verpasst. So viel gebe ich zu. Er … hat das Bewusstsein verloren, ich habe ihn in meine Badekabine geschleppt und bin kurz abgehauen, um ihm einen Schreck einzujagen. Ich … wusste nicht, was ich tun sollte. Als ich zurückkam, war er … tot. Ich habe zu hart zugeschlagen, aber das wollte ich nicht. Das ist die Wahrheit.«
»Wie finden wir ihn?«, fragte Winter.
»Er sitzt immer noch in der Badekabine. Ich wusste nicht, wie ich ihn wegschaffen sollte, raus aus dem Schuppen. Den hat er am Ende doch noch
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